Archiv der Kategorie: Projekte

Les Vitrines 2024 – Ausstellung „All das, wovon ihr ihr noch nie gehört habt“ – Arthur Gillet

Les Vitrines ist ein Ausstellungsraum, der der französischen Kunstszene gewidmet ist und vom Büro für bildende Kunst des Institut français Deutschland sowie vom Institut français Berlin eingerichtet wurde. In diesem Jahr übernimmt die Kuratorin Lisa Colin die künstlerische Leitung, das Studio Kiösk die visuelle Gestaltung.

Neue Sprachen

In diesem Jahr lädt der Ausstellungsraum Les Vitrines nacheinander die Künstler Arthur Gillet und Lou Masduraud ein, sich an einer romantischen Revolution zu beteiligen. Von Seidenmalerei bis hin zum Patinieren von Bronze geben sie mit ihren einzigartigen und sorgfältigen Methoden den traditionellen Fertigkeiten einen neuen Anstrich und bringen wunderbare Welten zum Vorschein, die bislang verborgen waren. Die eigens zu diesem Anlass geschaffenen Fresken erheben das lange Währende, die Verflechtung und die Wiederentdeckung der Seide und des Hörens zu unverzichtbaren Triebkräften für den Wiederaufbau einer gemeinsamen Welt.

Arthur Gillet, All das, wovon ihr ihr noch nie gehört habt

08.03. – 15.06.2024

Vernissage am Donnerstag, den 8. März 2024 um 19 Uhr und Performance von Arthur Gillet um 20 Uhr, Eintritt frei

Mit einer Seidenmalerei von 25 Metern Länge zeichnet Arthur Gillet seinen Werdegang nach, wissend um seine Schwierigkeit, sich an die Welt und andere anzupassen. Dieses persönliche und zugleich universelle Fresko zeugt vom Leben eines CODA – Child of Deaf Adults [hörendes Kind von gehörlosen Eltern] und offenbart oft unterschätzte Aspekte des Lebens von Gehörlosen und soziokulturelle Herausforderungen, die mit diesem Anderssein einhergehen. Mit einer Gruppe von Figuren überwindet das Werk die Sprachbarrieren und erkundet die Feinheiten der nonverbalen Kommunikation.

Mit einem Pfeil, der das Ohr von Arthurs Mutter durchbohrt, erinnert die Malerei an deren Hörverlust und an die Lebensabschnitte, die daraus folgten: ihre Erziehung im Kloster, wo man ihr verbot, sich in Gebärdensprache auszudrücken, ihre Beteiligung am Réveil Sourd („Erwachen der Gehörlosen“), einer Bewegung, die sich für die Rehabilitierung der französischen Gebärdensprache einsetzte, die Geburt von Arthur und seine schwierige Eingliederung in eine Welt zwischen Gehörlosen und Hörenden, die soziale Isolation, die Hänseleien und die Gewalt aufgrund des Andersseins, ehe beide, Mutter und Sohn, durch die neuen Technologien eine Form der Emanzipation fanden. Arthur Gillet ließ sich dabei von den Buchmalereien von Cristoforo de Predis inspirieren, einem gehörlosen Künstler des italienischen Mittelalters, insbesondere was die Verwendung von kräftigen Farben und die Darstellung von symbolischen Strukturen betrifft: Architektonische Elemente – Inklusorien, Kirchen, Tore, Türme – sind für die dargestellten Figuren, die von unsichtbaren Wesen geleitet werden, gleichermaßen Orte der Isolation und des Übergangs. Die Ikonographie offenbart die oft verschleierte Rolle der Religion in der Geschichte der Gehörlosen, in der die Gleichsetzung von Gehörlosigkeit mit geistiger Behinderung zum Wegsperren und zur Stigmatisierung der Betroffenen geführt hat. Die figurative Darstellung, eine Kunst, die bereits in den Kirchen zur Vermittlung des Inhalts eines Buches an eine analphabetische Bevölkerung angewandt wurde, beschränkte sich jedoch nicht auf einen rein pädagogischen oder schmückenden Aspekt. Die Fresken von Fra Angelico im Kloster San Marco waren als Stütze für den inneren Dialog gedacht. In der Kultur der Gehörlosen und der CODA ist die Überzeugung entstanden, dass das Bild über eine westliche (platonische, christliche oder moderne) Dialektik hinaus nicht das Substitut einer ihm überlegenen intellektuellen Wahrheit ist, sondern eine eigenständige, bedeutungsvolle und facettenreiche Ausdrucksform, die die Grenzen des gesprochenen Wortes überwindet.

Gehörlos oder CODA zu sein war dennoch bis 2005 gleichbedeutend damit, keine Muttersprache zu haben. Beim Mailänder Kongress von 1880 kamen 225 „Spezialisten“ zusammen, darunter nur drei Gehörlose, und fassten den Beschluss, die gesprochene Sprache auf Kosten der Gebärdensprachen zu fördern. Die Gebärdensprachen blieben bis 1991 verboten[1], ehe sie im Laufe der 2000er Jahre (in Frankreich im Jahr 2005) nach und nach in Europa als offizielle Sprachen anerkannt wurden. Der Oralismus verlangte von gehörlosen Menschen eine erzwungene Integration durch Nachahmung unter Anwendung von schmerzhaften und verstümmelnden Methoden (Apparate, Trepanationen). Er war Teil einer Pädagogik, die vorgab, dass man hören und sprechen können muss, ehe man schreiben lernen kann, und wertete die Fähigkeiten und die Intelligenz ab, die bei jedem Menschen individuell ausgeprägt sind. Mit ihm entwickelten sich Methoden des erzwungenen Lernens, nach dem Motto: Dieses Kind wird genau wie die anderen sein: Es wird hören und es wird sprechen[2]. Folglich herrschte 2003 in Frankreich unter den zwei Millionen von Geburt an gehörlosen Menschen ein massiver Analphabetismus von 80 %[3]. Dies betrifft auch die Mutter von Arthur, die 1971 den einzigen für sie realisierbaren Abschluss erlangte, einen Befähigungsnachweis in Hauswirtschaft. In den 70er und 80er Jahren beteiligte sie sich an der Bewegung Réveil Sourd, die sich im Schulterschluss mit den organisierten Kämpfen von Feminist*innen, Antirassist*innen, LGBTQ-Aktivist*innen und Kolonialismusgegner*innen, die für ihre Anerkennung und ihre Rechte eintraten, für eine zweisprachige Erziehung von gehörlosen Kindern stark machte. Durch diese Begegnung mit anderen Gehörlosen erlernte Arthurs Mutter im Alter von 17 Jahren ihre „natürliche Sprache“, die Gebärdensprache.

Indem er bisweilen traumatische Begebenheiten noch einmal abruft, macht Arthur Gillet wenig bekannte soziopolitische Zustände sichtbar und schafft Aufmerksamkeit für die häufig erfolgende Parentifizierung: Den CODA wird dabei die Rolle als Vermittler oder Elternteil im Kontakt mit einer in vielen Bereichen (Arbeitssuche, Übersetzung, Sozialisierung, Integration) ableistischen Gesellschaft von Hörenden auferlegt. Der Künstler stellt den bedeutenden Einfluss der technologischen Entwicklungen wie die Erfindung des Minitel-Systems, des Telefons, der Funk-Blitzlampe Lisa (die Töne als Lichtsignale wiedergibt) oder des Teletexts Antiope (für die Live-Transkription von Dialog und Ton aus Filmen, dargestellt mit einem Farbcode) heraus, die nicht nur die Kommunikation und soziale Integration erleichtert, sondern vor allem auch dazu beigetragen haben, dass gehörlose Personen selbstständiger leben können. In seinem Fresko entwickelt er eine vielschichtige Ikonographie des Unsichtbaren, in der die Technologie die Religion in den Hintergrund drängt: Die Engel werden durch verkündende Bildschirme ersetzt, der Glockenturm der Kirche durch einen Sendemast und die Heiligenstrahlen sind Funkwellen. Das 21. Jahrhundert wird damit zum Zeitalter der Magie, Dinge geschehen, ohne dass man ihre Funktionsweise versteht. Nach dem Vorbild von Hilma af Klint[4], deren Aufzeichnungen und Bilder vom Spiritismus geprägt sind, ist das Werk von Arthur Gillet ein Portal zu anderen Dimensionen, in denen Realität und Fantasie gleichsam existieren. Die Verwendung der figurativen Darstellung macht eine physische Kondition sichtbar, die es sonst nicht ist, und wirkt so deren „Monstrosität“, d. h. eben jener fehlenden Wahrnehmbarkeit, entgegen. Die neuen Technologien haben der Bewegung ebenfalls eine hohe Sichtbarkeit verschafft, eine selbstverwaltete politische Repräsentation nach dem Beispiel anderer Minderheiten.

Das von hinten beleuchtete Fresko nimmt Züge von Kirchenfenstern oder einer Leinwand an und folgt dem Ablauf eines Kinofilms: Wer an dem Ausstellungsraum vorbeigeht, entdeckt eine Abfolge von Bildern, die als stumme Zeugen des Lebens eines CODA zum Leben erwachen. Zwischen dem Anspruch, genau „wie die anderen“ zu sein und jenem, in seiner Besonderheit anerkannt zu werden, löst Arthur Gillet die Stereotype auf und stellt die Gehörlosigkeit nicht als ein Unvermögen dar, sondern als einen Unterschied auf körperlicher, intellektueller und emotionaler Ebene. All das, wovon ihr noch nie gehört habt ist ein visuelles Manifest; das ergreifende Zeugnis eines Kampfes für Inklusion und die Anerkennung der Gehörlosenkultur.

Lisa Colin

[1] Ab 1975 lehrten in der Île-de-France Vereine wie das IVT – International Visual Theatre die französische Gebärdensprache. Erst mit der „Fabius“-Gesetzesnovellierung von 1991 wurde den Familien das Recht zugesprochen, einen zweisprachigen Unterricht für ihre Kinder zu wählen. Dieses Dekret wurde jedoch kaum beachtet, sodass in der Folge lediglich 1 % der gehörlosen Schülerinnen und Schüler Zugang zu diesen Strukturen hatte.

[2] Marcelle Charpentier, Cet enfant sera comme les autres : il entendra, il parlera. Dès l’âge de la maternelle (Éditions sociales françaises, Paris, 1956).

[3] Brigitte Parraud und Carole Roudeix, „Bibliothèque, lecture et surdité“, BBF – Bulletin des bibliothèques de France (online abrufbar, 2004).

[4] Schwedische Malerin (1862-1944), die ihr Leben und ihre Arbeit der Erforschung des Unsichtbaren gewidmet hat

Arthur Gillet (geb. 1986, lebt und arbeitet in Paris) ist ein bildender Künstler und Performance-Künstler. Parallel zu seinem Studium an der École des beaux-arts de Rennes absolvierte er eine Ausbildung in zeitgenössischem Tanz im Musée de la danse. Er wuchs begleitet vom Prozess der geschlechtlichen Transition in einer gehörlosen und neurodiversen Familie auf, die vom Arbeitsmarkt ausgegrenzt war. In seinem Werk vertieft Arthur Gillet die Themen Verlangen, Identität, sozialer Kampf und Medien; mit seiner Performance‑ und Happening-Kunst besetzt er öffentliche und institutionelle Räume. Er ist geprägt von Autorinnen und Künstlerinnen, die seine geschlechtliche Transition begleitet haben: Naoko Takeuchi, Jane Austen, Valtesse de la Bigne, Virginia Woolf, Murasaki Shikibu, Isabelle Queval, Geneviève Fraisse, Elisabeth Lebovici. Seine Arbeit hat Arthur Gillet sowohl in Frankreich als auch im Ausland präsentiert, unter anderem im CAC Brétigny, im Palais de Tokyo (Paris), in der PROXYCO Gallery (New York) und im Transpalette – Centre d’art contemporain de Bourges.

Website: https://arthurgillet.com/

Instagram: @arthurouge

Fotocredits: Kathleen Pracht

Kiösk ist ein Grafikdesignstudio mit Sitz in Ivry-sur-Seine. Das Duo, bestehend aus Elsa Aupetit und Martin Plagnol, entwirft visuelle Identitäten, Websites, Plakate, Editionen und Beschilderungen im Rahmen von öffentlichen und privaten Aufträgen. Sie haben außerdem den unabhängigen Verlag Dumpling Books gegründet.

Studio Kiösk 

Instagram : @studio_kiosk

(Français) MISSION AU SEIN DE LA KUNSTHALLE PORTIKUS X LUCAS JACQUES-WITZ

In diesem Jahr wurde der junge Kurator Lucas Jacques-Witz ausgewählt, um in das Kuratorenteam der Kunsthalle Portikus in Frankfurt am Main aufgenommen zu werden. Er wird eng mit den Teams der deutschen Institution bei der Organisation und Durchführung der Veranstaltung PORTIKUS ART BOOK FESTIVAL und der Vermittlungsprogramme zusammenarbeiten.

Das PORTIKUS ART BOOK FESTIVAL, das vom 19. bis 23. Oktober 2022 parallel zur Internationalen Buchmesse in Frankfurt stattfindet, ist ein Projekt mit Ausstellungen, Workshops und öffentlichen Vorträgen, das die Arbeit unabhängiger und internationaler Kunstbuchverlegerinnen und -verleger ins Rampenlicht rücken und die zeitgenössische Praxis der Erstellung von Künstlerbüchern, Fanzines, Magazinen, Multiples usw. teilen und austauschen soll. Ihr Ziel ist es, eine Vielzahl von Schöpfern und Schöpferinnen zu präsentieren, ihre Arbeit auszustellen und sie innerhalb einer Ausstellungsszenografie, die eigens für diesen Anlass vom spanischen Architekturstudio MAIO entworfen wurde, miteinander in Dialog treten zu lassen. Die Präsentation der Bücher wird sich dort ständig verändern und die Besucher dazu einladen, mit Hilfe des Portikus-Teams neue Verbindungen zwischen den verschiedenen Praktiken des Verlagswesens herzustellen. Das PORTIKUS ART BOOK FESTIVAL wird auch eine Reihe von öffentlichen Diskussionen präsentieren, die sich auf die Vermittlung von Wissen und Erfahrungen internationaler Akteure im Kunstbuchverlagswesen konzentrieren. Für ein jüngeres Publikum werden in Zusammenarbeit mit einer örtlichen Schule und Studenten der Städelschule künstlerische Workshops mit dem Schwerpunkt der Erstellung von Fanzines organisiert.

STAPLED

STAPLED ist eine einwöchige Veranstaltung, die als Plattform für Verlage experimenteller Kunst aus der ganzen Welt dienen soll. experimenteller Kunst aus der ganzen Welt dienen soll, um sich während der Frankfurter Buchmesse, der größten Buchmesse der Welt, zu treffen und Ideen auszutauschen. während der Frankfurter Buchmesse, der größten Buchmesse der Welt, Ideen auszutauschen. der Welt, zu treffen und Ideen auszutauschen. der Welt, zu treffen und Ideen auszutauschen. der Welt. STAPLED zielt darauf ab, eine Brücke zwischen den verschiedenen Szenen des Kunstverlagswesens zu schlagen. zwischen den verschiedenen Szenen des Kunstverlagswesens zu schlagen. Mit dem Schwerpunkt auf der Schaffung eines Dialogs zwischen internationalen Kunstverlegern wird eine Auswahl von Künstlern, Grafikstudios und internationalen Verlegern eingeladen, ihre Arbeit in einer eigens für die Ausstellung in Auftrag gegebenen Ausstellungsszenografie zu präsentieren. in einer eigens für die Ausstellung in Auftrag gegebenen Ausstellungsszenografie zu präsentieren. in einer eigens für die Ausstellung in Auftrag gegebenen Ausstellungsszenografie zu präsentieren. Die Art und Weise, wie wir uns heute mit Büchern beschäftigen, neu zu überdenken, wird ein Künstler oder Architekt eingeladen, eine eigens für diesen Anlass in Auftrag gegebene Ausstellungsszenografie zu entwerfen. wird ein Künstler oder Architekt eingeladen, eine eigens für diesen Anlass in Auftrag gegebene Ausstellungsszenografie zu entwerfen. Diese einzigartige Szenografie steht im Mittelpunkt der allerersten Portikus-Präsentation über die Praxis des Kunstverlagswesens. Portikus-Präsentation über die Praxis des Kunstverlagswesens. Es wird von entscheidender Bedeutung sein, sich aufeinander und auf die präsentierten Bücher einzulassen. Das Ziel von STAPLED Das Ziel von STAPLED ist es, eine kohärente Familie von Buchgestaltern zu präsentieren, indem ihre Arbeiten gemeinsam ausgestellt werden und im Rahmen einer Ausstellung miteinander in Dialog treten. indem ihre Arbeiten gemeinsam ausgestellt werden und im Rahmen einer Ausstellung miteinander in Dialog treten. in der Haupthalle des Portikus. Die Präsentation der Bücher wird sich ständig ändern und die Besucher dazu einladen, neue Grenzen zwischen den verschiedenen Ansätzen des Verlagswesens zu ziehen. Die STAPLED-Ausstellung ist kostenlos und wird von verschiedenen Signierstunden mit lokalen und internationalen Künstlern und Autoren begleitet, die den ganzen Tag über stattfinden werden.

LES VITRINES 2022

Die seit 2021 initiierten „Les Vitrines“ sind ein Ausstellungsraum, der der französischen Kunstszene gewidmet ist und vom Büro für Bildende Kunst des Institut français Deutschland und dem Institut français Berlin eingerichtet wurde. In diesem Jahr übernimmt die Kuratorin Anne-Laure Lestage die künstlerische Leitung von „Les Vitrines“ und das Studio Haberfeld die visuelle Identität.

Der von Anne-Laure Lestage für „Les Vitrines 2022“ erdachte Vorschlag lädt das ganze Jahr über und durch drei Ausstellungen französische Künstlerinnen und Künstler ein, die in ihrer solo oder duo Praxis auf erweiterte Weise über das wilde Schreiben nachdenken. Der gleichnamige Titel von Mallarmés Hirtengedicht und Nijinskis bestialischer Choreographie, Nachmittag eines Faunes, preist eine Kreatur, halb Mensch, halb Tier, die ihrem Verlangen nachjagt. Durch freie und intuitive Formen offenbaren die Künstler auf zerbrechliche, sanfte und brutale Weise die Andersartigkeiten zwischen den lebenden Welten. Dieses ländliche Präludium findet sich hier an einer Berliner Straßenkreuzung wieder, wie eine Ruderalpflanze, die zwischen den Rissen im Zement wächst. Mensch und Tier, häuslich und instinktiv sind durch ein Spiel mit zweideutigen Darstellungen, Gesten und Materialien miteinander verwoben. „Les Vitrines“ versuchen, über die Frage der Wildnis nachzudenken.

Anne-Laure Lestage

Die kuratorische Praxis von Anne-Laure Lestage zielt darauf ab, zeitgenössische Kunst, dekorative Kunst und Kunsthandwerk miteinander zu verknüpfen. Sie interessiert sich besonders für Fragen im Zusammenhang mit dem Anthropozän und der häuslichen Kunst. 2019 gründet sie einen kuratorischen Raum a mano studio in Biarritz mit dem Ziel, zeitgenössische Kunstpraktiken zu entgrenzen und an althergebrachte Fertigkeiten anzuknüpfen.

Les Vitrines 2023 – Ausstellung „Schneckenprinzessin“ – Lola Barrett

Les Vitrines ist ein Ausstellungsraum für die französische Kunstszene, der vom Bureau des arts plastiques des Institut français d’Allemagne und des Institut français de Berlin initiiert wurde. Für diese neue Ausstellungsreihe mit dem Titel L’horizon des événements wurde die künstlerische Leitung der Kuratorin Fanny Testas und die visuelle Identität dem Kollektiv Bye Bye Binary (Eugénie Bidaut, Roxanne Maillet und Léna Salabert) anvertraut. Drei französische Künstlerinnen, Vava Dudu, Lola Barrett und Fanny Taillandier, wurden eingeladen, das ganze Jahr über drei Ausstellungen zu gestalten, die neue sciences-fiction Erzählungen und Vorstellungswelten heraufbeschwören und sich als Zeitkapseln oder Wurmlöcher ausgeben.

Seit Anbeginn der Menschheit übt das Meer eine Faszination aus und wurde zu einem ergiebigen Quell für Mythen, Träume und Legenden. Noch heute bleiben die Tiefen der Meere zum Teil unerreichbar und sind weniger erforscht als das Festland oder das Weltall, was sie zum Gegenstand zahlreicher Fantasien macht. Mit ihrer Ausstellung Schneckenprinzessin kreiert Lola Barrett eine Installation, die ihre eigenen Phantasmagorien zum Lebensraum Wasser hinter Glas festhält, und lässt die Besucher:innen in eine Welt zwischen kindlichem Pop-Einfluss und retrofuturistischem Delirium eintauchen. Ausgehend von der Vorstellung, unter den „Nacktkiemern“ zu leben, schafft sie ihre eigene Realität in einem grellbunten Kokon aus aufblasbaren und mit Molton überzogenen Skulpturen.

Der Titel der Ausstellung, Schneckenprinzessin, spiegelt auch das starke Verlangen wider, im Subtext eine Vorstellungswelt der weiblichen Kraft anklingen zu lassen. Eine offene Anspielung an die Figur Tsunade aus dem Manga Naruto von Masashi Kishimoto, die im Japanischen auch „Namekuji Hime“ genannt wird und eine Frau mit unvergleichlicher physischer Stärke verkörpert. Bei dem Titel handelt es sich um eine deutsche Übersetzung, die auch im französischen Argot-Ausdruck „schneck“, der sich auf das weibliche Geschlechtsorgan bezieht, eine Bedeutung findet. „Schneckenprinzessin“ wird somit zu einem stolz auf die Fahne geschriebenen Titel, der das Frausein als Stärke proklamiert.

Lola Barrett, geboren 1993 in Paris, lebt und arbeitet in Brüssel und Paris. Im Bereich der plastischen Arbeiten beschäftigt sich Lola Barrett mit Fragen der Lebenswelten von Lebewesen und damit, wie diese sich untereinander beeinflussende Beziehungen herstellen: zwischen dem Lebendigen und dem Nichtlebendigen ebenso wie zwischen dem Gebiet und seiner historischen Narrativität bis hin zu der Art, wie die Menschheit sich dieser bemächtigt. Ihre Werke bestehen aus lauter Elementen, die sich zu Szenen zusammensetzen, in denen sie die Geschichten verkörpert, die sie erzählt. Alles ist eine Frage der Kulisse, jedes der gefertigten Stücke gibt einen Teil der Erzählung preis und stellt gleichermaßen selbst ein vollwertiges plastisches Kunstwerk dar.

Die visuelle Identität des Vitrines 2023 wurde von Fanny Testas dem französisch-belgischen Kollektiv Bye Bye Binary anvertraut, das gleichzeitig ein pädagogisches Experiment, eine Gemeinschaft, ein Atelier für variable typo-graphische Kreation, ein Netzwerk und ein Bündnis ist. BBB erforscht die Schaffung von grafischen und typografischen Formen, die sich an die inklusive Schrift anpassen lassen.

Visual identity by Bye Bye Binary (Eugénie Bidaut, Roxanne Maillet and Léna Salabert-Triby)

Anlässlich der Vernissage der Ausstellung „Schneckenprinzessin“ von Lola Barrett fand eine Vorführung des Kurzfilms „La nacre des ruines“ statt, gefolgt von einer Performance. Der Kurzfilm stammt aus der gleichnamigen Gruppenausstellung, die auf Lola Barretts Projekt 2022 basiert, in der Brasserie Atlas in Brüssel gezeigt und von Fanny Testas kuratiert wurde. Das Filmwerk bildet den Prolog zu der in Les Vitrines inszenierten Welt. Die Filmmusik wurde von dem in Berlin lebenden Musiker und Produzenten Eric D. Clark komponiert. Sie wurde im Rahmen der Filmvorführung live gespielt und begleitete die Performance von Lola Barrett.

„La nacre des ruines“ wendet sich in der Zukunft an uns und erzählt von den Relikten unserer Gegenwart, die nach einem Anstieg und anschließenden Rückgang der Meere zurückbleiben werden. Diese futuristischen Szenarien verstricken uns in die Absurdität des Anthropozäns, des Kapitalozäns und des Chthuluzäns von Haraway und eröffnen eine Traumwelt, um der Angst Einhalt zu gebieten. Die Zukunft ist das Unbekannte, das Mysterium: Wo sind die Menschen und welche Formen hat ihnen die durch ihr eigenes Tun veränderte Natur verliehen? Mit einem gemeinsamen Blick auf unsere ferne Zukunft in 499 Jahren, nach zahlreichen Lebenszyklen und Generationen von Lebewesen, betrachten die Künstler*innen die möglichen Veränderungen des menschlichen Lebens, der Tier- und Pflanzenwelt. Vom einstigen Leben bleiben nur sanfte Luftbewegungen, Wellen und Echos der Erinnerung. In dieser Raumzeit sind es die Steine, die diesen Erinnerungen eine Stimme geben, und das Wasser und die Luft bilden das Gedächtnis unserer Geschichte. Die Zeiten haben sich geändert, in jenem Jahr 2522. Zeit an sich hingegen existiert nicht mehr, lediglich das Schwingen der Erinnerung besteht fort.

„La nacre des ruines“ von Lola Barrett und Fanny Testas
Gedreht in der Brasserie Atlas, Brüssel, im Juni 2022
Mit Lola Barrett, Max Ricat, Marilou Guyon, Adélie Moye und Félix Rochaix
Kostüme: Lola Barrett, Laura Nataf, Max Ricat, Marilou Guyon, Adélie Moye und Félix Rochaix
Kamera: Zoltan Molnar und Fanny Testas
Filmmusik: Eric D. Clark
Schnitt: Clarisse Decroyer
3D-Animation des Titels: Mathias Moreau
Licht: Florentin Crouzet-Nico
Gezeigte Werke von Abel Jallais, Pedro Riofrío und Lola Barrett
Besonderer Dank an Nicolas Jorio, Emile Barret und Sonia Saroya
Mit der Unterstützung der Fédération Wallonie-Bruxelles

Les Vitrines 2023 – Ausstellung „Doudou“ – Vava Dudu

Les Vitrines ist ein Ausstellungsraum für die französische Kunstszene, der vom Bureau des arts plastiques des Institut français d’Allemagne und des Institut français de Berlin initiiert wurde. Für diese neue Ausstellungsreihe mit dem Titel L’horizon des événements wurde die künstlerische Leitung der Kuratorin Fanny Testas und die visuelle Identität dem Kollektiv Bye Bye Binary (Eugénie Bidaut, Roxanne Maillet und Léna Salabert) anvertraut. Drei französische Künstlerinnen, Vava Dudu, Lola Barrett und Fanny Taillandier, wurden eingeladen, das ganze Jahr über drei Ausstellungen zu gestalten, die neue sciences-fiction Erzählungen und Vorstellungswelten heraufbeschwören und sich als Zeitkapseln oder Wurmlöcher ausgeben.

Die Ausstellung Doudou von Vava Dudu ist eine Zeitreise in ihre Privatsphäre und ein von Sanftheit erfüllter Horizont. Die ungewisse Zukunft veranlasst die Künstlerin, sich in die Sanftheit wie in eine Wolke, eine Cloud, Foto-Fantasien, oder in eine Traumrealität zu kuscheln. Sie versucht durch das Einkapseln einer zeitgenössischen Liebkosung mit ihren runden Worten und der Rundung der Watte der Aggression der Welt etwas entgegen zu setzten. Ihre Poesie verankert sich im Herzen eines Imaginären, der „Spiegel-Zeit“ ihrer Berliner Erinnerungen. Als Erbe eines kreativen Erlebens und ihrer Begegnungen webt sie ihre Werke und Worte, um die Sehnsucht nach dem Erleben von Schönheit zu stillen. Die Zukunft ist jetzt.

Vava Dudu wurde 1970 in Paris geboren, wo sie auch lebt und arbeitet. Von 2012 bis 2018 lebte sie in Berlin. Die Künstlerin bekennt sich zu ihrer Position als Außenseiterin in der zeitgenössischen Kunst, indem sie sagt, dass sie „die Extreme dem Gemäßigten vorzieht“. Ihr Beruf als Modedesignerin und Künstlerin steht neben ihrer Tätigkeit als Sängerin bei La Chatte, einer 2003 mit Stéphane Argillet und Nicolas Jorio gegründeten Band, mit der sie vier Alben veröffentlichte. Ihr künstlerisches Universum, in dem sich Texte und Zeichnungen fröhlich vermischen, wird so auf verschiedene Arten transportiert.

Die visuelle Identität des Vitrines 2023 wurde von Fanny Testas dem französisch-belgischen Kollektiv Bye Bye Binary anvertraut, das gleichzeitig ein pädagogisches Experiment, eine Gemeinschaft, ein Atelier für variable typo-graphische Kreation, ein Netzwerk und ein Bündnis ist. BBB erforscht die Schaffung von grafischen und typografischen Formen, die sich an die inklusive Schrift anpassen lassen.

Visuelle Darstellung des Zyklus Vitrines 2023 Credit: Bye Bye Binary, Eugénie Bidaut, Roxanne Maillet und Léna Salabert

Die Vernissage fand am 9. März um 19 Uhr statt, mit einem Konzert von La Chatte um 20 Uhr. Die Band wurde 2003 gegründet und besteht aus Vava Dudu als Sängerin, und den Musikern Stéphane Argillet mit Sitz in Berlin und Nicolas Jorio mit Sitz in Paris.

Es wäre gewagt, La Chatte in irgendeine Kategorie einzuordnen. Oder sogar dumm. Versuchen wir es: Neo Wave. Das heißt, eine Mischung aus synthetischen Rhythmen, Cold-Wave-Keyboards und theatralischen Melodien, die Vava Dudu (eine Mischung aus Grace Jones und Brigitte Fontaine) mit hysterischen, ekstatischen und metallischen Schreien in die Welt hinausträgt. Bisher drei Alben, darunter das letzte „Crash océan“, das in Berlin aufgenommen wurde (kein Wunder), das mit den Regeln und Codes bricht, ohne sich daran zu wagen, bestimmte Schemata unserer geliebten 80er Jahre zu verwerfen.

Auftrag in der Einrichtung CCA Berlin x Lou Ferrand

In diesem Jahr wurde die junge Kuratorin Lou Ferrand ausgewählt, um in das Kuratorenteam des CCA Center for Contemporary Art in Berlin aufgenommen zu werden, um die Ausstellung „Jota Mombaça“, eine brasilianische bildende Künstlerin und Aktivistin, zu konzipieren. Die junge Kuratorin wurde nach einer Ausschreibung, die über französische Berufsnetzwerke und das CCA verbreitet wurde, vom Gründer und Leiter der Institution Fabian Schöneich ausgewählt. Sie wurde eingeladen, sie bei der Suche, Organisation und Entwicklung von Vermittlungsaktionen für das Publikum zu unterstützen. Der Auftrag dauerte vier Monate, von September bis Dezember 2023.

Fotos: Ansichten der Ausstellung von Jota Mombaça „A certain death/the swamp“, Courtesy of CCA.

A CERTAIN DEATH/THE SWAMP ist die erste umfassende institutionelle Einzelausstellung von Jota Mombaça in Deutschland. Die Praxis der in Natal, Brasilien, geborenen Künstlerin, Autorin und Performerin entwickelt sich aus ihrer langjährigen Auseinandersetzung mit der kolonialen Moderne. Dabei beschäftigt sie sich mit den apokalyptischen Brüchen, die diese hervorgebracht hat und die sie inmitten ihrer vorherrschenden Herrschaft weiterhin entfesselt. Die Ausstellung im CCA in Berlin hebt Mombaças kontinuierliche Forschung hervor, indem sie Arbeiten zeigt, die kürzlich für die Ausstellung geschaffen wurden. Der Schwerpunkt liegt auf einer raumgreifenden Installation und einer Videoarbeit. Außerdem werden Keramiken, Textilien und Zeichnungen ausgestellt. Die ausgestellten Werke vermitteln sinnliche Qualitäten, die sowohl von der Reise in einen Mangrovenwald am Amazonas als auch von der seltsamen Topografie Berlins geprägt sind, das wahrscheinlich vollständig auf ausgetrockneten Feuchtgebieten liegt. Aus diesen fragmentarischen materiellen Zeugnissen ergibt sich eine Reihe von diskursiven Fragen, die Mombaça durch eine progressive kollektive Reflexion klären will: Wie können lebensbejahende Praktiken, die sich um Prinzipien kosmologischer Interdependenz gebildet haben, aufrechterhalten oder wiedergewonnen werden? Von welchem Stück Land aus, über welchen Wasserlauf, kann die zerstörerische Gewalt unserer gebauten Umwelt überwunden werden? Wo können radikale Hoffnungen blühen, wenn wir das Ende unserer Welt, so wie wir sie kennen, erleben?

Als Mitglied des Kuratorenteams bereitete Lou Ferrand eine Podiumsdiskussion mit der Künstlerin Jota Mombaça vor, die im Februar 2024 stattfinden wird. Lou Ferrand organisierte außerdem einen Schreibworkshop für unter 31-Jährige im CCA. Das Thema war Poesie in der Stadt und war als eine Art Auftakt für das Programm „Displayed words“ gedacht, das im darauffolgenden Jahr von der CCA organisiert wurde.

Erfahren Sie mehr über Lou Ferrand.

Dieser Einsatz in einer Einrichtung wurde vom Deutsch-Französischen Jugendwerk (DFJW) unterstützt.

(Français) « Methodologies of Togetherness » Savvy Contemporary

Angesichts der Tatsache, dass es nur wenige Studiengänge gibt, die sich der Kuratierung von performativer Kunst widmen, haben sich das Bureau des Arts Plastiques (BDAP) und das Bureau du Théâtre et de la Danse (BTD) des Institut Français Deutschland zusammengeschlossen, um jungen Berufstätigen aus den bildenden und darstellenden Künsten eine originelle, transversale Berufsmöglichkeit zu bieten. Für die Entwicklung dieses Projekts mit dem Titel „Methodologies of Togetherness“ haben die Büros des IFA eine Partnerschaft mit dem unabhängigen Berliner Kunstzentrum Savvy contemporary entwickelt.

Das Projekt „Methodologies of Togetherness“ führte zu einer engen Zusammenarbeit zwischen zwanzig jungen Kuratorinnen unter 31 Jahren aus Berlin, Paris und Marseille. Die organisatorischen Aspekte, die von Savvy Contemporary übernommen wurden, umfassten hauptsächlich die Planung von Recherchereisen zwischen Berlin und Paris und die Organisation von Kuratorenworkshops in Berlin. Die Kuratorinnen Kelly Krugman, Lili Somogyi, Flora Fettah, Daisy Lambert und Margot Nguyen trafen sich im Oktober in Paris und im November in Berlin, wo sie in die jeweiligen Kunstszenen dieser Städte eintauchten und vor Ort Recherchen in Form von Atelierbesuchen und Exkursionen zu verschiedenen Institutionen, Ausstellungen und Programmen durchführten.

Insbesondere in Berlin arbeiteten die Kuratorinnen an der Konzeption eines eintägigen Workshop-Programms zum Thema Übersetzung und dekoloniale Praktiken mit, um den Austausch von Wissen, Forschung und Praktiken für junge Praktiker zu erleichtern. Zu diesem Zweck wurden die Performerinnen Jasmina Al-Qaisi (aus Rumänien) und Anjeline DeDios (aus den Philippinen) einbezogen. Es wurden zwei Hörspiele in Auftrag gegeben, die auf dem Savvy Contemporary-Radio SAVVYZAAR ausgestrahlt werden sollten, um die Erfahrungen und Ergebnisse der Workshops auf kreative Weise widerzuspiegeln.

1.Workshop und Lesung zur Übersetzung kuratorischer Texte, die für Savvys Radio aufgenommen wurden

2. Workshop und Lesung zur Übersetzung kuratorischer Texte, die für Savvys Radio aufgenommen wurden

3.Performance-Workshop der Künstlerin Jasmina Al-Qaisi

4. Musikalische Performance der Künstlerin Angeline DeDios

Photos : Roanna Rahman.

Dieses Projekt wird vom DFJW (Deutsch-Französisches Jugendwerk) unterstützt.

Katharina Ziemke, „Unwetter“ Ausstellung

Text verfasst von Lisa Colin im Rahmen des Stipendiums Reise- und Forschungsstipendium JEUNES COMMISSAIRES 2023

 

Von der Malerei über die Vide  okunst bis hin zur Performance entfaltet die deutsche Künstlerin Katharina Ziemke ein rohes und sorgfältiges künstlerisches Universum. Sie lässt sich von den Bereichen der Wissenschaft und der Geisteswissenschaften inspirieren, um Werkserien zu schaffen, die von ökologischen, feministischen oder medialen Überlegungen geprägt sind. Ihre großformatigen Gemälde auf Baumwoll-Leinwand, Dibond oder Reisblatt enthüllen figurative Szenen in leuchtenden Farben, die den Blick einfangen und uns mit beunruhigenden Realitäten konfrontieren.

 

Katharina Ziemke, Tempest #4, 2020, aquarell auf Baumwolle, 95 x 125 cm

Im Frühjahr 2023 wird die Künstlerin zu einem Aufenthalt in der Cité des Arts in Paris eingeladen, wo sie eine Reihe von Untersuchungen zu Stürmen entfaltet, buchstäblich als Wetterphänomene und als Metapher für die ökologischen Herausforderungen unserer Zeit. In ihrem Studio zeigen die Gemälde und Videoarbeiten eine Vielfalt von Perspektiven in Bezug auf Stürme und betonen insbesondere die Fakten, die wir zu kennen glauben.

Während der Recherchereise nach Berlin treffe ich erneut Katharina Ziemke, die mir die Kuratierung ihrer Ausstellung Unwetter anbietet. Zwischen Darstellung und Abstraktion, Traum und Realität beleuchtet der Werkkorpus Unwetter auf der ganzen Welt. Die mit Öl oder Tusche auf Reispapier gemalten Werke fangen die erhabene Schönheit und zerstöre-rische Kraft des Sturms ein und nutzen die Möglichkeiten des Mediums, intensive, gefühlsbetonte Farben und Texturen zu vermitteln.

 

Blick in die Ausstellung Unwetter, Humboldt Universität zu Berlin vom 28.09. bis 10.11.2023 © Stefan Klenke

Die Ausstellung ist als Gesamtinstallation im Dialog mit der Architektur der Humboldt-Universität zu Berlin konzipiert und lädt das Publikum ein, zwischen den Werken zu wandern, die Gemälde, Videos und Performances miteinander verbinden. Im Zentrum sammelt die Serie ‚Episode: Sturm‘ die Gedanken von gesellschaftlichen Akteuren: CSR-Manager, Politiker, Chemiker, Wissenschaftler und Teenager. Die Zeichnung, die nach und nach auf dem Bildschirm erscheint, steht neben den Interviews, in denen die Themen Nachhaltigkeit, Gesundheitspolitik, Zukunftstechnologien, Biodiversität, Untätigkeit wie auch Anpassung beschäftigen. Die Installation bietet eine Reflexion über unsere gemeinsame Umweltverantwortung angesichts des Klimawandels.

 

Blick in die Ausstellung Unwetter, Humboldt Universität zu Berlin vom 28.09. bis 10.11.2023 © Stefan Klenke

Obwohl in diesen subjektiven Fragmenten unweigerlich Melancholie mitschwingt, ermutigt uns Katharina Ziemke, diese Stimmung abzuschütteln. Die Ausstellung unterstreicht die Notwendigkeit, Kunst und Wissenschaft zusammenzubringen, um die Phänomene und Emotionen, die wir erleben, besser zu verstehen. Unwetter ist ein poetisches Experiment, für das das Publikum eingeladen wird, die aktuellen Katastrophen aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten: Die Installation ist Schauplatz zahlreicher Debatten, Performances, Universitätskurse, Führungen und Workshops, um gemeinsam unsere Verpflichtungen zu überdenken.

Mehr über Lisa Colin

Das Reise- und Forschungsstipendium ist eine Initiative des BDAP und ein vom DFJW (Deutsch-Französisches Jugendwerk) gefördertes Projekt.

Les vitrines 2023

© Bye Bye Binary© Bye Bye Binary : Eugénie Bidaut, Roxanne Maillet und Léna Salabert

Les Vitrines ist ein Ausstellungsraum, der der französischen Kunstszene gewidmet ist und vom Bureau des arts plastiques des Institut français Deutschland sowie vom Institut français Berlin eingerichtet wurde. In diesem Jahr übernimmt die Kuratorin Fanny Testas die künstlerische Leitung und das Kollektiv Bye Bye Binary (Eugénie Bidaut, Roxanne Maillet et Léna Salabert)die visuelle Gestaltung.

Der Ereignishorizont bezeichnet in der Astrophysik die Grenzen eines Schwarzen Lochs, die das Licht absorbieren und so das schwarze Loch unsichtbar machen. Der Ereignishorizont ist also die Grenze zum Unsichtbaren und Unbekannten. Der Titel, den die Kuratorin Fanny Testas für ihren Ausstellungszyklus gewählt hat, beschwört zukünftige Zeiten herauf. Drei französische Künstlerinnen, Vava Dudu, Lola Barrett und Fanny Taillandier, sind eingeladen, über das Jahr drei Ausstellungen zu gestalten, die wie Zeitkapseln oder Zeitstrudel neue Erzählungen und Vorstellungswelten aus dem Bereich der Science-Fiction aufrufen.

Diese Räume der Brüche und Verwerfungen im Raum-Zeit-Kontinuum, die von Claude Lévi-Strauss als „Modelle im Kleinformat“ oder von den Anthropologinnen Sophie Houdart und Christine Jungen als „kosmische Objekte“ definiert wurden, setzen die Jetztzeit aus, um neue Paradigmen als „Gegenmittel zum Weltuntergang“ zu bilden (Michèle Coquet im Dossier Zeitkapseln der 28. Ausgabe der Zeitschrift Gradhiva, 2018, S. 24-49). Für die Kuratorin symbolisieren sie den Ausstellungsraum. Die drei Künstlerinnen versuchen, in Les Vitrines die Luft der Gegenwart einzukapseln, indem sie sich den Krisen unserer Zeit stellen. Sie eignen sich die Zukunft wieder an und stellen Kontinuität in einem möglichen Weltuntergang her, wie die nicht wahrnehmbare Grenze des Eintritts in das Nichts eines schwarzen Lochs, in dem noch alles vorstellbar ist.

Fanny Testas 

Fanny Testas, geboren 1994, lebt in Paris und Brüssel. Sie ist freiberufliche Ausstellungskuratorin und Produktionsbeauftragte für die Kulturstätte La Station – Gare des Mines und den Verein BrutPop. Fanny Testas war bereits für die unterschiedlichsten Veranstaltungen, Kulturstätten und -medien in Frankreich und im Ausland tätig. Mit ihren künstlerischen und kuratorischen Projekten setzt sich Fanny Testas für Inklusion, Gerechtigkeit, Zusammenarbeit und für die Vermittlung von Wissen und Kultur ein. Dabei stehen immer wieder gesellschaftliche, ökologische, geschichtliche und politische Fragestellungen und Probleme im Fokus.  Derzeit erforscht Fanny Testas das Verhältnis von zeitgenössischer Kunst zur Science-Fiction: Wie können Künstler:innen, die in die Zukunft blicken, die unruhigen Zeiten der Gegenwart widerspiegeln?

Mehr Informationen über Fanny Testas

Programm 2023 

Kuratiert von Fanny Testas

Grafische Gestaltung von Bye Bye Binary (Eugénie Bidaut, Roxanne Maillet und Léna Salabert)

Ausstellung von Vava Dudu „Doudou“, 9 März – 30 Juni 2023.

Ausstellung von Lola Barrett „Schneckenprinzessin“, 13 Juli – 1 Oktober 2023.

Ausstellung von Fanny Taillandier „ich habe die Wand nach dem Weg gefragt (sie hat mir gesagt, ich solle geradeaus gehen)“, 12 Oktober 2023 – 10 Februar 2024.

Weitere Informationen über den Rest der Ausstellungsreihe folgen in Kürze.

„ Es wird Stürme und Tornados geben.“ * — Clara Jo, Nests of Basalt, Nests of Wood

Text verfasst von Sarah Lolley im Rahmen des Stipendiums

Reise- und Forschungsstipendium

JEUNES COMMISSAIRES 2023

 

Das zweite Kapitel der Ausstellung „Indigo Waves and Other Stories. Re-Navigating the Afrasian Sea and Notions of Diaspora“ fand vom 6. April bis zum 13. August 2023 im Gropius Bau Berlin statt. Rund dreißig Künstlerinnen und Künstler zeigten ihre Werke zum Thema Afrasisches Meer[2], zu seinem narrativen Potential und seiner Fähigkeit, zwischen dem afrikanischen und dem asiatischen Kontinent – durch das Wasser, aber nicht nur – Verbindungen aufzubauen. Kuratiert von Natasha Ginwala und Bonaventure Soh Bejeng Ndikung mit Unterstützung von Michelangelo Corsaro zielte die Ausstellung darauf ab, die diasporischen Überlagerungen und Transfers zwischen den beiden Regionen hervorzuheben, wobei das Afrasische Meer zum „gemeinsamen Bindeglied wurde, das die Nuancen einer kulturellen, sprachlichen, politischen und historischen Reise von der Antike bis zur Gegenwart enthüllt[3]  „. Das Wasser wird somit zum diskursiven Werkzeug, zu einem Medium, das verleugnete, vergessene, historische oder fiktionale Geschichten enthüllt, zu einer geografisch und zeitlich verbindenden Komponente.

Neben den zahlreichen Werken, die den Weg der Besucherinnen und Besucher säumten – von den Textilmalereien von Lavanya Mani bis hin zu den Skulpturen aus Naturkautschuk von Rossella Biscotti –, besticht Nests of Basalt, Nests of Wood der Künstlerin Clara Jo dadurch, dass es vermag, mit einem fiktiven Anstrich die an bestimmten Orten tief verwurzelten Narben und Traumata ans Licht zu bringen. Die Künstlerin konzentrierte sich auf drei dieser Orte: einen anonymen Friedhof in Albion auf Mauritius; Flat Island, ein unbewohntes Eiland rund 12 km vom nördlichsten Punkt der Hauptinsel Mauritius entfernt und im 19. Jahrhundert[4] als Quarantäne-Insel genutzt; und einen fiktionalen dritten Ort, der vom Künstler Noam Rezgui herausragend in einer 3D-Animation dargestellt wurde.

Eine weiße Leinwand. Das Video beginnt mit einem Sturzflug durch die Wolken, der eine düstere, quasi-dystopische Inselwelt enthüllt. Zwei überlagerte Stimmen – als akustische Darstellung der generationsübergreifenden Verbindung zwischen dem Vogel-Erzähler, einem endemischen Weißschwanz-Tropikvogel, und seinen Vorfahren – erzählen uns eine Geschichte. Die der ungefiederten Zweibeiner, die eines Morgens unter den neugierigen Blicken der Insel- und Meeresbewohner an Land gehen, sowie die Geschichte, die dem Vogel-Erzähler von früheren Generationen mündlich überliefert wurde, als die Insel noch nicht von Menschen bewohnt war.

© Courtesy of Clara Jo, Ausbild aus seinem Videowerk „Nests of Basalt, Nests of Wood“

Diese Vorstellung von der arten- und generationsübergreifenden Weitergabe von Wissen spielt in dem Werk eine entscheidende Rolle, in dem der Gesang der Vögel „seinen Weg bis zu den Fühlern der Insekten und in die Gedärme der Krabben findet“. Als Ergebnis ihrer Archiv-Suche spiegeln die Sequenzen dieser 3D-Animation die ozeanischen Mythen wider, in die Symbole und Anekdoten konspirativer Theorien bzw. Überreste medizinischer Heilmethoden des 19. Jahrhunderts einfließen. Das Ganze stellt einen Raum dar, in dem die verharmlosenden und aseptischen Narrative einer „offiziellen“ Vergangenheit hinterfragt werden sollen, und eine dritte Stimme, wie die dritte Ebene der 3D-Animation, vor unseren Augen verstummt.

Nach dem Leben an Land entführt uns Clara Jo in die Tiefsee. Sie eröffnet uns eine fantasievolle Unterwasserwelt und zeigt uns, woher das von dem Vogel-Erzähler erwähnte „Grollen aus der Tiefe“ kommt.

© Courtesy of Clara Jo, Ausbild aus seinem Videowerk „Nests of Basalt, Nests of Wood“

Auf die Idee des Weißschwanz-Tropikvogels als Erzähler kamen Clara Jo und der Schriftsteller Aqiil Gopee, der den Text für die Off-Stimme schrieb, während ihrer archäologischen Arbeit auf Flat Island. Die überall errichteten „Nester“ zwingen die Vögel dazu, ihre Flugbahnen zu ändern und sich dem Gelände anzupassen, wodurch eine Kartografie einer neuen Gattung entsteht und der Vogel zu einem spirituellen Leittier mutiert, das ihrer Meinung nach das gleiche Ziel verfolgt wie sie. Die Vogelperspektive mag zwar an eine imperialistische Sichtweise erinnern, dient Clara Jo jedoch in Wirklichkeit dazu, uns die – unter anderem geologischen – Risse in den von ihr dargestellten Räumen auf unterschiedlichen Ebenen, in verschiedenen Maßstäben und aus diversen Blickwinkeln betrachten zu lassen, die nur aus dieser Perspektive möglich sind.

Der Vogel-Erzähler kommentiert die dargestellten archäologischen Ausgrabungen der Menschen, die durch die Untersuchung der Fundstücke verstehen wollen, wie und warum ihre Vorfahren vor über einem Jahrhundert auf diese Insel gekommen sind. Gleichzeitig erzählt er von der Kolonialisierung von Flat Island durch die „maßlosen Monster“, die sich „Nester“ aus Basalt von denen errichten ließen, „die sie als Diener erachteten“ und die selbst in wackeligen „Nestern“ aus Holz leben mussten. Ferner weist er darauf hin, dass auch wenn die Nester aus Basalt in Teilen bis heute erhalten sind, die Holznester im Laufe der Zeit verschwunden sind, was die Tatsache unterstreicht, dass „alles vergänglich ist, manches mehr, manches weniger“. Mit Nests of Basalt, Nests of Wood lädt uns die in den USA geborene und in Berlin lebende Künstlerin ein, uns auf ihre Gedanken einzulassen: zur nautischen Imagination, zur Kolonisierung und dem, was davon übrig ist, aber auch zu Begriffen wie Zerfall und Erhalt, die den von ihr dargestellten Räumen eigen sind: ein Friedhof mit Gräbern ohne Inschriften und eine Quarantäne-Insel.

© Courtesy of Clara Jo, Ausbild aus seinem Videowerk „Nests of Basalt, Nests of Wood“

Diese Videoarbeit enthüllt zudem einen gewissen geschichtlichen Blick auf Epidemien, der sich von der traditionell eher kolonial gefärbten Sichtweise unterscheidet. Die Künstlerin untersucht in ihrer Arbeit den Zusammenhang zwischen der Ausbreitung von durch Wasser übertragenen Krankheiten und Handelswegen, welche die kolonialen Routen geprägt haben. Zudem wurden beide Komponenten stark von den Monsunwinden beeinflusst. Diese Arbeit reiht sich ein in die zuvor von Clara Jo geschaffenen Werke, darunter vor allem ihr Video De Anima (2022). Darin untersucht sie, wie verschiedene wirtschaftliche, metabolische, rassistische und geschlechtsspezifische Systeme, die in das globale Gesundheitssystem eingebettet sind – während der COVID-19-Krise wurde dies besonders deutlich -, die Angst vor einer Kontamination durch die nichtmenschliche Welt vorantreiben. Im weiteren Sinne unterstreichen die beiden Videos unsere Fähigkeit, die traumatischsten Momente der Geschichte zu vergessen.

Mit Nests of Basalt, Nests of Wood schafft Clara Jo eine Ode gegen das Vergessen, eine Hommage an die Geheimnisse, die im Wasser verborgen sind und nun an die Ufer gespült werden, an die Geheimnisse in den Rissen der Insel, in die sich die Vögel flüchten, wenn der Himmel sich trübt. Sie vermischt Archivmaterial, wissenschaftliche Fakten und existierende Mythen und beschreitet einen Weg, auf dem spekulatives Erzählen nicht die Lücken einer verzerrten Kolonialgeschichte füllen soll, sondern vielmehr betonen, dass diese Lücken existieren, und so zu versuchen, die „Spur“ verschwiegener Geschichten „zurückzuverfolgen[5] „.

Das Ende des Videos erinnert an das Auge eines Wirbelsturms, an diesen ruhigen Moment inmitten des Sturms, ähnlich dem Moment des Gedenkens, den die Künstlerin in ihrem Werk zum Thema macht. Dieser Moment, der ein Vorzeichen für neue, kommende Unruhen ist, ist alles andere als ein Selbstzweck, sondern vielmehr eine Mahnung für die Zukunft: „Es wird Stürme und Tornados geben“.

Sarah Lolley

Mehr Informationen über Sarah Lolley

Das Reise- und Forschungsstipendium ist eine Initiative des BDAP und ein vom DFJW (Deutsch-Französisches Jugendwerk) gefördertes Projekt.

 

[*] Ausschnitt aus Nests of Basalt, Nests of Wood von Clara Jo, Videoinstallation 4K, Stereo-Sound, 24’59”, 2023

[2] In der Ausstellung unterstreicht John Njenga Karugia das koloniale Erbe des Begriffs „Indischer Ozean“ und regt die Verwendung des Begriffs „Afrasisches Meer“ an, was er wie folgt begründet: „Jede Gemeinschaft hatte ihren eigenen Namen für diese ozeanische Wassermasse. […] Die Verwendung des Begriffs „Indischer Ozean“ als analytisches Mittel ist verwirrend und verhindert zahlreiche Fragen, die mit dem Kosmopolitismus dieser ozeanischen Räume zusammenhängen. Auch zwingt sie geografischen Regionen, die ihre eigenen Ethnien und Nationen haben, eine „indische“ ethnische und nationale Identität auf. Die Bezeichnung „Indischer Ozean“ beschränkt uns zudem auf die Küste, d. h. auf die Schnittstellen, an denen das Meer und das Land aufeinandertreffen. Der Begriff „Afrasisches Meer“ hingegen eröffnet Möglichkeiten des Nachdenkens über die zahlreichen Dynamiken, die Afrika und Asien miteinander verbinden, ohne sich nur auf die Küste zu beschränken.“

[3] Einleitungstext zur Ausstellung

[4] Während der Cholera-Pandemie in den 1850er Jahren, der Malaria-Pandemie in den 1860er Jahren und während der Beulenpest zu Beginn der 1900er Jahre wurde Flat Island zu einer wichtigen Quarantäne-Insel der Region. Um die restliche Bevölkerung zu schützen, wurden die Kranken, überwiegend Zwangsarbeiter*innen oder ehemalige Zwangsarbeiter*innen, freie Reisende und Mauritier*innen auf diese Insel gebracht.

[5] E. Boehmer, A. Mondal, “Networks and Traces”, Wasafiri, n°27, 2012, S. 31.

 

Radikale Bibliotheken Archive und reading rooms bei der 15. Ausgabe der documenta, Kassel

Text verfasst von Lou Ferrand im Rahmen des Stipendiums

Reise- und Forschungsstipendium

JEUNES COMMISSAIRES 2022

„Bibliotheken, die mehr sind als nur Bücher,

in Gebäuden, die mehr sind als nur Steine.“

Rachel Dedman

 

2014 wurde der amerikanische Verlag Semiotext(e) eingeladen, einen künstlerischen Beitrag für die Whitney-Biennale einzureichen, und präsentierte zu diesem Anlass eine vom Künstler Jason Yates entworfene Installation, in deren Inneren es möglich war, Einsicht in 28 veröffentlichte Schmähschriften von Autor*innen des Verlags wie etwa Franco „Bifo“ Berardi, Chris Kraus, Eileen Myles, Abdellah Taïa oder auch Simone Weil und Jean Baudrillard zu erhalten. Einen Verlag, dessen Veröffentlichungen im Fall von Semiotext(e) eine Bandbreite von experimenteller feministischer Literatur bis hin zu philosophischen Werken oder Kampfschriften abdecken, zu einer normalerweise den Beiträgen von Künstler*innen vorbehaltenen Biennale einzuladen, war kein unüberlegter Schachzug des Kurators Stuart Comer. Wie sich zeigte, lud der von Semiotext(e) eingerichtete reading room die Besucher*innen dazu ein, sich hinzusetzen und die zu Kunstwerken erhobenen Bücher zu berühren sowie mit ihnen zu interagieren, und das in einem musealen Raum, wo solche Handlungen üblicherweise untersagt sind. Diese Einladung hat die Frage nach der Ästhetik der physischen Begegnung mit der Immaterialität des Textes sowie nach der kuratorischen Vermittlung dieser Begegnung und den Verbindungen zwischen Literatur und Plastizität aufgeworfen. Ebenso wie die vielleicht noch politischere Frage des Verstehens der Art und Weise, wie Literatur ein gemeinsames und lebendiges Gut werden kann, das gleichzeitig mehreren die Möglichkeit bietet, sich mit ihm zu beschäftigen, fernab der Stille und Individuation der institutionellen Bibliotheken, die mitunter panoptische und von Disziplin geprägte Räume sein können.

Abb. 1: Ansicht der Installation „Semiotext(e): New Series“ (2014) von Semiotext(e), Whitney-Biennale 2014, Whitney Museum of American Art, New York (Sammlung von Semiotext(e), Foto von Bill Orcutt)

 

Fast ein Jahrzehnt später hat ruangrupa, ein indonesisches Kollektiv, das mit der künstlerischen Leitung der 15. Ausgabe der documenta betraut wurde, dieses Bestreben, die verlegerische Produktion in die künstlerischen Beiträge einzubeziehen, wieder aufgenommen, indem es mehrere Gruppen eingeladen hat, die in den Bereichen Archiv und Publikation tätig sind, und beispielsweise mit „lumbung of publishers“ ein informelles Netzwerk zum Teilen von Ressourcen geschaffen hat. Die documenta fifteen wurde bewusst nicht rund um einen thematischen Schwerpunkt konzipiert, sondern vielmehr als eine Beobachtung der aktuellen Methoden der Zusammenarbeit, der Selbstorganisation, der Verfahren, des kritischen Lernens, des Experimentierens und der gemeinsamen Nutzung, die insbesondere für eine nicht westliche, antiimperialistische und dekoloniale Lesart der Welt eintritt. Bei dem Bemühen, die vorherrschenden Narrative neu zu betrachten oder zu interpretieren, sie zu verzerren oder zu demontieren, ist es interessant, insbesondere die mit dem Medium Buch verbundenen Beiträge dieser documenta zu betrachten. Auf diese Weise lässt sich hinterfragen, wie bestimmte Leerstellen ausgefüllt, gewisse Stimmen verstärkt und neue Genealogien, ob nun mit einem höchst kritischen Ansatz oder aus einem Wunsch nach Wiedergutmachung heraus, vorgeschlagen werden können. Denn auch wenn der Aufbau einer Bibliothek eine der ältesten Handlungen überhaupt darstellt – einer Art aussichtslosem Plan folgend, die Wissensschätze der Welt, oder zumindest einer Welt, zusammenzutragen und zu klassifizieren –, muss man doch festhalten, dass die Bibliothek zur Fortsetzung einer offiziellen und vorherrschenden Geschichtsschreibung werden oder, im Gegenteil dazu, ein subversiveres und militanteres Narrativ anbieten kann. So muss jede Bibliothek anhand der mal mehr und mal weniger gut und manchmal gar nicht gefüllten Reihen ihrer Bestände bewertet werden, wobei das Fehlende eventuell genauso aussagekräftig sein kann wie das Vorhandene. Wie Laura Larson schreibt, ist „die Bibliothek, wie jede hierarchische Struktur, ein verletzlicher Ort, der jederzeit durchbrochen, zerschlagen und wiederaufgebaut werden kann[1]“.

Nicht zuletzt hat ruangrupa das Kollektiv Fehras Publishing Practices eingeladen, das an einer neuen künstlerischen Geschichtsschreibung arbeitet, die durch die arabischsprachige Verlagsproduktion über mehrere geographische Gebiete (zwischen Mittelmeerraum, Nordafrika und arabischer Diaspora) hinweg hervorgebracht wurde. Fehras wurde 2015 in Berlin gegründet und hat sich auf der Grundlage verschiedener Medien wie dem Archiv, dem Buch, aber auch der Bibliothek mit Fragen zu Identität, Gender, Migration und Herrschaftsverhältnissen beschäftigt. Im Rahmen des Projekts Series of Disappearances befasst sich das Kollektiv zum Beispiel mit den persönlichen Bibliotheken verschiedener Intellektueller, Autor*innen und Verleger*innen und beobachtet dabei, welchen Mechanismen der Verlagerung, der Umsiedlung, der Kontextualisierung und des Verschwindens die jeweiligen Bestände unterliegen. In der Arbeit von Fehras erscheinen das Buch und die Bibliothek als Pulsmesser einer Welt in ständigem Wandel, als offene Orte für Ideologien, Konflikte und Hegemonien, aber auch als Netzwerke oder Übertragungswege für Kooperationen, Liebe und Widerstand. Für die documenta hat das Kollektiv mit Borrowed Faces die Form des Fotoromans gewählt, einem typischen Genre der Zeit des Kalten Krieges, die das Projekt aus dem Blickwinkel der damals in der Verlagswelt angewandten feministischen Praktiken untersuchen möchte. Der Fotoroman, der sich in einer fast labyrinthartig anmutenden Anordnung über ein Gefüge aus Tafeln erstreckt, verlässt den auf das Buch begrenzten Raum, um den gesamten Raum einzunehmen; auf humorvolle Art kehrt der Beitrag die Rollenverteilung zwischen Verleger*innen und Figuren um und bedient sich des Mittels der Fiktion, um die Erzählung zu „queerisieren“ und das Genre zu hybridisieren.

Abb. 2: Ansicht der Installation „Borrowed Faces“ (2022) von Fehras Publishing Practices, documenta fifteen, Kassel, 2022. Foto von Liza Maignan

 

Im Fridericianum, dem wichtigsten und historischen Ort der documenta, lädt The Black Archives zum Flanieren durch seine Sammlung von Büchern, Dokumenten und Artefakten ein, die mit „in der Schule nicht gelehrten und von der institutionellen öffentlichen Geschichtsschreibung nicht erzählten Ereignissen der Black History und Non-Western History sowie der Geschichte der länderübergreifenden Solidaritätsbewegungen gegen die Unterdrückung[2]“ verbunden sind. Dabei präsentiert das Kollektiv einen Teil seiner Bibliothek, der im Rahmen der Ausstellung einsehbar ist. Diese folgt keiner starren Einteilung, sondern fasst die Werke, unter anderem von Françoise Vergès, Maya Angelou, Toni Morrison oder Angela Davis, anhand von Fragestellungen und Thesen wie „How to be a better Black feminist?“, „Black trans & queer rights are human rights“ und „We did it for the children“ zusammen. Indem es den Besucher*innen die Möglichkeit bietet, jeden dieser Bestandteile seines Beitrags vor Ort selbst aufzugreifen, schafft das Kollektiv eine Grundlage für Gespräche und das Teilen von Ressourcen, regt zur Herausbildung eines Bewusstseins an und trägt zur Wiederherstellung eines gemeinsamen Gedächtnisses bei. Im selben Raum befinden sich auch die von einem aus Anthropolog*innen, Forscher*innen und Fotograf*innen bestehenden Kollektiv gegründeten Archives des Luttes de Femmes en Algérie, mit denen die feministischen Proteste und Aktionen sichtbar gemacht werden sollen, die sich in Algerien ereignet haben, seit das Land 1962 die Unabhängigkeit erlangt hat. Auch dieses Kollektiv möchte mit seiner Arbeit den Widrigkeiten der systematischen Ausblendung, der Zerbrechlichkeit und des Vergessens entgegenwirken und sorgt so für ein wirksames Echo auf die Worte der Dokumentarfilmerin Nedjma Bouakra: „In jedem bzw. jeder von uns schlummert ein*e Archivar*in, dem oder der wir Aufmerksamkeit schenken sollten: indem wir uns an ein ersehntes und nicht eingetretenes Ereignis erinnern, Textentwürfe aufheben, die von ihnen ausgehenden Impulse bewahren und uns hinter ihre ungehört gebliebenen Wortmeldungen stellen, die sich jenseits des Bezugsrahmens ihrer Zeit bewegten (…). Sich mit feministischen und auf die breite Bevölkerung zurückgehenden Archiven zu befassen bedeutet, an den toten Enden von Erzählungen, von unseren Vorahnungen und Träumen anzusetzen, Licht in unser wiederholtes Vergessen zu bringen und den Schatten unserer Erinnerungslücken zu erhellen[3].“

Abb. 3: Ansicht der Installation, The Black Archives, documenta fifteen, Kassel, 2022

 

Ein weiterer Beitrag ist jener von LE18, einem 2013 gegründeten multidisziplinären Kulturzentrum in Marrakesch. Die nach Kassel eingeladenen Mitglieder des Kollektivs arbeiteten zunächst mehrere Monate lang am Entwurf einer Ausstellung, dem kuratorischen Format, das ihnen zu dem Zeitpunkt am naheliegendsten und instinktivsten erschien, wie ein Automatismus. Ihren Aussagen zufolge hatten sie jedoch ein paar Monate vor der Vernissage und nach zahlreichen Treffen eine Art Eingebung, und zwar jene, dass sie sich der natürlichen Neigung zur Ausstellung, die ihnen kein erstrebenswertes Modell mehr zu sein schien, entziehen müssten. In einem Text am Eingang des Raumes in der WH22, der ihren Beitrag beherbergt, schreiben sie: „Was Kassel braucht, ist ein Zufluchtsort für all jene, die sich verloren haben wie wir. Ein offenes Tor zum Himmel, wo unsere Erschöpfung und unsere Misserfolge Zuflucht finden, aber auch die der documenta – der Misserfolg ist, genau wie der Erfolg, dialektisch“. Und so präsentiert LE18, anstelle einer klassischen Ausstellung, eine „tiny library“ und eine „film library“, bei denen es sich um einen Raum zur Sichtung von Druckwerken und Filmen handelt, der mit Sofas ausgestattet und frei begehbar ist und ohne jegliche diktierte Vorschriften bezüglich der Lesemöglichkeiten und der zeitlichen Nutzung auskommt. Es steht eine Auswahl an Fanzines, Zeitschriftensammlungen, Künstlerbüchern und DVDs aus der maghrebinischen Kulturszene zur Verfügung, für die lediglich folgende Spielregel gilt: „Nehmen Sie sich Zeit, um unsere Auswahl zu durchstöbern. Blättern Sie durch die Seiten, fühlen Sie das Papier und nehmen Sie seinen Duft auf. Haben manche dieser Seiten Ihr Interesse geweckt? Falls ja, und falls Sie ein wenig Zeit haben, um sich auszuruhen, nehmen Sie ein Buch, setzen Sie sich auf eines der Sofas oder in einen der Sessel unseres Raumes und lassen Sie sich in die Geschichten hineinziehen, die das Buch Ihnen erzählen will.“ Der Beitrag von LE18, der von Romanen von Assia Djebar über die Filme von Farida Benlyazid, feministische Vorreiterin des marokkanischen Kinos, bis hin zu der Zeitschrift Narrative Machines von Ghita Skali reicht, ist weniger das Ergebnis einer Ablehnung oder ursprünglichen Verweigerung als vielmehr eines Willens zur Weitergabe dieser Ressourcen durch ihre freie Aneinanderreihung. Dabei bezieht ihr reading/watching room die Körperlichkeit der Besucher*innen mit ein, ohne auf diese einen disziplinarischen oder zwangartigen Einfluss auszuüben, und schafft so neue Genealogien und Erzählungen der marokkanischen Kunstszene und ihrer experimentellen Seiten, entgegen den Bestrebungen einer Vereinheitlichung der kulturellen Formate.

Abb. 4: Ansicht der Installation „Tiny Library“, LE18, documenta fifteen, Kassel, 2022

 

In einem Essay mit dem Titel „Embracing Noise and Other Airborne Risks to the Reading Body“ stellt Elizabeth Haines die folgenden Überlegungen an: „Um die Beziehung zwischen der Bibliothek und den Körpern, die lesen, neu auszurichten, muss mehr getan werden als nur zusätzlichen Platz in den Regalen einzufordern. Es braucht mehr als nur eine Neukategorisierung der Bücher. Was es braucht, ist ein Neudenken des architektonischen Paradigmas der Bibliothek, sodass Platz geschaffen wird für körperliche Wesen, die den Akt des Lesens nutzen, um ihre Verletzlichkeit, ihre Hoffnungen, ihre Keime, ihre Flüssigkeiten und die verschiedenen Tonarten ihrer Stimmen zu teilen. (…) Könnten wir nicht architektonische Paradigmen für das Lesen ersinnen, in denen der Raum der Bibliothek ein Forum für eine lebendige Gemeinschaft wäre, die die Bücher pflegt und gemeinsam liest[4]?“

Vielleicht lassen sich radikale Möglichkeiten der Auslegung dieser „neuen architektonischen Paradigmen“ finden, indem man sie auf Räume für zeitgenössische Kunst anwendet, die, auch wenn sie selbst bestimmten Codes unterliegen, die in anderen Räumen geltenden Gebote und Verbote vereinzelt durchbrechen können. Die kuratorischen Fragestellungen, die sich auf die Einrichtungen zum Lesen beziehen, wie die Sofas von LE18, können den Ausschlag geben, dass wir an jene Punkte gelangen, an denen Bücher keine Skulpturen mehr sind, sondern mögliche Sammelbecken für unsere Gefühle, die wir berühren, erfassen und durchschreiten können, mit denen wir eins werden und die wir unter Umständen abnutzen, mit unseren eigenen Flüssigkeiten durchtränken und mit unseren Spuren versehen können. Durch die Aufnahme dieser Arten von reading rooms in Ausstellungen und mehr noch Biennalen – einer Ausstellungsform, die einige aufgrund ihres Gigantismus als „monströs“ anprangern – können Künstler*innen, Kurator*innen und Verleger*innen kollektive Gedankenwaffen anbieten. Eine „erweiterte Literatur“ (expanded literature), die aus dem Buch und seiner Verknüpfung mit anderen Büchern und anderen Körpern einen Übertragungsweg macht, der es ermöglichen würde, zu anderen Geschichten, anderen Erzählungen zu gelangen und damit zu beginnen, gemeinsam zu denken.

[1] Laura Larson, „Preface“, in Heide Hinrichs, Jo-ey Tang, Elizabeth Haines (Hrsg.), shelf documents, art library as practice, Antwerpen & Berlin, b_books, 2020, S. 13.

[2] Carine Zaayman, Chiara De Cesari & Nuraini Juliastuti, Beschreibung im Katalog der documenta.

[3] Nedjma Bouakra, „Archives“, in Elsa Dorlin (Ltg.), Feu ! Abécédaire des féminismes présents, Montreuil, Éditions Libertalia, 2021, S. 48.

[4] Elizabeth Haines, „Embracing Noise and Other Airborne Risks to the Reading Body“, ebd., S. 81.

Les Vitrines

Ansicht der Ausstellung von Hoda Tawakol, „Corps (in)visibles“, Januar – April 2021 © Foto Ivo Gretener. Kuratorin: Liberty Adrien

Ansicht der Ausstellung von Anne-Lise Coste, „Nous Danserons“, April – Juli 2021 © Foto Ivo Gretener. Kuratorin: Liberty Adrien

Ansicht der Ausstellung von Charlotte Dualé, „Entre aide“, Juli – Oktober 2021 © Foto Ivo Gretener. Kuratorin: Liberty Adrien

Ausstellungsansicht von Marie-Claire Messouma Manlanbien „Ainsi dans le silence“, Oktober 2021 – Januar 2022 © Photo Ivo Gretener. Kuratiert von Liberty Adrien.

2021 starten das Bureau des arts plastiques des Institut français Deutschland und das Institut français Berlin gemeinsam den Ausstellungsraum “Les Vitrines”, der sich der aufstrebenden französischen Kunstszene widmet. Mit der Konzeption und Umsetzung der jährlichen Ausstellungsreihe wird ein*e junge*r Kurator*in beauftragt. Aus dem Wunsch heraus, der jungen französischen Kunstszene einen sichtbaren kreativen Raum zu bieten, soll “Les Vitrines” wesentlicher Bestandteil des Programms in Berlin-Charlottenburg werden.

Das Projekt bietet jungen Kurator*innen einen Raum, um vier Ausstellungen zeitgenössischer Kunst im Jahr zu kuratieren und umzusetzen. Die Ausstellungen, die jeweils über einen Zeitraum von drei Monaten zu sehen sind, werden Werke von Künstler*innen zeigen, die speziell für diesen einzigartigen Ort produziert oder adaptiert wurden. Jede Ausstellung wird von einer Publikation (in Form eines Posters, einer Broschüre oder eines Faltblatts) begleitet. Die grafische Gestaltung betreut ein*e Grafikdesigner*in, der*die in enger Zusammenarbeit mit dem*r Kurator*in das Konzept für den gesamten Ausstellungszyklus entwickelt. Das beträchtliche Potenzial dieses Projekts liegt im experimentellen Format des Ausstellungsraums. Die architektonische Struktur, die geografische Lage und die Zugänglichkeit für eine breite Öffentlichkeit sind allesamt ausgezeichnete Merkmale, die die Kurator*innen und Künstler*innen in ihren Konzeptvorschlägen berücksichtigen werden. Als Gemeinschaftsprojekt verschiedener künstlerischer Berufsbilder (Kurator*innen, Künstler*innen und Grafiker*innen) konzipiert, soll das Projekt “Les Vitrines” ein Sprungbrett für die junge französische Szene auf europäischer Ebene darstellen.

Programm 2021

Kuratiert von Liberty Adrien.
Grafische Gestaltung von Sophie Douala.

Ausstellung von Hoda Tawakol „Corps (in)visibles“, 23 Januar – 5 April 2021.
Weitere Informationen

Ausstellung von Anne-Lise Coste „Nous danserons“ 24. April – 11. Juli 2021.
Weitere Informationen

Ausstellung von Charlotte Dualé „Entre aide“ 24. Juli – 10. Oktober 2021.
Weitere Informationen

Ausstellung von Marie-Claire Messouma Manlanbien „Ainsi dans le silence“, 29. Oktober 2021 – 16. Januar 2022
Weitere Informationen

FOCUS IN BERLIN

Im September 2020 initiierte das Bureau des arts plastiques des Institut français Deutschland das zweitägige Programm „Focus in Berlin“, das professionelle Akteure der deutschen und französischen Gegenwartskunst mit der französischen Kunstszene in Berlin zusammenbrachte. Aus dem Wunsch heraus, den Fokus auf Künstler*innen zu legen, die Frankreich vorübergehend oder langfristig verlassen haben, bot das Programm Atelier- und Ausstellungsbesuche, den Austausch mit den Künstler*innen und gesellige Momente, die die Begegnung zwischen den Fachleuten fördern.

Treffen zwischen Künstler*innen und Fachleuten im Institut français Berlin

Wir freuen uns, dass Tomke Braun (Kunstverein Göttingen), Marie Griffay (FRAC Champagne Ardenne), Lydia Korndörfer (Kunstverein Arnsberg), Benoit Lamy de la Chapelle (CAC Synagogue de Delme), Lucie Sotty (Galerie Sans titre (2016)), Thomas Thiel (Museum für Gegewartskunst Siegen) sowie die Künstler*innen Saâdane Afif, Edouard Baribeaud, Charlotte Dualé, Cécile Dupaquier, Dominique Hurth, Matthieu Martin, Xavier Mazzarol, Adrien Missika, Pierre-Etienne Morelle, Aude Pariset, Jimmy Robert, Maya Schweizer und Emilie Pitoiset im Rahmen ihrer Ausstellung bei Klemm’s bei unserem Programm dieses Jahr teilgenommen haben. Weiterlesen

POINT DE VUE

Wir freuen uns sehr, dass Tristan Deschamps (*1992 in Beuvry) gemeinsam mit uns an einer Videoreihe zur französischen Kunstszene in Berlin arbeitet und über unsere Webseite Einblicke in seine Arbeitsprozesse geben wird. Zu den einzelnen Drehterminen wird er hier auf der Webseite tagebuchartig Notizen verfassen.

24.08.2020: Claude Eigan

© Tristan Deschamps

Montag, 24. August. Heute fand der letzte Drehtermin im Rahmen von „Point de vue“ in einem mir vertrauten Atelier statt, dem von Claude Eigan. Es liegt an der Seestraße in Wedding, nicht weit von von Daniela Macé-Rossiters Atelier. Wir haben uns intensiv über zukünftige Projekte, zwei Einzelausstellungen und eine Biennale 2021 in Athen ausgestauscht. Diese schönen Momente des Austausches mit der Kamera festzuhalten wird uns fehlen…!

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Nadira Husain, Amina Ahmed et Varunika Saraf: Confluence Sangam संगम

Une exposition Heidelberger Kunstverein
Collaboration curatoriale de Alice Chardenet
20.06.2020 – 16.08.2020

Nadira Husain, Global Bastard Education, 2019, © Nadira Husain und PSM, Berlin

L’exposition ›Confluence Sangam संगम‹ au Heidelberger Kunstverein présente des œuvres de Nadira Husain (Berlin/Paris/Hyderabad), lauréate du prix WERK.STOFF pour la peinture .

Les mots Confluence, Sangam / संगम décrivent en français, anglais et hindi le moment où des courants émanants de directions différentes se rencontrent et créent un chemin commun. Nadira Husain est née de père indien et de mère française, elle a grandi à Paris et vit maintenant à Berlin. À son image, sa pratique artistique puise dans des motifs et modèles picturaux provenant de différentes aires culturelle, et les rassemble dans des peintures et créations textiles. Weiterlesen

26 × Bauhaus

100 Jahre Bauhaus: Das Bauhaus im französischen Kontext

(c) E + K

Zum 100-jährigen Bestehen des Bauhauses findet 2019 auf Initiative des Bureau des arts plastiques des Institut français Deutschland eine Wanderausstellung rund um das Erbe dieser Kunstbewegung und dessen Verbindungen zu Frankreich und zur Gegenwartskunst statt. Die Ausstellung wird über das Jahr in verschiedenen Instituts français in Deutschland präsentiert.

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PAVILLON FRANÇAIS NORDART: SOME OF US

 SOME OF US
Französischer Pavillon bei der « NORDART »
kuratiert von Jérôme Cotinet-Alphaize in Zusammenarbeit mit Marianne Derrien

Virginie Barré, Le rêve géométrique, 2017, film, couleur, sonore, Production : 36secondes/Patrice Goasduff, © Adagp, Paris, 2019

FOCUS : Laëtitia Badaut Haussmann, Julie Béna, Tiphaine Calmettes, Chloé Dugit-Gros, Elsa & Johanna, Sara Favriau, Florentine Ferruel, Aurélie & Guédon, Lola Gonzàlez, Katia Kaméli, Anne Le Trote, Camille Llobet, Marianne Mispelaëre, Eva Nielsen, Aurélie Pétrel, Emilie Pitoiset, Justine Pluvinage, Eva Taulois, Sarah Tritz, Marion Verboom, Léonie Young

Im Rahmen der internationalen Ausstellung NordArt wurde Jérôme Cotinet Alphaize als Kurator eingeladen, den diesjährigen französischen Pavillon zu kuratieren. Im Rahmen des Programms JEUNES COMMISSAIRES wurde Marianne Derrien ausgewählt, als Assistenzkuratorin mitzuarbeiten. Weiterlesen

Marjolaine Lévy wird gemeinsam mit Thibaut de Ruyter eine Austellung zum Thema Bauhaus konzipieren

Marjolaine Lévy wurde als junge Kuratorin für unsere Bauhaus-Wanderausstellung ausgewählt, die 2019 in mehreren Institut français in Deutschland gezeigt wird. Ab September konzipiert sie gemeinsam mit dem Kurator und Kunstkritiker Thibaut de Ruyter die Ausstellung.

Anlässlich des 100-jährigen Jubiläums des Bauhauses im Jahr 2019 wird sich die Wanderausstellung mit seinem Erbe und seinem Bezug zu Frankreich wie zur zeitgenössischen Kunst beschäftigen. Ein wichtiges Augenmerk liegt auf der Pädagogik, denn das Bauhaus war in erster Linie eine Schule. Und um die Objekte, die Architektur  die Ästhetik und das, was wir heute als künstlerische Bewegung wahrnehmen,  zu verstehen, ist es notwendig, zunächst seine Lehre zu verstehen.

Fabienne Bideaud an den Kunstmuseen Krefeld

matali crasset, Permis de construire, 2000, Schaumstoff, Stoff Foto: Patrick Gries

matali crasset, Permis de construire, 2000, Schaumstoff, Stoff
Foto: Patrick Gries

Im Rahmen des „Jeunes Commissaires“-Programms arbeitet die französische Kuratorin Fabienne Bideaud an den Kunstmuseen Krefeld an einer Ausstellung zu den französischen Designherstellern Domeau & Pérès wie der begleitenden wissenschaftlichen Publikation mit.

Die Ausstellung „Von der Idee zur Form. Domeau & Pérès: Dialoge zwischen Design und Handwerk“ präsentiert erstmalig die umfangreiche Schenkung an Designmöbel, die die Kunstmuseen Krefeld 2018 von den französischen Herstellern Domeau & Pérès erhalten haben. Philippe Pérès und Bruno Domeau haben ihr handwerkliches Können und ihre Expertise ganz dem zeitgenössischen Design gewidmet und ermöglichen Designern ihre ambitioniertesten Träume zu verwirklichen. Die Schenkung umfasst rund 50 hochwertige Objekte wie auch Prototypen von den wichtigsten Vertretern des zeitgenössischen Designs, darunter Ronan & Erwan Bouroullec, Christophe Pillet, Matali Crasset, Martin Szekely, Eric Jourdan, Michael Young, Odile Decq und Möbel konzipiert von Sophie Taeuber-Arp. Die Objekte werden durch die Ausstellung in der Sammlung kontextualisiert und zusammen mit Konvoluten der bildenden sowie angewandten Kunst präsentiert.

Die Kunstmuseen Krefeld bespielen mit ihrem Ausstellungsprogramm drei Häuser und nehmen aufgrund dieser architektonischen Besonderheit eine einzigartige Rolle in der deutschen Museumslandschaft ein. Ein Ziel der neuen programmatischen Ausrichtung des Hauses unter Katia Baudin ist es, die Bestände der angewandten Kunst sowie die Schnittstellen zwischen angewandter und bildender Kunst im zukünftigen Ausstellungsprogramm stärker in den Vordergrund zu rücken. Damit knüpfen die Kunstmuseen Krefeld an die Gründungsgeschichte des Kaiser Wilhelm Museums aus einer zeitgenössischen Perspektive an.

Die Ausstellung ist vom 14. Mai bis zum 14. Oktober 2018 im Kaiser Wilhelm Museum der Kunstmuseen Krefeld zu sehen.

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Von der Idee zur Form. Domeau & Pérès: Dialoge zwischen Design und Handwerk, vues d'exposition, Kaiser Wilhelm Museum Krefeld, photos : Volker Döhne

Von der Idee zur Form. Domeau & Pérès: Dialoge zwischen Design und Handwerk, Ausstellungsansichten, Kaiser Wilhelm Museum Krefeld, Fotos: Volker Döhne

Diane Turquety @Documenta 14

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Diane Turquety wirkte im Rahmen des Jeunes Commissaires-Programms bei der documenta 14 an der Umsetzung des Projektes  marco14 und CIAM4 / Schiffbruch mit Zuschauer von Rainer Oldendorf mit. Die Arbeit umfasste eine Doppelausstellung und ein Seminar mit Filmdreh auf dem Weg von Athen nach Kassel. Oldendorf inspirierte sich dabei an dem 4. Internationalen Kongress für Moderne Architektur (CIAM) von 1933, an dem u. a. der Architekt Le Corbusier teilgenommen hatte, und begriff das Konzept der Lehre als skulpturale Praxis. Der Film marco14, der aus diesem Anlass gedreht wurde, diente dabei als Katalysator.

Diane Turquety war in Paris und dann vor Ort in Athen für die Realisierung und Präsentation des Projekts bei der documenta 14 im Polytechnion Athen zuständig. Sie koordinierte die Organisation einer Doppelausstellung – eine Installation/Ausstellung mit einer Reihe von Schlüsselelementen zur Vorbereitung des Films marco14 und eine weitere Ausstellung mit Beiträgen von Studierenden der Partnerschulen: Hochschule der Bildenden Künste Athen, Nationale Technischel Universität Athen, Universität Thessalien, Postgraduate Programm INSTEAD (Griechenland), Institut Supérieur des Beaux-Arts de Besançon  Franche-Comté (Frankreich) und der Kunsthochschule Kassel (Deutschland).

Ferner organisierte Diane Turquety die Seminarwoche und den Filmdreh für marco14, der Mitte Mai während einer Reise von Athen über Besançon nach Kassel stattfand. Rund 30 Schauspieler_innen, Referent_innen und Studierende aus Griechenland, Frankreich und Deutschland haben an dem Seminar teilgenommen. Der dabei entstandene Film marco14 wurde bis zum 17. September 2017 in der Kunsthochschule Kassel und im Hessischen Landesmuseum bei der documenta 14 präsentiert.

Hier ein Interview mit der jungen Kuratorin

Kunstverein Hannover – Eleonore False „Open Room“, om-thé-tue-eint-agit, 4.09.16 – 18.09.16

Die junge Kuratorin Mathilde de Croix lädt die Künstlerin Eleonore False im Kunstverein Hannover, um zwei Räume zu einsetzen.

In einer Bewegung, die sich gegenläufig zu den Accrochagen von »Open Studio« verhält, findet die Ausstellung von Éléonore False unter dem Titel »Open Room, om-the-tue-eint-agit« in zwei Sälen des Kunstvereins Hannover statt. Die Künstlerin profitiert von der Ambiguität, die bei der Übersetzung des englischen Begriffs »room« ins Französische auftritt, werden dabei doch verschiedene Wirklichkeiten aufgerufen wie »Raum« (frz. pièce), »Saal« (frz. salle) und Zimmer (frz. chambre). Die Beschäftigung der Künstlerin mit diesen unterschiedlichen Räumlichkeiten nimmt die Bedeutungsweite des Begriffs zum Ausgangspunkt, die vom intimen bis zum normierten Raum reicht. Der Untertitel, om-the-tue-eint-agit, ist grafische Form und Babygeplapper zugleich und unterstreicht den experimentellen Charakter ihres Vorgehens. Dass bei dieser Gelegenheit ihr Werk geografisch mit dem Merzbau von Kurt Schwitters zusammentrifft, der schon immer ein Künstler für Künstler war und zudem für sie ein sehr wichtiger Künstler ist, war für False ein weiteres impulsgebendes Element für die Ausstellung.

Éléonore False »Open Room, om-thé-tue-eint-agit«, 2016

Éléonore False »Open Room, om-thé-tue-eint-agit«, 2016

 

9. Berlin Biennale -„Young Curators Workshop“ (YCW) vom 08.-17.09.2016 : Sophie Lapalu, preisgekrönt Kuratorin :

lapaluCarrère

Teilnahme der jungen Kuratorin am Internationalen „Young Curators Workshop“ der 9. Berlin Biennale vom 08. bis 17. September 2016.

Vom 08. bis 17. September 2016 findet in Rahmen der Berlin Biennale zum sechsten Mal der Young Curators Workshop statt. In Seminaren und Ausstellungs- sowie Atelierbesuchen können Jungkuratorinnen und -kuratoren Ideen austauschen und kuratorischen Inhalte wie Praktiken untereinander und mit Experten diskutieren. Die Teilnahme der jungen Kuratorin Sophie Lapalu an diesem Workshop wird durch das Programm Jeunes commissaires ermöglicht.

Der Philosoph Armen Avanessian hat das Programm des diesjährigen Workshops und seiner öffentlichen Begleitveranstaltungen unter den Titel „Post Contemporary Art“ gestellt. In Anbetracht einer zunehmend unsicheren Beschäftigungsituation und der unzureichenden finanziellen Vergütung, mit denen sich aufstrebende KuratorInnen konfrontiert sehen, soll der zehntätige Workshop mitsamt seinen unterschiedlichen Aktivitäten -Seminare, Atelier-und Ausstellungsbesuche, Treffen mit etablierten KünstlerInnen und KuratorInnen -nicht ausschlieβlich dafür gedacht sein, die berufliche Vernetzung seiner TeilnehmerInnen zu stärken. Vielmehr wird es auch darum gehen, ein kuratorisches Ethos und konkrete Projekte zu erarbeiten, die Alternativen zu üblichen eng gefassten Ausstellungsformaten bieten.

Kunstverein Hannover – „Open Studio“, 17. und 18.10.2015 : Mathilde de Croix

Kunstverein Hannover

Die junge Kuratorin setzte sich bereits intensiv mit der 87. Herbstausstellung niedersächsischer Künstlerinnen und Künstler im Kunstverein Hannover auseinander und führt ihre Arbeit dort 2016 fort, um Performance- und Filmabende zu entwickeln.

Im Rahmen von Jeunes Commissaires konnte der Kunstverein Hannover Mathilde de Croix eine Gastkuratorin einladen, die im Rahmen der Herbstausstellung das Projekt „Open Studio“ entwickelt und realisert hat. Grundlage ihrer Auswahl waren all diejenigen Beiträge von Künstlerinnen und Künstlern, die an der 87. Herbstausstellung teilnehmen. Die Ateliers fungierten als kuratierte Ausstellungs- sowie Denkräume.

Termine :

17.10.2015, 15h-18h

Dirk Dietrich Hennig

Thomas Ganzenmüller

Petra Kaltenmorgen

18.10.2015, 15h-18h

Samuel Henne

Dgenhard Andrulat

Joanna Schulte

A SPACE IS A SPACE IS A SPACE

In Extenso-Erweitert
A SPACE IS A SPACE IS A SPACE

Ein Projekt des Bureau des arts plastiques et de l’architecture des Institut français in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Architektur Zentrum DAZ

Kader ATTIA, Rosa BARBA, Nina BEIER & Marie LUND, Laetitia BÉNAT, Peggy BUTH, Natalie CZECH, Jason DODGE, Jimmie DURHAM, Jean-Pascal FLAVIEN, Alicia FRANKOVICH, Rainer GANAHL, Christian JANKOWSKI, Thomas LOCHER, Markus MIESSEN, Joanne POUZENC, Michael RIEDEL, Lyllie ROUVIÈRE, Dennis RUDOLPH, Vanessa SAFAVI, Eric STEPHANY, Rosemarie TROCKEL, Clémence de la TOUR DU PIN, Tris VONNA-MICHELL

Rosemarie-Trockel_German-Issue_2014_©-Rosemarie-Trockel_VG-Bild-Kunst_Bonn-2015-Courtesy-Sprüth-Magers

Rosemarie Trockel German Issue 2014 © Rosemarie Trockel, VG Bild-Kunst, Sprüth Magers

Kuratiert von Karima Boudou, Céline Poulin und Agnès Violeau
Räumliches Konzept: Jean-Pascal Flavien

Eröffnung: 10.9.2015, 19 Uhr mit einer Präsentation des projektspezifischen Kunst- und Literaturmagazins JBCQVF und einer Performance von Lyllie Rouvière mit Hanna Kritten Tangsoo

Ausstellung : 11.9. – 8.11.2015

Im Deutschen Architektur Zentrum DAZ, Berlin

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MARC BEMBEKOFF: GESPRÄCH MIT RENAUD AUGUSTE-DORMEUIL

Collage: Renaud Auguste-Dormeuil, Sans Titre

In seiner postkonzeptuellen künstlerischen Arbeit hinterfragt Renaud  Auguste-Dormeuil die  Paradoxien von Bildern  und  dekonstruiert durch  Medien  vermittelte Stereotypen. Unablässig stellt  er die mediale Bildproduktion und  die unterschwellig transportierten politischen Inhalte  in Frage. Seit Mitte der 1990er  Jahre  deckt er jene unsichtbaren Strukturen auf, die unsere Beziehung zur medialisierten Wirklichkeit bedingen: Sichtbarkeit – Unsichtbarkeit; Klarheit – Opazität; Erinnerungsvermögen – Amnesie.  Im Gespräch mit Marc  Bembekoff  werden sein  Werk  sowie  Fragestellungen künftiger  Projekte vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Entwicklungen diskutiert.

Renaud Auguste-Dormeuil (*1968,  lebt  und  arbeitet in  Paris) erhielt 2010  den  Prix Meurice  für zeitgenössische Kunst. Von 2009 bis 2010  war er Stipendiat der Académie de France  in der  Villa Medici in Rom. Ausstellungen u. a.: Musée  d’Art Contemporain, Vitry-sur-Seine  (2013); La Friche Belle de Mai, Marseille  (2013); Fondation d’entreprise Ricard,  Paris (2013); Museu Brasileiro  da Escultura, São Paulo (2012); Maison des Arts, Malakoff (2010); Moscow Museum  of Modern  Art (2010); Palais de Tokyo, Paris (2006); La Caixa Foundation, Barcelona  (2005); Swiss Institute, New York (2004).

Marc Bembekoff (*1978,  lebt und  arbeitet in Vienne und  Paris)  ist Kurator  und  Direktor des Centre d’art contemporain La Halle des bouchers  in Vienne, Frankreich. Zuvor war er als Kurator am Palais de Tokyo und am Musée Rodin in Paris tätig. Für die 56. Biennale Venedig kuratiert Marc Bembekoff den kroatischen Pavillon, der von Damir Očko vertreten wird.

In englischer Sprache

Eintritt frei Weiterlesen

Ausstellung

A SPACE IS A SPACE IS A SPACE

Ein Projekt des Bureau des arts plastiques et de l’architecture und des Deutschen Architektur Zentrums DAZ

Kader Attia, Rosa Barba, Nina Beier & Marie Lund, Laetitia Bénat, Peggy Buth, Nathalie Czech, Jason Dodge, Jimmie Durham, Jean-Pascal Flavien, Alicia Frankovich, Rainer Ganahl, Christian Jankowski, Hanna Kritten Tangsoo, Thomas Locher, Markus Miessen, Joanne Pouzenc, Michael Riedel, Lyllie Rouvière, Dennis Rudolph, Vanessa Safavi, Eric Stephany, Rosemarie Trockel, Clémence De La Tour Du Pin, Tris Vonna-Michell

Kuratiert von Karima Boudou, Céline Poulin und Agnès Violeau
Räumliches Konzept: Jean-Pascal Flavien

11.9.2015–8.11.2015
Donnerstag, 10.9.2015, 19 Uhr: Eröffnung
Zur Eröffnung sprechen BDA-Präsident Heiner Farwick, Cathy Larqué, Institut français und die Kuratorinnen der Ausstellung, mit anschließender Präsentation des projektspezifischen Kunst- und Literaturmagazins JBCQVF und Performance von Lyllie Rouvière mit Hanna Kritten Tangsoo.

Im Deutschen Architektur Zentrum DAZ, Berlin

Rosemarie-Trockel_German-Issue_2014_©-Rosemarie-Trockel_VG-Bild-Kunst_Bonn-2015-Courtesy-Sprüth-Magers

Rosemarie Trockel, German Issue, 2014, © Rosemarie Trockel, VG Bild Kunst Bonn 2015, Courtesy Sprüth Magers

Im Rahmen des Projekts In Extenso – Erweitert, eine Zusammenarbeit des Bureau des arts plastiques et de l’architecture und des Deutschen Architektur Zentrum DAZ, lädt die Kuratorinnen Karima Boudou, Céline Poulin und Agnès Violeau  dazu ein, an der Schnittstelle zwischen Architektur und Kunst sich den Performance, Social Context un Public Space zu widmen.

Die performative und narrative Ausstellung bildet den letzten Abschnitt des in 2014 gestarteten Programms und beruht auf einem Vorschlag der drei Kuratorinnen.

A SPACE IS A SPACE IS A SPACE orchestriert eine Vielstimmigkeit von Perspektiven rund um miteinander in Bezug gestellte Realitäten: der physische Raum des DAZ, das städtische Umfeld am Spreeufer, das Internet und die redaktionelle Praxis als Orte des öffentlichen Austauschs. Die Ausstellung bietet dem Besucher an, innerhalb dieser Räume seine eigenen Sätze durch Dokumente oder Objekte, die innerhalb oder außerhalb des Ortes aktiviert werden, zu schreiben oder zu dekonstruieren.

Mind The Gap
commissariat Céline Poulin

Peggy Buth / Natalie Czech / Alicia Frankovich / Jean-Pascal Flavien / Markus Miessen / Joanne Pouzenc / Clémence de la Tour du Pin / Vanessa Safavi

Das Werk von Jean-Pascal Flavien, bestehend aus einer Rauminstallation und einer Projektion, lässt den Ausstellungsraum und den digitalen Raum „Mind the gap“ miteinander interagieren. Der wandelbare und partizipative digitale Raum bietet künstlerische, graphische, kritische und architektonische Elemente als Äquivalent zur physischen Installation, sodass sich eine gegensätzliche Konzeption des Raums jenseits der Kluft zwischen öffentlich/privat, real/virtuell, innen/außen entwickelt. Nach Aussage des amerikanischen Comic-Theoretikers Scott McCloud liegt der Sinn gerade in der Lücke, dem „gap“ zwischen zwei Bildern, also dort, wo nur noch Raum ist.

J’aime beaucoup ce que vous faites
Kuratiert von Agnès Violeau

Kunst- und Literaturzeitschrift – Sonderausgabe Performance / Public Space

Hannah Arendt / Kader Attia / Rosa Barba / Nina Beier & Marie Lund / Laetitia Bénat / Natalie Czech / Jason Dodge / Alicia Frankovich / Jean-Pascal Flavien / Rainer Ganahl / Christian Jankowski / Thomas Locher / Joanne Pouzenc / Michael Riedel / Dennis Rudolph / Éric Stephany / Rosemarie Trockel / Tris Vonna-Michell

Raum im Raum. Diese Sonderausgabe der Zeitschrift JBCQVF gleicht einer Insel des Widerstands. Die beteiligten Künstler, Architekten und Performer präsentieren ein „in der Mache“ befindliches Werk zum Thema Performance/Public Space und bringen so den Schaffensprozess, die Archäologie des Werkes und die Plastizität von Sprache zum Vorschein. Im Mittelpunkt stehen die Begriffe partizipative Demokratie, Phantom-Fabrik und „Entwerkung“, wie Giorgio Agamben sie beschreibt. Einige Beiträge werden von den Autoren oder von den Besuchern aktiviert, das Publizieren erfolgt also im Kollektiv und unter Aneignung des Raums.

The Broken Sentence
Kuratiert von Karima Boudou

Jimmie DURHAM / Joanne POUZENC

Der Künstler, Dichter und Aktivist Jimmie Durham entwickelt im Dialog mit der Rauminstallation eine Erzählung, die am Spreeufer nahe des DAZ ihren Ursprung nimmt. „Eure ‘Ordnung’ ist auf Sand gebaut“, entgegnete Rosa Luxemburg Anfang des 20. Jahrhunderts ihren Widersachern. Welche Bedeutung hat dieser Satz heute über das tragische Schicksal hinaus, das Rosa Luxemburg mit der Spree verbindet? Der Stein, Symbol für Architektur, wird in seiner Eigenständigkeit und Energie begriffen, die er übertragen kann. Die Architektin Joanne Pouzenc wird im DAZ einen Vortrag halten und einen Zusammenhang zwischen der Spree und dem Projektort herstellen. Welche Poesie, welche Form von Animismus und Rationalitätsverlust können daraus hervorgehen?

Rahmenprogramm

Donnerstag, 24.9.2015
19 Uhr – Performance von Dennis Rudolph: Der Künstler präsentiert eine „öffentliche Entschuldigung“ in einem geschlossenen Raum, die live in den Ausstellungsraum übertragen wird.

Montag, 19.10.2015
18 Uhr – Lesegruppe mit Joanne Pouzenc: Die Architektin diskutiert über vergessene revolutionäre Bewegungen und vergleicht diese mit neuen alternativen (Lebens-)Gemeinschaften an der Spree
20 Uhr – Film und Präsentation von Ali Cherri: Der Künstler präsentiert und diskutiert sein Filmprojekt „The Diggers“ in Rahmen seiner Forschung über Archäologie in der arabischen Welt.

Sonntag, 8.11.2015 (Finissage)
19 Uhr – Lesung von Jason Dodge – Zum Abschluss hält Jason Dodge eine „erzählerische Lesung“, die sich mit Sprache und dem öffentlichen Raum befasst.

Künstlerische Leitung: Marc Bembekoff (Kurator), Matthias Böttger (DAZ) und Cathy Larqué

A SPACE IS A SPACE IS A SPACE

11.9.2015–8.11.2015

Anschließend findet die Performance von Lyllie Rouvière statt, die sich mit der anthropologischen Dimension des Wohnraums beschäftigt.

Deutsches Architekturzentrum DAZ
Köpenicker Straße 48/49
10179 Berlin
Mi–So 14–19 Uhr
www.daz.de

Pressebilder zur Ausstellung und zum Projekt In Extenso – Erweitert stehen zum Download unter folgendem Link zur Verfügung.

Pressekontakt
Bureau N, Silke Neumann
Tel.: +49 30 62 73 61 02
silke.neumann@bureau-n.de

Deutsches Architektur Zentrum DAZ
Benedikt Hotze
Tel.: +49 30 27 87 99 13
hotze@bda-bund.de

Public Space

Projekte im öffentlichen Raum sollten sich zu ihrer Umgebung diskursiv verhalten: Wie können Kunstwerke auf die Vielzahl von Stimmen und Einflüße reagieren? Welche Wirkungen hat diese verwobene und komplexe Beziehung auf beide Seiten?

CelinePoulin_1_CreditMarlenMueller

Bild: Marlen Müller

Discussion In Extenso – Erweitert : Public Space

TRAILER IN EXTENSO – ERWEITERT : PUBLIC SPACE

Exberliner – Interview mit Céline Poulin

“Three questions for… Céline Poulin”

Arte Creative – Interview mit Céline Poulin

“Ich interessiere mich für Kunst, die verstört”

In einem Interview mit Arte Creative erzählt Céline Poulin über Ihre Arbeit als Kuratorin und über das Projekt In Extenso – Erweitert.

Vier Fragen an Céline Poulin

Wie würdest Du den Begriff von „Public Space“ definieren? Eine Analyse des Begriffs “Public Space” muss drei Dimensionen erfassen, und zwar diejenigen, die den öffentlichen Raum ausmachen bzw. bilden: Neben „care“ ist das „Sprache“ sowie “Fiktion“. In ihrem Werk Actors, Agents and Attendants, Caring Culture : Art,Architecture and the Politics of Health fragen die Herausgeber Andrea Phillips und Markus Miessen nach der Beziehung zwischen Kunst, Kultur und der politischen Dimension von „care“.

Der vieldeutige Begriff „care“ verbindet die Institutionen, deren Agenten (Krankenpfleger und -schwestern, Erzieher, Sozialarbeiter, etc.) sowie die öffentliche Hand des „welfare state“ in demokratischen Systemen. Sie gemeinsam implizieren gesellschaftliche Sicherheit und etwaige Unterastützung. Der Terminus „Kurator“ hat den gleichen Wortstamm und bedeutet auch „to take care“ – in diesem Fall, des Betrachters. Das Werk von Andrea Phillips und Markus Miessen kritisiert das Paradigma des „care“ als „ideologisch, paternalistisch, repressiv für das Individuum, für das Besondere und für den (kapitalistischen) Wachstum“ trotz eindeutiger Vorteile, wie „ dem kostenfreien Zugang zu Bildung, der Förderung von Kunst, dem gleichberechtigten Zugang zu Kultur, Erziehung und Pflege.“

Der Begriff des „care“ ist grundlegend, da er die Frage nach den Rollen und Aufgaben im „öffentlichen Raum“ stellt. Dieser Ansatz unterscheidet die Personen, die Hilfe bzw. Pflege im Sinne des „care“ erfahren von denjenigen, die über die Hilfsleistungen bestimmen und entscheiden, wer Anspruch auf sie hat. Trotz des lobenswerten Grundverständnisses schafft dieses Verständnis Machtverhältnisse: Wer schreibt die Regeln vor? Wer befolgt sie? Was geschieht, wenn jemand die Vorschriften nicht befolgen möchte?

Ich verwende hier den Terminus „vorschreiben“, da Macht und Machtverhältnisse im öffentlichen Raum sehr oft eine Frage der Sprache sind: Wer spricht? Wem ist es gestattet, zu sprechen? Was ist die offizielle Sprache? Sich (in Wort oder in Schrift) auszudrücken, hat erheblichen Einfluss auf den öffentlichen Raum und bestimmt die Stellung jeder Person.

Markus Miessen, der neben seiner Autorenschaft auch Architekt ist, verfasste gemeinsam mit Magnus Nilsson von nOffice eine Analyse der Gestaltung desjenigen Raumes, in dem das Wort ergriffen wird. In diesem Zusammenhang betonen sie die regulierende Kraft beweglicher Objekte bzw. architektonischer Strukturen für und im öffentlichen Raum, wie zum Beispiel in einem Amphitheater der Fall: die Anordnung des Raumes bestimmt die Stellung des Sprechers und des Zuhörenden. Die mündliche und schriftliche Sprache zerlegt demnach den öffentlichen Raum. Worte sind auf Wände geschrieben – auf legale Weise durch Werbung und auf illegale Weise durch Graffiti.

Es ist grundlegend, den öffentlichen Raum als diskursiven Raum zu begreifen. Wie Vanessa Desclaux in ihrem Werk „A sequence or a phrase“ analysiert, stellt Grammatik im Rahmen der Kommunikation ein Ganzes dar, das aus Regeln, Sprache regulierenden Konventionen und Normen besteht, aber auch im Rahmen des Wohnens Architektur normiert und Regeln unterliegt.

Auch Jean-Pascal Flavien arbeitet in diese Richtung: Indem er Bewohnern von Häusern grammatikalische Hilfsmittel zur Verfügung stellt (z.B. bewegliche und demontierbare Türen), Eröffnet er einen Raum für ihre Projekten, einen Raum,  in dem sie ihre eigenen Fiktionen gestalten können. Es geht darum, die diskursive Dimension des öffentlichen Raumes zu denken. Natürlich besteht Sprache auch aus Fiktion. Vor allem ist Fiktion fester Bestandteil des Prozesses, der den öffentlichen Raum bildet:  Einerseits projizieren Architekten und Urbanisten ihre Wunschvorstellungen hinsichtlich des Gebrauchs des öffentlichen Raumes, wenn sie Gebäude errichten oder einen Raum organisieren. Auf der anderen Seite sind auch sie durch Bücher, Filme und Comics beeinflusst… Überdies projizieren die Bewohner und Benutzer ihr eigenes „Raster“, das Perzeption und kulturelle Konstruktion in Verbindung bringt, auf die Welt in der sie leben. Deren persönliche und kollektive Fiktionen beeinflussen unmittelbar also die Stofflichkeit des öffentlichen Raumes wie auch Architekten, Künstler und Urbanisten Formen schaffen, die diesen Fiktionen entsprechen.

Man kann ergänzen, dass Fiktion auch den Begriff der Utopie miteinschließt. Aber, wie Jacques Rancière in einem Interview betont, „Das Wort Utopie hegt zwei widersprüchliche Bedeutungen: der Nicht-Ort und der richtige Ort.“ Ein Ort ohne Standort, ohne Einordnung einerseits, und andererseits einen Ort wo man sein soll. Die erste Bedeutung des Wortes ist mit dem Traum verbunden, die zweite mit dem Weg, den man für das eigene Wohl gehen soll, eine Art Gebot.

Nun möchte ich aber zum Begriff des „care“ und seiner demokratischen Mehrdeutigkeit zurückkommen: Eine unglaubliche Aktion des Konzeptkünstlers Raivo Puusemp, die Dissolution Rosendales, ist eine sehr interessante Verkörperung der Verbindung zwischen „care“, Sprache und Fiktion im öffentlichen Raum.

Raivo Puusemp bekleidete zwei Jahre lang das Amt des Bürgermeisters der Kommune Rosendale (ein kleines schuldenbeladenes Dorf im Staat New York, das sich – wie viele andere amerikanische Städte dieser Zeit – mit internen politischen und generationellen Streitigkeiten konfrontiert sah). Das Projekt dokumentiert seine Kampagne bis zu seinem Rücktritt, nachdem er es schaffte die Grenzen des Dorfes neu zu definieren. Er löste Rosendale juristisch gesehen auf und integrierte es in ein Nachbardorf mit demselben Namen.

Für uns ist bei dieser Intervention Puusemps vorallem die Möglichkeit interessant, einen öffentlichen Raum – administrativ gesehen – sozusagen auszulöschen. Er eliminiert diesen Raum konkret, immateriell und selbstverständlich auf diskursive Weise. Der öffentliche Raum Rosendale wird zu einem Nicht-Raum. Die Aktion Puusemps befragt gleichzeitig auch die Autorität des Bürgermeisters und den Einfluss der Sprache in der Gestaltung des öffentlichen Raumes.

Inwiefern bezieht sich deine Arbeit als Kuratorin auf „Public Space“, das Thema, das du im Rahmen des Projekts In Extenso behandeln wirst? In meiner Praxis als Kuratorin spezialisiere ich mich, seit zehn Jahren auf die Gestaltung von Ausstellungen und kontextuelle wie kooperative Projekte. Eine Ausstellung ist für mich eine kontextreiche Plattform, die für jedes Projekt eine Geschichte, ein allgemeines Bild, eine Verbindung mit dem Publikum herstellt. Der soziale, ökonomische, architektonische Kontext, wie das angesprochene Publikum und die den Ausstellungen inhärenten Parameter werden in meinen Projekten kritisch hinterfragt, sei es im den Parc Saint Léger oder in meinen Tätigkeiten als selbstständige Kuratorin mit oder ohne Le Bureau/.

Le Bureau/ ist ein in Paris aktives Kuratoren-Kollektiv, das ich im Jahr 2004 mitbegründet habe. Unser Ziel ist es, Ausstellungen im Sinne eines dynamischen und vermittelnden Raumes zu hinterfragen. Die gemeinsame Arbeit als Kuratoren ist eines der Grundprinzipien des Kollektivs. Den Austausch der Kompetenzen und Sensibilisierungen schaffen Protokolle, die auf eine multiple und relative Lesart das Werk fundieren.

Seit 2010 kümmere ich mich um das Hors-les-Murs Programm des Parc Saint Léger, Zentrum für zeitgenössische Kunst. Dort habe ich Projekte mit verschiedenen Partnern entwickelt, die sich in Räumen abspielten, die kulturelle und soziale Verbindungen schaffen: Museen, Krankenhäuser, Schulen, Schaufenster in der Stadt oder in Einkaufszentren. Die Ausstellungen und Veranstaltungen, die ich organisiere, sind immer für den Raum, in dem sie sich abspielen und mit den Personen, die sie betreuen, gedacht.
Gruppenausstellungen erlauben mir, künstlerische Herausforderungen zu definieren, welche auf die Räume, in denen sie sich entfalten, reagieren und diese problematisieren. Um meine Praxis ins Licht zu rücken, habe ich „Micro-séminaire“ konzipiert. Das Buch thematisiert die kuratorische und künstlerische Praxis. Frankreich hinkt in dieser Hinsicht noch etwas hinterher. Hinzu kommt, dass wir im Hinblick auf Finanzierung von Kultur eine Ausnahme darstellen, wasmit der öffentlichen Finanzierung von Kultur zusammenhängt.

„Micro-séminaire“ bringt den Austausch zwischen sämtlichen französischen Akteuren zusammen, deren Beitrag für die Zusammenarbeit und kontextuelle Praxis zentral sind, so auch die Übersetzung von thematischen Grundlagentexten ( Raqs Media Collective, Hassan Khan, Claire Bishop, Maria Lind). „Micro-séminaire“

Das Projekt In Extenso ermöglicht mir, die Recherche zum Thema Interaktion zwischen Kunst und öffentlichem Raum weiterzuführen.

Was bedeutet es heutzutage eine Kuratorin zu sein? Wie würdest Du die Rolle des Kurators in der Gesellschaft beschreiben? Für mich bedeutet Ausstellungskuratorin zu sein, der Entwicklung einer alternativen Kenntnis der Welt in Zusammenarbeit mit weiteren Akteuren, z.B. Künstlern und anderen, beizutragen. Akademische Kategorien sollten abgeschafft werden, um Fachrichtungen kooperativ zu verbinden. Ich komme vom Hintergrund der Philosophie und des Comics, und berufe mich oft auf den Comics Theoretiker Scott Mc Loud, um meine Arbeit darzustellen. Tatsächlich kann das von einer Kuratorin eingerichtete Display mit der Gestaltung der Zeichnungen eines Comics verglichen werden:

comic

Eine Ausstellung ist eine Montage und eine Plattform für Erkenntnis, da sie durch die Verbindung verschiedener Elemente Sinn schafft. Dieser Sinn wird auch mit den Künstlern, den Forschern und allen anderen beteiligten konstruiert: Eine Ausstellung zu schaffen, ist eine kollektive Praxis.

Aber das Format der Ausstellung allein, ist nicht die einzige Ausdrucksform eines Kurators: Texte, Workshops, Lesungen, Konferenzen sind überdies geeignete Formate.

Welchen Beitrag leistet ein Programm wie Jeunes Commissaires mit einem Projekt wie In Extenso zu deiner Arbeit? Der Prozess des Projektes In Extenso entspricht ganz meiner Arbeitsweise: Kooperation, fachübergreifender Austausch, Forschung, etc. Das Projekt beginnt mit einer Diskussion mit Markus Miessen und Jean-Pascal Flavien und einem Workshop, der die Diskussion mit der Berliner Szene anregt, um die Ausstellung, die 2015 stattfindet, zu entwickeln.

Ich freue mich sehr, von Cathy Larqué, Mathias Böttger und Marc Bembekoff für dieses spannende Projekt um das Thema des öffentlichen Raumes eingeladen worden zu sein.

WORKSHOP: PUBLIC SPACE

Workshop In Extenso – Erweitert: Public Space, 27. November 2014 im Deutschen Architektur Zentrum, mit:

– Yildiz Aslandogan, Architektin
– Fabien Bidaut, Architekt
– Alicia Frankovich, Künstlerin
– Judith Lavagna, Kuratorin
– Aude Pariset, Künstlerin
– Joanne Pouzenc, Architektin
– Cailen Pybus, Architekt
– Tanya Ostojic, Künstlerin
– Vanessa Safavi, Künstlerin
– Cathy Larqué, Leiterin des Bureau des arts plastiques
– Matthias Böttger, Kurator im Deutschen Architektur Zentrum

Der „öffentliche Raum“ besteht aus architektonischem Funktionalismus, städtebaulicher Planung, offiziellen Reden und spontanen Äußerungen/Aktionen, die mittlerweile auch eine nicht zu vernachlässigende virtuelle Dimension haben. Er ist mehr denn je ein geteilter Raum, in dem neue globale Kulturen und Subkulturen entstehen. Hier scheiden sich die Geister und es gibt widersprüchliche Ansichten dazu, ob diese Prozesse als Auf- oder Abwertung zu verstehen seien. Céline Poulin untersucht diese Entwicklung anhand einer Reihe von Schlüsselwörtern und im Gespräch mit den folgenden Künstlern, Kuratoren, Aktivisten oder Architekten: Yildiz Aslandogan, Fabien Bidaut, Alicia Frankovich, Judith Lavagna, Aude Pariset, Joanne Pouzenc, Cailen Pybus, Tanja Ostojic und Vanessa Safavi. Jeder der Workshop-Teilnehmer hatte Gegenstände, Bilder, Texte oder Anekdoten parat, um daraus gemeinsam eine Begriffskonstellation zu erschaffen und den Raum mit sprachlichen Mitteln abzubilden. Das Gespräch dreht sich um die Begriffe Kunst, Stadtraum, Privatheit, Kommunikation, Ethik, Positionierung… Gesprochen wird vor allem darüber, dass jeder für sich den öffentlichen Raum auf verschiedene Arten wahrnimmt: Er wird geteilt, erlebt, durchquert, besetzt, es ist ein utopischer, alternativer Raum, der beschädigt, beherrscht und verändert wird, es ist ein realer oder fiktionaler Raum, virtuell oder auch nicht… Auf jeden Fall ist es ein Raum für individuelle oder kollektive Projektion. Nachfolgend ein Auszug der Gedanken und des Austauschs zu einigen der thematisierten Begriffe.

ANONYMITÄT.
Gestattet es der öffentliche Raum, die Identität eines Menschen auszulöschen, wenn er sich selbst oder durch ein Kunstwerk zur Schau stellt? Die Auslöschung wird von einigen als positiv empfunden (der Künstler als bloßer Übermittler einer höheren Botschaft), von anderen als negativ (Verschwinden der Einzigartigkeit). Gestattet es die ständige Zurschaustellung, auch durch die neuen Formen des sozialen Miteinanders, die Grenzen des Individuums zu erweitern und seine Sichtweise zu verbreiten? Oder geht vielmehr der Einzelne dadurch in der Masse unter? Die Nutzung eines sogenannten unpersönlichen Ortes – eines öffentlichen Platzes, einer Mauer, eines digitalen Mediums – kann das ganz Persönliche einer Sichtweise unterstreichen und umgekehrt. Es ist die Rede davon, „maskiert das Wort zu ergreifen“ und die möglichen Spannungen zwischen privat und öffentlich dazu zu nutzen, Offensichtliches und Verbote und Tabus gegen sich selbst zu kehren und so zu neuen Ansätzen zu gelangen. Es wird über Suzanne Lacy gesprochen und den Gedankengang der Künstlerin bei In Mourning and In Rage: von der Konzeption eines Ausdrucks in den Räumen einer Galerie über die Botschaft auf der Reklametafel bis zu Äußerungen auf der Straße von Teilnehmerinnen und Projektbeteiligten (https://www.youtube.com/watch?v=idK02tPdYV0).

TRANSPARENZ.
Wie kann man die riesigen digitalen Räume heutzutage eingrenzen? Begründen sie ein neues „menschliches Maß“ hinsichtlich der Privatsphäre, Messbarkeit und Erlebbarkeit? Die Künstler gehen auf diese Frage ein, sie bringen mögliche neue Vermischungen von privat und verschlossen, von offen und öffentlich ins Spiel. Es gibt eine hitzige Diskussion, als die Sprache auf das Berliner Projekt von Dries Verhoeven, Wanna Play?Love in Times of Grindr, kommt. Besonders betont werden unsere unterschiedlichen Auffassungen vom virtuellen Raum als öffentlichem Raum und die ideologischen Positionierungen, die dem zugrunde liegen. Die Bildschirme, die unseren Alltag beherrschen, und die dazugehörigen Apps und Programme lassen Verbindungen zwischen einer Vielzahl von Bereichen entstehen. Diese scheinen oft nichts miteinander zu tun zu haben und ihr Zusammentreffen hat gleichermaßen problematische wie faszinierende Folgen.

EIGENTUM.
Die schwierige Eigentumsfrage ist für die Definition des öffentlichen Raums von großer Bedeutung, da sie starken Einfluss darauf hat, wie wir einen Ort wahrnehmen: Wem gehört er? Wer ist dafür zuständig? Ist ein öffentlicher Raum ein Raum, der dem Staat gehört, oder gehört er im Gegenteil niemandem und somit allen? Es gibt privatisierte Räume im öffentlichen Raum, zum Beispiel Werbeflächen (http://www.referenceforbusiness.com/history2/59/JCDecaux-S-A.html). Eigentum ist auch eine gesetzliche Frage im Hinblick auf den freien Verkehr von Waren, Personen und Inhalten. Die Nutzung des Internet, Inbegriff des Freiraums, mag unseren Alltag revolutionieren, aber sie lässt auch Missbrauch zu, dem gesetzliche Strukturen kaum Einhalt gebieten können. Zu welchen Erkenntnissen führen fächerübergreifende Studien, die sich mit den Grenzen unseres Eigentums beschäftigen? Wie legt man die Grenzen dessen fest, was ein Kunstwerk als Phänomen ausmacht?

WIRKUNG.
Ausgehend vom heute herrschenden Kapitalismus ist es nur konsequent, wenn man den neuen Anforderungen zum Teilen des öffentlichen Raumes Rechnung trägt. Jeder punktuelle oder dauerhafte Beitrag hinterlässt Spuren. Wie überträgt man die Wirkung künstlerisch-sozialer Themen auf diesen Raum, der praktisch nie vollkommen frei, vollkommen umsonst oder vollkommen verfügbar ist? Die Installation von Aude Pariset 3 days after; Adeus, Ćao in einem halb leerstehenden Einkaufszentrum in Nevers wirft viele Fragen über das Wesen dieses Raums auf, der zwar privaten Unternehmen gehört, jedoch per definitionem auch ein öffentlicher Raum ist (vor allem als Ort der Repräsentation und des Zusammentreffens). Wenn wir davon ausgehen, dass jede Kunst auf Wirkung abzielt, ist es interessant, Vorgehensweisen zu beobachten, die im kulturellen Kontext aufgehen und sehr zurückhaltend sind, um nicht zu sagen: kaum wahrnehmbar oder unsichtbar. Sie verwirren die „Nutzer“ (Passanten, Zuschauer usw.), wenn sie die Form von Werbung oder funktionaler Architektur annehmen, um deren Doppeldeutigkeit zu betonen.

FREIHEIT.
Der Event-Charakter von Kunst im öffentlichen Raum wird immer wichtiger. Zum operationalen Vorgehen bei einem Kunstwerk gehört deshalb oft die Planung der Wirkung. Zweck dieser Planung kann die Eroberung oder Rückeroberung eines Ortes oder eines Publikums sein. Dieser Aspekt trübt die romantische Auffassung, dass der öffentliche Raum ein Ort sei, an dem die Freiheit der Meinung und des Ausdrucks zum Tragen kommen kann – oder muss. Das betrifft nicht die Äußerungen etablierter Machthaber, sondern individuelle und spontane Äußerungen. Die Bedingungen für die Entstehung von Kunstwerken, die von den Institutionen, die sie ermöglichen, definiert werden, tragen entschieden dazu bei, inwiefern wir den öffentlichen Raum als Freiraum wahrnehmen. Wenn eine Aktion explizit als Kunstwerk angekündigt wird oder im Verdacht steht, Kunst zu sein, ist ihre Wirkung dann in Frage gestellt? Eine Aktion hat als Bestandteil eines Kunstprogramms schließlich einen anderen Sinn, als wenn sie spontan im Alltag erfolgt. Manche Handlungen verlassen deshalb bewusst den Kunstbereich und lassen sich z. B. eher dem Aktivismus zuordnen. Es stellt sich daraufhin die Frage, wie das Projekt zu bewerten sei, wenn es im Kunstbereich wiederholt würde. Raivo Puusemps Projekt Beyond Art – Dissolution of Rosendale ist in verschiedener Hinsicht interessant. Der Künstler hat sich dafür entschieden, als Bürger in einem politischen Kontext aufzutreten und seine Aktion dabei im Einklang mit seiner konzeptuellen Praxis zu gestalten. Die schwierige Zuordnung dieses Beitrags zu einem bestimmten Bereich, zu einem bestimmten Raum (der Auftritt findet überwiegend, aber nicht ausschließlich im sprachlichen Raum statt) ist eine Grundvoraussetzung für das Projekt. Es wird betont, dass es notwendig sei, Zuordnungen und genaue Begrenzungen von Räumen und Konzepten zu vermeiden, denn je mehr man sich mit einem Objekt befasst, desto schwieriger wird es, seine Umrisse zu erkennen, wie Ariella Azoulay in ihrer Studie über den Begriff Revolution schreibt (http://www.politicalconcepts.org/revolution-ariella-azoulay/). Diese Schwierigkeit zeugt von der Komplexität des Objekts als solchem.

TRANSIT.
Wenn die Besetzung des öffentlichen Raumes einer festen Spielregel gehorcht, dann könnte eine Transit-Situation, ein Zwischenraum, ein Übergang eine passende Gegebenheit für die Schaffung eines Werkes mit gesellschaftlichem Bezug sein. Diese Form ist jedoch schwer zu erfassen und einzugrenzen, und die Aneignung lässt sich nur schwer bestimmen und das Eigentum unmöglich zuordnen. Wer kann einen Zwischenraum, einen beweglichen Raum für sich beanspruchen? Es steht allerdings fest, dass sich in einem Übergangsbereich immer die Frage nach der Zugehörigkeit und dem Eigentum stellt, in praktischer wie symbolischer Hinsicht. Beispiele aus der Politik zeigen, dass Übergangsbereiche oftmals Konfliktherde sind. Der Konflikt ist für Künstler eine fruchtbare Art der Begegnung, und wie Chantal Mouffe in einem Interview mit Markus Miessen sagt: „Wir müssen die allenthalben herrschende Einigkeit aufbrechen und zur Dynamik des Konfliktes zurückkehren.“ Es kann deshalb nicht nur darum gehen, einen Transitraum zu besetzen, es müssen vor allem Übergangsbereiche geschaffen werden, eine Art Niemandsland. Wie wird sich der Diskurs in einem Raum ohne spezifische, feststehende Eigenschaften entwickeln?

Céline Poulin

Céline Poulin (*1978) arbeitet seit 2004 als unabhängige Kuratorin und ist seit Juni 2010 für das Programm „Hors les murs“ des Parc Saint Léger zuständig. Dort verantwortete sie verschiedene Projekte wie zum Beispiel „Traucum” (2014), „Minusubliminus“ (2011) in Zusammenarbeit mit dem Museum Loire in Cosne-Cours-sur-Loire) sowie „Triangulation“ (2013) von Alejandro Cesarco in Kooperation mit dem Frac Bourgogne und dem Centre culturel de rencontre von Charité sur Loire.
In ihren Projekten experimentiert Céline Poulin vermittels verschiedener Arbeitsprozesse zu den Themen Bild, Wunsch und Wissen. Durch einen reflexiven  Ansatz befragt sie das Display und die Zusammenarbeit, die jedem Projekt zugrunde liegen.
2013 organisierte sie das Programm „Brigadoon“ in Clermont-Ferrand und im Jahr 2009 und 2010 „Les belles images“ in der Box (Bourges). Innerhalb des von von ihr mitgegründeten Kollektivs le Bureau/ forscht Céline Poulin zur kuratorischen Praxis und initiierte zahlreiche Ausstellungen in unterschiedlichen Strukturen: Darunter La Villa du Parc (Annemasse) in Zusammenarbeit mit dem Mamco, Casino (Luxembourg), Galerie Klemm’s (Berlin), La Synagogue (Delme) sowie Les Laboratoires d’Aubervilliers in Kooperation mit dem Fond National d’Art Contemporain oder in Zusammenarbeit mit dem Institut français („In Extenso – Erweitert | Public Space“, DAZ (Berlin), „Uchronie, des récits de collections“ (Klatovy, Prag) und in Arc-et-Senans in Zusammenarbeit mit  Frac Franche-Comté).
Ihre Arbeiten hält Céline Poulin in Veröffentlichungen fest: www.brigadoon.me (2014), „Micro-séminaire“, édition Parc Saint Léger (2013), „Stellatopia“, édition Parc Saint Léger (2012), „Mecca Nouement“, édition du Crédac (2011), www.lesbellesimages.net (2010), „Un plan simple“, édition B42 (2010) „Mecca Formes souterraines, une géométrie organique“, édition du Crédac (2009).

Céline Poulin ist Mitglied des Verwaltungsrats des Kuratorenvereins c-e-a und der IKT (International Association of Curators of Contemporary Art).

Social Context

Kunst und Architektur reagieren auf den gegebenen sozialen und kulturellen Kontext. Ist es dennoch möglich dieses Verhältnis umzukehren und den Kontext erst zu erschaffen?

KarimaBoudou_1_CreditMarlenMueller

Photographie: Marlen Müller

die Arbeit der französischen Kuratorin Karima Boudou bewegt sich vor dem Hintergrund, dass Kunst und Architektur im Verhältnis zu ihren spezifischen sozialen und kulturellen Kontexten existieren. Demensprechend geht sie von einem unmittelbaren Einfluss sozialer Begebenheiten auf Darstellungen und auf künstlerische Praktiken aus. Diese Annahme stellt in ihrer kuratorischen Praxis jedoch weniger ein Thema an sich dar, als ein Werkzeug, mit dem sie sich ihren Projekten, den Ausstellungen und involvierten Künstlern sowie Kunstwerken nähert. Um diese Annahmen und ihre Arbeitsweise zu diskutieren und hinsichtlich des Individuums zu untersuchen, lädt Karima Boudou die Architektin Laurence Kimmel und den Künstler, Dichter und Schriftsteller Jimmie Durham an den Y-Tisch des DAZ. Gemeinsam werden sie sich den Fragen nähern, wie soziale und politische Prozesse unsere Beziehung zur Umwelt definieren, wie Ästhetik und Architektur darauf reagieren können und wie dies die Idee von uns selbst beeinflusst.

Talk In Extenso – Erweitert: Social Context

Trailer In Extenso – Erweitert: Social Context

Arte Creative – Interview avec Karima Boudou

“Neue Kuratoren braucht das Land Neue Kuratoren braucht das Land: Das deutsch-französische Programm fördert den Nachwuchs”

In einem Interview mit ARTE Creative erzählt Karima Boudou über ihre Arbeit als Kuratorin und über das Projekt In Extenso – Erweitert.

Vier Fragen an Karima Boudou

Wie würdest Du den Begriff von „Social Context“ definieren?
Wie jeglicher Kommunikationsprozess nimmt Kunst im sozialen Rahmen Gestalt an und wird sichtbar gemacht. Es gibt dementsprechend einen unmittelbaren Einfluss sozialer Begebenheiten auf Darstellungen und auf künstlerische Praktiken. Diese Frage erinnert mich an eine Geschichte, die Jimmie Durham in seinem Essay Report to Molly Spotted Elk and Josephine Baker über den Künstler David Hammons erzählt. In den 80er Jahren stellt Hammons in Washington D.C. die Büste Jesse Jacksons mit dem Titel How Do You Like Me Now? aus, die ihn als weißen Mann mit blauen Augen und blonden Haaren darstellt. Die Reaktion der Afro-Amerikanischen Community ließ nicht lange auf sich warten – Das Werk galt als Beleidigung Jacksons. Hammons wollte im Rahmen einer Ausstellung zum Thema Moderne und Afro-Amerikanischer Kultur einen Kommentar zum Unterschied zwischen der Generation des Civil Right Movements und der aufgehenden Hip-Hop-Generation abgeben (der Slogan “How Ya Like Me Now?” entspringt der Rap-Ikone Kool Moe Dee der 80er). Dieses Beispiel zeigt, welche Antwort ein Künstler auf ein kontroverses soziales Problem geben kann, indem er soziale Normen kritisiert. Der Geschichte Jimmie Durhams über seinen Freund David Hammons liegt eine Untersuchung zugrunde, die Kunstgeschichte sowie soziale, politische und geschichtliche Überlegungen miteinbezieht. Dabei steht fest, dass der Künstler keine oder kaum Kontrolle auf die Rezeption seines Werks ausüben kann.

David Hammons, How ya like me now?, 1988

David Hammons, How ya like me now?, 1988

Inwiefern bezieht sich deine Arbeit als Kuratorin auf „Social Context“, das Thema, das du im Rahmen des Projekts In Extenso behandeln wirst?
Aus pragmatischer Sicht, knüpfe ich in meiner Arbeit an dieses Thema an, da ich gerne persönlich mit Künstlern arbeite und neue Projekte für einen spezifischen Raum entwickle. Dieses Projekt stellt auch eine Herausforderung dar, weil zeitliche, finanzielle, räumliche und logistische Beschränkungen gegeben sind. Es ist zugleich auch befriedigend, da die Möglichkeit besteht, tiefgreifende Recherchen anzustellen und die Ergebnisse anschliessend in einer Ausstellung oder in einer Veröffentlichung festzuhalten. „Social Context“ ist für mich eher eine Komponente, ein Werkzeug zum Verständnis für meine Projekte und nicht an sich ein Thema oder eine Spezialisierung. Durch die Analyse des politischen und sozialen Kontexts stütze ich mich mithilfe der Werkzeuge eines Kunsthistorikers in den Ausstellungen auf dieses Feld. Diese Arbeitsweise ermöglicht mir eine ausführliche Kontextualisierung jeden Projektes und erlaubt das Spiel mit der Erzählung, die Zerteilung und Neuzusammensetzung der Informationen, um zentrale Fragestellungen und Problematiken zum Vorschein zu bringen. Unsere politische Meinung und unsere soziale Schicht beeinflussen unsere Forschung und unsere Interpretation der Ergebnisse. Das politische Klima und die Funktionsweise unserer Gesellschaft, wie z.B. im oben beschriebenen Fall Hammons determinieren, wie die Informationen eines „Social Context“ interpretiert werden und sich in einem Werk verkörpern. Diese Herausforderungen verdoppeln sich in meiner Arbeit: Sie existieren im Werk des Künstlers und im Kontext der Ausstellung. Es erscheint mir jedoch unabdinglich das Gleichgewicht zwischen einer formalistischen Herangehensweise (Analyse der plastischen Qualitäten des Werks) und der Beziehung zu einer Art Verpflichtung des Künstlers beizubehalten. Angewandt auf Architektur kann ein spannender Bezug zum Begriff des Fortschritts eingebunden werden. Wie kann Architektur eine Sprache sein, die diese Idee unterstützt? Wie kann diese Sprache wiederum kritisiert werden, z.B. durch die Entropie oder den Begriff der „Anti-Architektur“ Jimmie Durhams?
Was bedeutet es heutzutage, eine Kuratorin zu sein? Wie würdest Du die Rolle des Kurators in unserer Gesellschaft beschreiben?
Die Rollen, die ein Kurator einnimmt und die Kompetenzen, die seine Tätigkeit erfordern sind sehr breit gefächert und verändern sich je nach Kontext. Jenseits der Entscheidungen die getroffen werden, wohnt meiner Ansicht nach diesem Beruf eine wesentliche soziale und politische Rolle inne, die allein durch das Wissen über kulturelle, soziale und politische Geschichte eingenommen werden kann. Dies erfordert für Künstler und für Kuratoren einen Balance-Akt zwischen kultureller Verpflichtung und Gestaltungs- und Gedankenfreiheit. Außerdem meine ich, dass der Künstler in der Beziehung Kurator-Künstler die vorrangige Position einnimmt. Ich erlaube einem Künstler gerne sein Projekt genau so zu realisieren, wie er es sich vorstellt – selbstverständlich stets im Rahmen der finanziellen und logistischen Möglichkeiten. Meine Rolle ist die eines Vermittlers- Warum sollte man sonst diese Tätigkeit ausüben? Diese Beziehung verändert sich jedoch, wenn sich eine Ausstellung um das Werk verstorbener Künstler dreht. Dies war z.B. 2013 im De Appel der Fall, als ich in Zusammenarbeit mit anderen Kuratoren anhand von Werken aus der Region Nordbrabant die Nachkriegszeit verhandelte.
Welchen Beitrag leistet ein Programm wie Jeunes Commissaires mit einem Projekt wie In Extenso zu deiner Arbeit?
Das Format und die Beschaffenheit des Projektes In Extenso bieten einen Spiel- und Experimentierraum, der es mir erlaubt, Ideen und Denkweisen auszutesten, die in einer „traditionellen“ Ausstellung nicht unbedingt möglich gewesen wären. Jenseits der Frage nach der Beziehung zwischen Kunst und Architektur ermöglicht diese Herangehensweise das Arbeiten in verschiedenen Schritten und erlaubt, insbesondere die Legitimität und das Wesen des Bezuges zwischen diesen beiden Fachgebieten in Frage zu stellen- Durch Problematiken, die an einer etablierten Gesellschaftsordnung rütteln. Daneben gehe ich davon aus, dass dieses Projekt eine Austausch- und Diskussionsplattform ermöglicht, die langfristig den Ideenaustausch belebt. Da ich meine Inspirationen größtenteils außerhalb der zeitgenössischen Kunst suche und finde, bietet dieses Projekt für meine laufenden Forschungen ein probates Format.

Workshop Social Context

Freitag, den 26. September 2014

Workshop In Extenso – Erweitert : Sozialer Kontext, 25. September 2014 im Deutschen Architektur Zentrum, mit:

– Karima Boudou, Kuratorin
– Jörg Stollmann, Architekt und Professor
– Bani Abidi, Künstlerin
– Cathy Larqué, Leiterin des Bureau des arts plastiques
– Matthias Böttger, Kurator im Deutschen Architektur Zentrum

Die Kunstgeschichte ist eine Ballung von Räumen. Wie die Einzelteile einer Uhr wird jedes Monument vorsichtig dort platziert, und das, was es erzählt, dreht sich immerzu um die Künstler und deren Hintergrund. Man meint, den Werken der Künstler viel Sinnhaftigkeit verleihen zu können, indem man sie bestimmten Stätten, Räumen und Orten zuordnet: Herkunftsort und Exil, privater und öffentlicher Raum, soziales und politisches Umfeld, Ort des Austauschs und des Handels, Grenzen der Ethik und des Urteils, akademischer und institutioneller Bereich, Grenzen zwischen Mainstream und Underground, in situ und ex situ.

Die Benennung dieser Räume wird oft verbunden mit Schulen und Stilen, mit Netzwerken und Einzelpersonen, mit bestimmten Gegenständen und kurzen oder langen Geschichten. Indem man versucht, den „Werdegang“ eines Künstlers nachzuzeichnen, glaubt man besser zu verstehen, was ihn geformt hat und was ihn zu seiner Kunst veranlasst hat. Indem man sich seinem „Herkunftsort“ nähert, glaubt man, seinen Ausgangspunkt eingrenzen zu können.

Was aber, wenn der Künstler eine widersprüchliche, nicht kontinuierliche Beziehung zu seiner Herkunftsstätte hat? Die pakistanische Künstlerin Bani Abidi schleudert uns mit ihren engagierten Fotos und Videos in labyrinthartige, zerstörte oder verlassene Räume. Ihre Arbeit – eine Mischung aus Performance, Fiktion und Dokumentation – lädt zum Nachdenken ein über kolonisierte, geteilte, im Konflikt befindliche oder gar zerstörte Länder und deren Bezug zu den Massenmedien. Es stellt sich die Frage danach, wie ein Bezug zwischen der Kunst und dem Ort entstehen kann. Wir folgen einem Mann durch eine Kino-Ruine. Wir stehen in einer Schlange mit Menschen, die geduldig darauf warten, kontrolliert zu werden. Das Temporäre eines jeden Ortes, die Endlichkeit der architektonischen und menschlichen Räume werden so verdeutlicht.

Der Architekt Jörg Stollmann regt an, sich mit den Räumen zu befassen, die dem Künstler eigen sind: mit dem biografischen Kontext des Autors und dem Kontext, indem er sein Werk ansiedelt. Es stellt sich dabei die Frage nach ihrer Funktion im Prozess der Neuerung. Welchen Anteil hat die Erfahrung an der Schaffung eines neuen Produktes oder Ortes? Die Kunst, wie auch die Architektur, erscheint als geeignetes Mittel, die vermeintlich perfekte Gleichung vom Raum und Kausalität ins Wanken zu bringen: hinsichtlich der persönlichen und historischen Biografien ebenso wie hinsichtlich der Rezeption von Interventionen in einem speziellen Kontext.

Die Kuratorin Karima Boudou äußert den – modernistischen – Begriff des Monuments, vertikal und fest, im Hinblick auf die Möglichkeit für den Zuschauer oder „Nutzer“, sich in ein Kunstwerk einzubringen. Es stellt sich folgende Frage: Wie schafft man Einmischungsmöglichkeiten für den Menschen, die sich nicht nur auf den künstlerischen Raum auswirken, sondern auch auf das Leben in einer Stadt, einer Gesellschaft, einer Bevölkerung? Indem Boudou den amerikanischen Künstler David Hammons als Beispiel anführt, betont sie, dass ein Zusammenbruch – oder zumindest eine Neuorganisation – der Vormachtstellung des Monuments durch künstlerisches oder architektonisches Wirken möglich ist, und dass die verschiedenen Sprachen, die ein Werk umgeben, dem Teilen dienen, zum Verstehen einladen und vielleicht auch zur Teilhabe am Diskurs. Es wird angemerkt, dass der Begriff Kontext niemals als gesichert und transparent gelten kann, ebenso wenig wie die zahlreichen Macht- und Einflussmechanismen, die man mit einem Ort verbindet, wie z.B. Gefühle, Institutionen, Politik, Kommerz.

Dem privaten Raum, als Gegenpart zum „öffentlichen“ Raum, kommt bei der Betrachtung des sozialen Raums im Allgemeinen eine besondere Bedeutung zu. Traditionell wird diesem eher hermetischen privaten, häuslichen Raum der öffentliche Raum entgegengesetzt, dem – zusammen mit den Architekten und Stadtplanern – die Aufgabe zukommt, der Zivilgesellschaft eine Form, einen Raum zu geben und sie zu repräsentieren. Gleichzeitig ist es Aufgabe des privaten, bürgerlichen Raumes, die Familie mit ihren Hierarchien zu schützen oder gar zu idealisieren. Die typischen Vorstadt-Wohnviertel sind das beste Beispiel für dieses Konzept; sie liegen isoliert am Rand der chaotischen Stadt und geben sozialen Problemen (Schicht, Herkunft, Rasse) auf diese Weise Form, Raum und Zeit.

Ob diese typische Struktur heute noch Bestand hat, ist zu bezweifeln. Durch das Streben nach wirtschaftlichem Gewinn zieht es den Einzelnen eher in das Stadtzentrum als an den Stadtrand, da er dort am städtischen, kosmopolitischen Leben der Gesellschaft teilhat. Karima Boudou merkt hierzu an, dass man beobachten muss, wie diese Dynamiken es den Künstlern ermöglichen – oder erschweren – ihr Wirken in das Leben der Gesellschaft zu integrieren. Jörg Stollmann ergänzt, dass diese Feststellung auch für Stadtplaner und Architekten gilt.

Die Zuteilung von Räumen an Gemeinden gehorcht oftmals politischen und moralischen Strukturen und wird von einem mehr oder weniger starken Wunsch nach Kontrolle genährt. Man will die verschiedenen Gruppen in ihren jeweiligen Räumen verortet wissen und ihre Ausbreitung regulieren können. Der Mehrdeutigkeit einer jeden Struktur, eines jeden Ortes wird nur wenig Raum gegeben, oft zugunsten eines völlig unangebrachten Oberflächen-Formalismus.

Auf kritische Weise beschäftigten sich in den Siebzigerjahren die Strömungen der „Earth Art“ oder „Land Art“ mit dieser Frage. Sie gingen entschieden die Probleme der site-specific art und des konzeptuellen Wirkens allgemein an. Sie ermutigten die Künstler, den Reichtum der Natur und der Rohstoffe zu nutzen, Landkarten, Landschaften und deren Bewohner mit einzubeziehen.

Es zeigt sich heute wieder, dass Kunst und Künstler und vergleichbar auch Architektur und Architekten Körper und Räume besser miteinander verbinden könnten, wenn makroskopische Umweltparameter und die persönliche Erfahrung des Einzelnen in die kuratorische Tätigkeit einfließen.

Karima Boudou zitiert Laurence Kimmel, die den zeitgenössischen Tanz als eine „Abfolge von Ungleichgewichten“ beschreibt. Wäre es da nicht vielleicht an der Zeit, nach einer „Revolution in Bewegung“ zu streben? So könnte man an allem teilhaben, was in der weiten Welt vorgeht, ohne vorrangig über konkrete Interpretationen nachzudenken. Und würden Künstler und Architekten, wenn man neue Anziehungspunkte und neue Ungleichgewichte schafft, nicht eher versuchen, vor allem unsere sozialen Wahrnehmungen zu verändern, anstatt neue Objekte zu konzipieren, und so neue Kontexte entdecken?

Bild: David Hammons, Shoe Tree, 1981
Text: Jeanne-Salomé Rochat

Karima Boudou

Karima Boudou (*1987) arbeitet derzeit als unabhängige Kuratorin in Frankreich und in Marokko. Sie studierte Kunstgeschichte in Montpellier und Rennes sowie Philosophie in Nanterre, Frankreich. Anschließend absolvierte sie 2012-2013 das De Appel Curatorial Programme in Amsterdam. 2011 war sie Mitbegründerin des unabhängigen Kuratoren-Kollektiv DIS/PARERE. Sie initiierte in Marokko die Struktur AGENCE, die Projekte zu den Themen Wirtschaft und Autorschaft entwickelt. Sie trägt dem Magazin Contemporary And bei und führt daneben unabhängige Forschungsprojekte in Marokko. Zuletzt kuratierte sie eine Einzelausstellung von Donnelle Woolford, die im Rahmen der Marrakech Biennale 2014 präsentiert wurde.

Sie kuratierte u.a. die folgenden Ausstellungen: À la recherche de l’exposition présente (2012, Frac Bretagne, Rennes), Bourgeois Leftovers (2013, de Appel Arts Centre), Ce lieu n’est pas la maison de Descartes (2013, Institut Français des Pays-­Bas, Amsterdam), Le Signe Route (2013, L’appartement 22, Rabat), Performer, Artisan, Narrator (Donelle Woolford, 2014, Biennale de Marrakech, Marrakech), You can delete any comment that you create (2014, InBetween, Bruxelles).

Performance

Wenn performatives Handeln einerseits die räumliche Anordnung in der etwas stattfindet abbilden kann, wäre es andererseits auch möglich, diese räumliche Wirkung zu minimieren und die Aufmerksamkeit auf die flüchtige Zeit zu richten?

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Am 22. Mai startete „In Extenso – Erweitert“: Die Kuratorin Agnès Violeau wird sich gemeinsam mit der Autorin und Philosophin Léa Gauthier sowie dem Künstler Christian Jankowski dem Thema „Performance“ nähern. In Vorbereitung auf die Diskussionsrunde am Y-table des Deutschen Architektur Zentrums DAZ haben wir mit Agnès ein Interview geführt, das nicht nur Einblicke in ihre Definition von Performance und ihr kuratorisches Selbstverständnis gibt:

Talk

Trailer In Extenso – Erweitert: Performance

Vier Fragen an Agnès Violeau

Wie würdest Du den Begriff von Performance definieren?
Als unabhängige Kuratorin beschäftige ich mich bereits seit zehn Jahren mit diesem Begriff. Performance ist zu allererst Intention und ihre Interpretation rekurriert auf den Körper bzw. dessen Präsenz. Daraus ergeben sich eine Vielzahl an Möglichkeiten, besonders seit den Nullerjahren, als die Grenzen zwischen den künstlerischen Disziplinen immer poröser wurden, die Bildenden Künste sich Mittel der Darstellenden Kunst zu eigen machten und ein gewisser Hang zur Theatralität Einzug hielt. Im Übrigen ist der Einfluss der Schule des neuen Tanzes und der Choreografen der neunziger Jahren (Xavier Le Roy, Jérôme Bel, und später Boris Charmatz) auf die heutigen Künstlern deutlich erkennbar. Dieses aktuelle Interesse an Performance steht für mich in enger Verbindung zu den Entwicklungen um die  Jahrhundertwende. Ich mag den Gedanken von RoseLee Goldberg, wonach Performance eine Art der Konzentration aller Medien ist – Bildhauerei, Malerei, Video – deren Trennung sie in Frage stellt, um dadurch eine neue Form künstlerischer Freiheit zu finden. Seit ein paar Jahren, und die Krise hat das sicher bestärkt, sehnen wir uns nach Körperlichkeit, einer Begegnung mit dem Anderen. Performance offenbart einen Moment des Innehaltens, der Verlangsamung; sie verlangt die Präsenz des Künstlers sowie die unsrig als Zuschauer. Vor allem strebt Performance nicht unbedingt, nach Ergebnissen, nach heroischen oder spektakulären Gesten, sondern beweist, dass eine Alternative zum Wettbewerb, zur Performance im Sinne der Effizienz möglich ist, die vor allem mit Austausch, mit dem Leben zu tun hat. Sie entspricht der komplexen wirtschaftlichen Phase, die wir heute erleben und weniger jener der 80-90 Jahre… Übrigens hat sich in Ländern wie Latein Amerika und Osteuropa eine historisch relevante performative Szene zu einer Zeit entwickelt, als es,  lediglich den Körper als „Arbeitsmittel“ gab, um öffentlich präsent zu sein.

Inwiefern bezieht sich deine Arbeit als Kuratorin auf Performance, das Thema, das du im Rahmen des Projekts In Extenso behandeln wirst?
Als Kunsthistorikerin und Museumswissenschaftlerin war meine erste Herausforderung nach dem Studium die Koordination eines Projektraums. Dort arbeitete ich mit den Künstlern eng zusammen, um temporäre wie permanente Projekte vor Ort zu realisieren. Sehr schnell habe ich in dieser Zeit festgestellt, dass meine Interessen und vielleicht auch meine Fähigkeiten, von Begriffen wie „Hier“ und „Jetzt“ gesteuert sind. Die Künstler, mit denen ich arbeitete, waren unheimlich aktiv und umtriebig. Alles war permanent in Bewegung und im Entstehen, nichts war  in Stein gemeißelt oder bestand Schwarz auf Weiß. Alles wurde in „Echtzeit“ gebaut und umgesetzt. In diesem Kontext ist auch die kuratorische Zeitschrift J’aime beaucoup ce que vous faites entstanden, die den Schaffensprozess von bildenden sowie literarischen Werken thematisiert. Und dann habe ich etwas kennengelernt,   was noch beweglicher und weniger monadisch war als die Praktiken der Künstler, mit denen ich bisher zusammenarbeitete: die Live Praxis. Als ich dabei war, in die Welt der Performance durch Lautpoesie und öffentliche Lesungen einzutauchen, wurde ich zusammen mit Christian Alandete (Mitbegründer und Kodirektor der Zeitschrift JBCQVF) von der Ricard Stiftung dazu eingeladen, das Programm „Fiction-Lectures performées“ zu kuratieren. Dieses neue Projekt gab mir die Gelegenheit, die Suche nach neuen Formen von Performativität zu vertiefen, unabhängig von historischen Modellen, die mit dieser Ausdrucksform eine politisch engagierte Kunst bezeichneten, die nichts mit lebendiger Kunst zu tun hatte (per oder proforma, „durch die Form“, das ergab to perform, „erledigen, machen“ oder im alten Französisch parformance, „formen“). Obwohl meine Vorgehensweise überwiegend auf Fragen zur Sprache und ihres unerschöpflichen Potentials an Aktivierungsmöglichkeiten (Am Anfang war das Wort) beruht, besonders auf den Gedanken und Notationen zur Performativität von John Austins, denke ich, dass der Körper unser einziges tatsächliches Eigentum ist; und genau darum geht es bei der Performance.

Was bedeutet es heutzutage eine Kuratorin zu sein? Wie würdest Du die Rolle des Kurators in der Gesellschaft beschreiben?
Den Begriff curating ziehe ich gern vom Etymologischen her auf. Die Rolle des Kurators ist es nicht nur für die Künstler „Sorge zu tragen“ sondern auch für das Publikum. Historisch betrachtet, hat der Kurator aber auch noch eine weitere interessante Funktion: im antiken Rom war der curador für die Sicherheit des Straßenverkehres im Stadtstaat, der polis, zuständig. Mir gefällt die Vorstellung des Kurators als eine politische Persönlichkeit: Im Mittelalter gab es eine priesterliche Figur namens curatus, deren Aufgabe darin bestand, die Seelen auf dem Weg ins ewige Leben zu begleiten. Ich denke, dass der Kurator ein intellektuelles sowie gefühlsmäßiges Bewusstsein mit dem Künstler teilt, das Elie Durings „Mäeutik des Denkens“ (Maïeutique de la pensée) entspricht; ob sich dies tatsächlich in irgendeiner Form verfestigt oder nicht, spielt keine Rolle. In zweiter Linie soll der Kurator einen kontinuierlichen Dialog führen. Deleuze betonte übrigens, dass das Schaffen eines Konzepts oder einer Idee bereits eine echte Kreation sei – in gleicher Weise wie Malerei bzw. jegliches Werk bildender Kunst. Für mich ist Kunst, wie Roland Barthes es ausdrückt, die schönste Brille, durch welche die Welt betrachtet werden kann.

Welchen Beitrag leistet ein Programm wie Jeunes Commissaires mit einem Projekt wie In Extenso zu deiner Arbeit?
In erster Linie erlaubt es mir die Möglichkeit zu reisen, Akteure aus verschiedenen Disziplinen und mit unterschiedlichen Fragestellungen kennenzulernen und dadurch auch andere Perspektiven einzunehmen. Jeunes Commissaire bietet mir die Gelegenheit, meine Arbeit neu zu denken – was man eigentlich jeden Tag machen sollte. Es ist wichtig, nicht der Gewohnheit zu verfallen. Man sollte verhindern, sich im Mainstream, was dem heutigen Akademismus entspricht, zu verankern. Ebenso gefällt mir der Kontext- und Sprachwechsel, was  die Struktur meines Denkens und de facto meine Praxis beeinflusst. In meinen Recherchen beschäftige ich mich mit möglichen Verhaltensformen, ihrem Entstehen und ihrer Setzung sowie ihrer Bedeutung für Ausstellungen, Wie ist Performance vom Ereignis zu unterscheiden? Wie kann man eine Absicht fern eines bloßen Archiv- bzw. Dokumentaransatzes verfolgen, d.h. in der selben Zeitlichkeit des menschlichen Lebens? Mit In Extenso untersuche ich Raum und Architektur durch die Brille der manchmal sehr autotelischen Darstellenden Kunst. Dies sollte mir erlauben, mich gründlich mit dieser elastischen Verbindung tiefer zu befassen und gleichzeitig meinem Arbeitsparadigma treu zu bleiben, das aus zwei meiner Forschungsachsen – dem Gemeingut und der Performance – sowie verschiedenen ähnlichen Themen besteht (Identitätssuche, Verantwortlichkeit, Widerstand, Emanzipierung, freier Wille, Beziehung zwischen physikalischem und gemeinsamen Körper). So gesehen geht es hier um eine Kunst des Lebens.

Bild: Marlen Müller

Workshop Performance

Freitag, den 23. Mai 2014

Workshop In Extenso – Erweitert: Performance, 23. Mai 2014 im Deutschen Architektur Zentrum.
Teilnehmer:

– Agnès Violeau, Kuratorin,
– Léa Gauthier, Philosophin,
– Gabi Schillig, Architektin,
– Dennis Rudolph, Performer,
– Louise Desbrusses, Dichterin und Performerin,
– Judith Seng, Designerin und Performerin,
– Cathy Larqué, Leiterin des Bureau des arts plastiques,
– Marc Bembekoff, Leiter des Centre d’art contemporain La Halle des bouchers,
– Matthias Böttger, Kurator im Deutschen Architektur Zentrum

Wir waren aufgefordert, uns mit möglichen Definitionen der ebenso offenkundigen wie wechselhaften Kunst der Performance zu befassen sowie ihrer dimensionalen Komplexität – Produktion, Ausstellung, Verbreitung und vor allem Dokumentation – und standen sogleich vor einem Dilemma: Jenseits der Performance und ihrer Ausformung, dem performativen Akt als solchem, ist noch etwas, der Raum. Ein physischer, visueller, sozialer, organischer Raum, von dem man annimmt, dass er dem performativen Akt vorausgeht und ihn wohl auch überdauern wird. Der Künstler Dennis Rudolph kann ein Lied davon singen: In Rahmen seines Projektes Portal to Hell or Paradise auf der Desert Butte, einem Felsturm nahe California City, Exil zwischen Himmel und Erde, hat er eine Passage to Nowhere errichtet, mit der er seine Überzeugung bestärkt und festigt, dass die Kunst nichts auf der Welt zu ändern vermag. Ihm zufolge vergrößert die Kunst nur das uns umgebende Chaos.

Je mehr man darüber nachdenkt, desto schwieriger erscheint es, einen idealen Raum für die Präsentation dieser Kunstform definieren zu können. Warum sollte man ihn überhaupt definieren? Um einen attraktiven Rahmen zu haben, ein gefälliges Format? Ein System, mit dem man alles erweitert oder vereinfacht, um es besser adaptieren, übersetzen, kontrollieren zu können? Welche Rolle spielt der Kurator, dem es obliegt, dies sichtbar zu machen?

Was die Kunst angeht, so steht fest: Die Performance wird gemacht, die live art findet buchstäblich statt, etwas belebt den ihr zugestandenen Raum, ja sogar mehr: Die Performance behauptet sich. Obgleich man bestrebt ist, sie zu unterstützen, sie zu fassen, scheint sie oft einen neuen Raum zu erschaffen, ob man – wir, die Kuratoren, wir, die Künstler, wir, die Sammler, wir, die Besucher, wir, die anderen – will oder nicht.

Der Wunsch bleibt, die entscheidenden Bestandteile zu definieren: Wird der Ort (the space, le lieu usw.) der performativen Kunst durch die Aktionen definiert, die ihn darstellen? Oder werden die Aktionen von den Gegebenheiten des Raumes beeinflusst? Anders gesagt: Wird die Performance durch das Drehbuch, die Partitur, den Plan definiert, oder eher durch ihre Wirkung auf die Umgebung, auf die neuen Linien, die sie mit ihrem lebendigen, organischen, belebten und flüchtigen Charakter setzt, ganz wie das Leben selbst?

Die Teilnehmer betonen, dass die Definition über die Absicht erfolgt, aber es wird auch über die Kraft nachgedacht, mit der Kunst den Raum komplexer macht, sich neu definiert, ihre Gewohnheiten ändert und dadurch auch die Regeln ihrer Rezeption dort, wo sie gezeigt werden sollte. So wie bei der Passage to Nowhere, bei der alles gescheitert ist – der Künstler kam als Einziger zur Vernissage – und dadurch alles möglich wird.

Die Performance ist ein Balanceakt zwischen Dynamik und Statik, weshalb sie logischerweise neue Definitionen und einen neuen Sinn erhält, neue Grenzen festlegt und ein neues Potential entwickelt, wenn sie von einem Rahmen in einen anderen verlegt wird: vom Museum in die Galerie, von der Straße in die Wohnung des Sammlers, vom Moment der Aufführung zum Moment der Kritik. Dabei wird die Performance ständig codiert und decodiert, erneut codiert und wieder decodiert. Es wird angemerkt, dass die Performance in der Tat vom architektonischen Rahmen abhängt und dass der institutionelle Rahmen ihre Existenz gestattet. Wie schafft man einen Raum, in dem Künstler und Kuratoren oder auch Perfomer und Architekten gleichberechtigt aktiv diskutieren, sich anstecken, und verhandeln können?

Einige sind der Auffassung, dass der performative Akt in der Lage ist, dem Raum Ausdruck zu verleihen. Andere betonen, es sei die Pflicht des Künstlers, über den Akt hinaus neue Räume zu erschaffen. Wie kann man der Performance Mittel für ihre zukünftige Entwicklung (die Post-Performance) geben, wenn ihr Wesen darin besteht, neue Räume und neue Rahmen zu erschaffen, Schritt für Schritt im Falle eines Tänzers, Knoten für Knoten im Fall der genähten Skulpturen von Gabi Schillig?

Es wird ein Wesenszug der Performance herausgearbeitet, der womöglich typisch für das Format ist und dem aristotelischen Begriff der Spontanzeugung nahekommt: Der Live-Künstler wäre demnach eine Maschine, die neue Räume gebiert: visuelle, soziale, politische und noch viele mehr. Das erschwert dem Kurator die Arbeit, der sich Systeme ausdenken muss, in die er dieses Genre eingliedert oder einbezieht. Ist es das Schicksal der Live-Kunst, isoliert zu sein oder sich womöglich spontan selbst zu isolieren?

Parallel dazu wird angemerkt, wie sich der – wachsende – Trend zur Privatisierung und Monetisierung der Räume, infolge unserer neoliberalen Gewohnheiten, auf diese Räume des Austausches auswirken kann. Wäre es im Hinblick auf die Performance clever, in den Künstler zu investieren, der neue Räume zu schaffen vermag, oder den Raum zu transzendieren, in dem er auftritt? In dieser Hinsicht bietet die starre und definierte Skulptur weit weniger Expansionsmöglichkeiten. Wer wird sich denn für das zertifizierte Barrel anstatt der Ölquelle entscheiden?

Gleichzeitig könnte das Bild des menschlichen Körpers als Währung dienen, als Symbol und Maßeinheit zugleich: eine lebende Skulptur, die Räume zu definieren und zu erschaffen vermag und gleichzeitig von ihrer Umgebung modelliert wird. Dafür muss man nicht einmal Künstler sein. Man denke z. B. an den öffentlichen Raum und an das Wort Demonstration, das im Französischen mit manifestation (Ausdruck, Bekunden) übersetzt wird. Der einzelne Körper und der Körper unter Körpern, der dynamische Körper und der statische Körper, der Körper als greifbares und flüchtiges Element. Der Körper des Künstlers, des Kurators, des Publikums, des Käufers, des Kritikers, nichts als Körper und ihre Stofflichkeit, ihr Potential zur Charakterisierung, zum Erleben des Inhaltes des Werkes und zum Übersetzen in andere Sprachen. Gerade im Vergleich zum narrativen Potential der Sprache ist man hierbei sicher, dass das Erlebte im und auf dem Körper Spuren hinterlässt und dass es nicht wiederholbar ist. Ein gutes Beispiel dafür ist die Arbeit von Judith Seng, die auf der Kunstmesse Art Basel Design in einem Produktionszyklus von 15 freien Objekten pro Tag eine Gruppe von Tänzern und einen einzigen Stoff inszenierte.

Schließlich ist man versucht, auf die demokratischen Wurzeln des öffentlichen Raumes einzugehen, der laut Rosalyn Deutsche „ein leerer Raum“ ist, der immerzu geleert wird von Bedeutungen, die über seine Leere hinausgehen. Dadurch können Körper und Aktionen dort Aufnahme finden und ihm vorübergehend einen Sinn geben, bevor sie wieder verschwinden und in den Zustand des Offenseins, der Unbestimmtheit und Unvollkommenheit zurückzukehren. Wie schon Rem Koolhaas sagte: „The general urban condition is happening everywhere“, vielleicht sogar on the other side, um die tagline der Passage to Nowhere von Dennis Rudolph wieder aufzugreifen. Wer weiß?

Bild: „Entrance California City“, 2013, ©THE|PORTAL
Text: Jeanne-Salomé Rochat

Agnès Violeau

Agnès Violeau (*1976), unabhängige Kuratorin und Kunstkritikerin, ist Mitglied der Kuratorenvereine IKT und c-e-a. Sie leitete den konzeptuellen Raum „Site Odeon5“ und war für das Kunst-Programm des „Point Ephémère“ in Paris zuständig. Sie ist Mitbegründerin der Kunst- und Literaturzeitschrift J’aime beaucoup ce que vous faites, welche den Performance Zyklus Fiction_ Lectures Performées in der „Fondation Ricard“ initiierte. Zurzeit nimmt Agnès Violeau am Performance Programm des „Espace culturel Louis Vuitton“ in Paris teil, schreibt für Vogue Digital, unterrichtet Museology und arbeitet an einer Publikation zum Thema Kuratieren als raümliches „Schreiben“ als eines Ansatzes der Kunstkritik. Sie kuratierte u.a. die folgenden Ausstellungen: La part du blanc – Nemours, Opalka, Parmiggiani (2001, Paris), Extra-light – Armleder, Verjux, Violette (2008, Point Ephémère, Paris), Signs of Life (2012, Nuit Blanche, Montréal), Experienz – performing art platform (2012, Wiels, Bruxelles) sowie Des choses en moins, des choses en plus : les collections protocolaires du CNAP (2014, Palais de Tokyo, Paris).

In Extenso Intro

In Extenso – Erweitert
How to rethink space and matter?

Ein Projekt des Bureau des arts plastiques des Institut français in Kooperation mit dem Deutschen Architektur Zentrum DAZ
Von Mai 2014 bis November 2015

A SPACE IS A SPACE IS A SPACE
Im Deutsches Architektur Zentrum Berlin
Vernissage 10. September 2015
Ausstellung 11. September – 8. November 2015

Kader ATTIA / Rosa BARBA / Nina BEIER & Marie LUND / Laetitia BÉNAT / Peggy BUTH / Natalie CZECH / Jason DODGE / Jimmie DURHAM / Jean-Pascal FLAVIEN / Alicia FRANKOVICH / Rainer GANAHL / Christian JANKOWSKI / Thomas LOCHER / Markus MIESSEN / Joanne POUZENC / Michael RIEDEL / Lyllie ROUVIÈRE / Dennis RUDOLPH / Vanessa SAFAVI / Eric STEPHANY / Rosemarie TROCKEL / Clémence de la TOUR DU PIN / Tris VONNA-MICHELL

Das Bureau des arts plastiques des Institut français entwickelt im Rahmen des Nachwuchskuratoren-Programms Jeunes Commissaires in Kooperation mit dem Deutschen Architektur Zentrum DAZ das Projekt In Extenso – Erweitert und stellt die Frage How to rethink space and matter? Vier französische Kuratorinnen – Agnès Violeau, Karima Boudou, Céline Poulin und Florence Ostende – sind eingeladen, sich den Themen Performance, Social Context sowie Public Space  in einer von ihnen gestalteten öffentlichen Diskussion und in Workshops experimentell zu widmen: Ein offener und fortlaufender Austausch untereinander und mit eingeladenen Künstlern, Architekten und Denkern aus Deutschland und Frankreich soll entstehen. Im Grenzbereich zwischen Architektur und unterschiedlichen Disziplinen der Bildenden Kunst eröffnet sich allen Teilnehmern die Möglichkeit der erweiterten Interaktion. Diese Kontextverschiebung, bei der performative sowie narrative Ausdrucksformen einbezogen werden, berücksichtigt sowohl den physikalischen Raum als auch den sozialen Kontext. Die Ergebnisse von In Extenso – Erweitert werden in einer zweiten Projektphase ab September 2015 im DAZ präsentiert.

Die Entstehung und der zugrundeliegende Forschungsprozess wird hier dokumentiert und öffentlich zugänglich gemacht, außerdem regelmäßige Updates zu den Sprechern und Gästen des jeweiligen Themenabends.

Künstlerische Leitung:
Marc Bembekoff (Direktor Centre d’art contemporain La Halle des bouchers Vienne) Matthias Böttger (DAZ), Cathy Larqué

WORKSHOP 17. – 20.09.2013, BERLIN

Am ersten JEUNES COMMISSAIRES Workshop des Bureau des Arts plastiques in Berlin nahmen Arlène Berceliot Courtin (1982, Paris), Fabienne Bideaud (1982, Paris), Karima Boudou (1987, Rabat/Paris), Jeanne Dreyfus-Daboussy (1986, Paris) sowie Anaëlle Pirat-Taluy (1980, Grenoble) teil Weiterlesen