Zehn Paris Tipps zur Fiac von Anissa Touati und Maud Lourau

Anissa Touati Maud Lourau

Am 23. Oktober öffnet die Kunstmesse Fiac in Paris. Museen, Kunstvereine, Projekträume und Stiftungen zeigen jetzt die Höhepunkte aus ihrem Jahresprogramm.  Drei Pariser Kuratoren nennen für JEUNES COMMISSAIRES ihre zehn Top-Ausstellungen und Locations während der Kunstwoche: Der zweite Teil mit Tipps von Maud Lourau und Anissa Touati.

Die zeitgenössische Kunst des Mittleren Ostens sowie ihr geschichtlicher und phantasmagorischer Ursprung sind wesentliche Inhalte der Arbeit der französischen Kuratorinnen Maud Lourau und Anissa Touati. Für JEUNES COMMISSAIRE – das unlängst vom Bureau des Arts plastiques (Institut Français) initiierte Kuratoren-Förderprogramm  – haben sie eine Empfehlungsliste an Offspaces, Ateliers und Projekträumen in Paris zusammengestellt:

La Tour Treize
La Tour Treize – ein mit Neonfarbe gestrichenes Hochhaus im 13. Pariser Arrondissement – beherbergt im Rahmen eines auf sieben Monate angelegten Residenzprogramms über 100 Künstler aus 18 verschiedenen Ländern. Ein Spaziergang durch die einzelnen Appartements des ehemaligen Wohnhauses eröffnet den Blick auf künstlerische Vielschichtigkeit: Wir sind fasziniert vom skulpturalen Durcheinander des Franzosen Sambre, der heterogenen Installation des Brasilianers Flip, dem Fresko des Kolumbianers Stinkfish und des Spaniers Btoy, sowie nicht zuletzt von den Arbeiten des Tunesiers Shoof, die Einblicke in dessen düstere Weltsicht offenbaren.

La Tour 13
5, rue Fulton
75013 Paris

104 Kléber
Inspiriert von Warhols „Factory“ und den Phalanstères des 19. Jahrhunderts verfolgen Anatole Maggiar und Paul Armand-Delille in ihrer Kunst- und Kreativagentur MAD einen experimentellen Ansatz. Dazu arbeiten sie überwiegend mit jungen zeitgenössische Künstlern zusammen: Darunter das Londoner Kollektiv „Peckham Bad Boys Club“ (James Balmforth, James Capper, Nathan Cash Davidson, Bobby Dowler, Christopher Green, Oliver Griffin, Shaun McDowell), dessen letzte Ausstellung eine überschwängliche Kritik der Financial Times auslöste.

104 avenue Kléber
75016 Paris
00 33 (0)9 52 22 91 16

La Villa du Lavoir
Versteckt inmitten des 10. Arrondissements, liegt die Villa du Lavoir, ein von Künstlern und Kreativen besetztes Haus mit gleichnamigem Residency-Programm. Bereits Vincent Ganivet, Clément Rodzielsky, Dean Daderko, Christophe Fiat und Dominique Blais haben hier gelebt und gearbeitet. Der Wunsch, die Vielschichtigkeit der Kunst zu fördern, hat bereits über 100 Kreative aus der ganzen Welt in die Villa du Lavoir geführt. Im Oktober werden hier Arbeiten von Fayçal Baghrich ausgestellt, die Begriffe wie Identität und Zugehörigkeit behandeln und erforschen: Aus einem Sammelsurium an Berichten, Objekten und Filmen entstehen Bilder, die sich jedoch einer klaren Herkunfts-Bestimmung entziehen.

La Villa du Lavoir
70 rue René Boulanger
75010 Paris

Le Commissariat
Momentan im Treize in Ménilmontant untergebracht, unterstützt Le Commissariat – eine Initiative der Kuratoren Matthieu Clainchard und Dorothée Dupuis – junge Künstler. So zeigt die Kuratorin Anne-Claire Duprat derzeit in der Ausstellung „Pavillon Moret“ Arbeiten von Sophie Lamm, Lucille Uhlrich, Sarah Tritz sowie Marion Verboom, denen allesamt ein Artikulationsmoment des Organischen innewohnt: So sind neben Malereien auf Holz, die mit dessen Materialität spielen, expressionistische Skulpturen mit menschliche Zügen sowie pflanzliche Gebilde, die vermeintlich zu Stein erstarrt sind und weitere Skulpturen, die zwischen Totem und Reliquie oszillieren, Teil der Ausstellung.

Le Commissariat
24 rue Moret

75011 Paris
00 33 (0)1 48 05 79 48

Die Fabrik von Morgane Tschiember
Nicht nur durch ihre große architektonische Struktur wirkt die Fabrik von Morgane Tschiember wie ein Bienenstock: Bis zu zwanzig weitere Künstler haben dort im Rahmen eines Künstlerresidenz-Programms ihr Atelier. Und ihre Energie strahlt nicht nur nach Innen, sondern wird auch programmatisch nach außen getragen: Man setzt den Schwerpunkt auf die Zusammenarbeit mit den Einwohnern des Quartiers sowie einen interdisziplinären Austausch. Yvan Argote, David Douart, Emmanuel La Garrigue, Antoine Dorotte und Xavier Antin sind zurzeit in der Fabrik tätig. Ihre Ateliers können auf Anfrage, jederzeit besucht werden.

Ehemalige Fabrikhalle von MECANO
33 avenue Victor Hugo
93120 La Courneuve
Kontakt über das Institut français:  00 33 (0)1 53 69 83 00

Der Hangar von Nick Devereux und Aurélien Porte
In einem Hangar, der ehemals als Filmstudio genutzt wurde, inmitten des Quartier Montreuil leben und arbeiten die Künstler Nick Devereux und Aurélien Porte. Nick Devereux‘ Arbeiten flirren zwischen figürlicher und abstrakter Darstellung, befragen die Begriffe von Erinnerung und Nachwelt. Die Werke von Aurélien Porte, deren Formen an „primitive Kunst“ oder gotische Skulpturen erinnern mögen, zeichnen sich in ihrer konsequenten Verweigerung des Einsatzes vollendeter, stilistischer Mittel durch eine Konsistenz im Ausdruck aus.

89 rue des Chantereines
93100 Montreuil
Kontakt über das Institut français:  00 33 (0)1 53 69 83 00

Studio C41
Seit April 2013 präsentieren Soraya Chaar und Elisa Bertacchini junge Künstler, die weder von einer Galerie vertreten werden, noch einen eigenen Offspace betreiben. Jeweils für einen Monat bietet ihnen Studio C41 eine Plattform, eigene Arbeiten auszustellen. Eingeladen waren neben dem Street Artist Jérémie Gallet bisher Hugues Allamargot, Clémette, Marine Desmoulin sowie Jean Sébastien Tacher. Ab dem 17. Oktober zeigt hier Pascale Guinet Fotografien in denen sie sich als Pin-up Girl, Cheerleaderin oder Heldin der Pop-Trash-Kultur inszeniert, und so mit dem eigenen Image und Archetypen spielt.

Studio C41
41 rue de la Condamine

75017 Paris

Shanaynay
Der Offspace Shanaynay, gegründet 2011 von Romain Chenais (Paris) und Jason Hwang (Los Angeles)  liegt im 20. Arrondissement und beherbergt neben einem Ausstellungsraum, auch eine Buchhandlung und ein Studio  Die eklektische Mischung der ausgestellten Werke – von Kirsten Pieroth, Nina Canell, Liam Gillik und zahlreichen noch unbekannten,Künstlern – sowie das hybride Format des Raumes machen für uns die Faszination von Shanaynay aus. Dass Romain Chenais und Jason Hwang nun anlässlich der Fiac eine gewinnorientierte Galerie in deren räumlicher Nähe eröffnen, scheint uns hinsichtlich der nahezu dogmatischen Kunstmarktferne von Shanaynay nur konsequent.

Shanaynay
78 rue des Amandiers

75020 Paris
00 33 (0)6 74 39 13 30

RVB Books
RVB – ein unabhängiger Buchverlag – hat sich auf die Entwicklung und Realisierung von Kunstbüchern spezialisiert. Wir schätzen die Qualität ihres Programms sehr. Im verlagseigenen Ausstellungsraum widmet man sich der Präsentation von Künstlern, deren Werk von einer inhaltlichen wie materiellen Beschäftigung mit dem Medium Buch gekennzeichnet ist. Zu zentralen Ausstellungen und Publikationen zählen: Ruth van Beek – The Hibernators und The Arrangement, Erik Kessels – Album Beauty, Thomas Mailaender – Gone Fishing, Cathedral Cars und Extrem Tourism sowie Paul Kooiker – Heaven. Unser Favorit: Marcelinne Delbecq und Marina Gadonneix – Landscapes. Noch bis zum 27. Oktober ist die Ausstellung Stéphanie Solinas – Déserteurs  bei RVB zu sehen.

RVB Books
95 rue Julien Lacroix

75020 Paris
00 33 (0)9 83 30 67 71

Le MoinsUn
Das MoinsUn, im Untergeschoss eines Pariser Hochhauses des 11. Arrondissements gelegen, ist ein außergewöhnlicher wie umtriebiger Ausstellungsraum. Unter der Leitung des Künstlers Renaus Perriches fanden dort seit dessen Gründung im Jahr 2011 bereits zahlreiche Veranstaltungen statt: Filmscreenings, Katalog- und Magazin-Releases und erwähnenswerte Ausstellungen wie jene der Kuratorin Martha Kirzsenbaum mit Arbeiten von Ryan Trecartin, Leidy Churchman, Prinz Gholam sowie Matthew Lutz Kinoy oder die Preview von Marie Losier Film “The Ballad of Genesis & Lady Jaye”. Im November eröffnet das MoinsUn mit einer Ausstellung der Kuratoren Florian & Mick Quistrebert.

Le MoinsUn
71 Boulevard Richard Lenoir
75011 Paris
00 33 (0)9 66 95 61 83