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LES VITRINES 2022 | Raphaël Larre – Innerer Wald

Die seit 2021 initiierten „Les Vitrines“ sind ein Ausstellungsraum, der der französischen Kunstszene gewidmet ist und vom Büro für Bildende Kunst des Institut français Deutschland und dem Institut français Berlin eingerichtet wurde. In diesem Jahr übernimmt die Kuratorin Anne-Laure Lestage die künstlerische Leitung von „Les Vitrines“ und das Studio Haberfeld die visuelle Identität.

18. Februar 2022 – 29. Mai 2022

Auf der Suche nach neuen Formen der Strichmalerei widmet sich der französische Künstler Raphaël Larre dem Zeichnen. Seine auf Papier gebrachten Studien, die von der Bewegung geleitet sind und als Zeichnung oder Performancekunst Ausdruck finden, zeigen die Dinge des Lebens – die Straße, die Menschen, die Natur – wie sie sind. Raphaël Larre zeichnet spontan, außerhalb seines Ateliers, um so die Vergänglichkeit mit Leichtigkeit zu erfassen.Das für Les Vitrines gefertigte Wandbild Innerer Wald behandelt die grundlegende Frage nach dem Platz der Natur in unseren Städten. Durch die Kombination von Pflanzenzeichnungen, die in einem Berliner Park entstanden sind, und deutschen dekorativen Motiven, die im Atelier bearbeitet wurden, überlagert der Künstler die Linien im gleichen Maße wie er sie einander gegenüberstellt. Eine Tapete, die üblicherweise in prunkvollen Innenräumen zu finden ist, wird auf vielerlei Weise zerrissen, um eine überbordende, mit Zeichenkohle bearbeitete Vegetation zu enthüllen. Im Widerspruch zwischen dem häuslichen Umfeld und der wilden Natur erinnert die lebhafte Geste des Künstlers daran, dass unsere Handlungen sowohl eine politische als auch eine poetische Seite haben können.

LES VITRINES 2022

Die seit 2021 initiierten „Les Vitrines“ sind ein Ausstellungsraum, der der französischen Kunstszene gewidmet ist und vom Büro für Bildende Kunst des Institut français Deutschland und dem Institut français Berlin eingerichtet wurde. In diesem Jahr übernimmt die Kuratorin Anne-Laure Lestage die künstlerische Leitung von „Les Vitrines“ und das Studio Haberfeld die visuelle Identität.

Der von Anne-Laure Lestage für „Les Vitrines 2022“ erdachte Vorschlag lädt das ganze Jahr über und durch drei Ausstellungen französische Künstlerinnen und Künstler ein, die in ihrer solo oder duo Praxis auf erweiterte Weise über das wilde Schreiben nachdenken. Der gleichnamige Titel von Mallarmés Hirtengedicht und Nijinskis bestialischer Choreographie, Nachmittag eines Faunes, preist eine Kreatur, halb Mensch, halb Tier, die ihrem Verlangen nachjagt. Durch freie und intuitive Formen offenbaren die Künstler auf zerbrechliche, sanfte und brutale Weise die Andersartigkeiten zwischen den lebenden Welten. Dieses ländliche Präludium findet sich hier an einer Berliner Straßenkreuzung wieder, wie eine Ruderalpflanze, die zwischen den Rissen im Zement wächst. Mensch und Tier, häuslich und instinktiv sind durch ein Spiel mit zweideutigen Darstellungen, Gesten und Materialien miteinander verwoben. „Les Vitrines“ versuchen, über die Frage der Wildnis nachzudenken.

Anne-Laure Lestage

Die kuratorische Praxis von Anne-Laure Lestage zielt darauf ab, zeitgenössische Kunst, dekorative Kunst und Kunsthandwerk miteinander zu verknüpfen. Sie interessiert sich besonders für Fragen im Zusammenhang mit dem Anthropozän und der häuslichen Kunst. 2019 gründet sie einen kuratorischen Raum a mano studio in Biarritz mit dem Ziel, zeitgenössische Kunstpraktiken zu entgrenzen und an althergebrachte Fertigkeiten anzuknüpfen.

Les Vitrines 2023 – Ausstellung „ICH HABE DIE MAUER NACH MEINEM WEG GEFRAGT (sie sagte mir, ich solle geradeaus gehen)“ – Fanny Taillandier

Les Vitrines ist ein Ausstellungsraum für die französische Kunstszene, der vom Bureau des arts plastiques des Institut français d’Allemagne und des Institut français de Berlin initiiert wurde. Für diese neue Ausstellungsreihe mit dem Titel L’horizon des événements wurde die künstlerische Leitung der Kuratorin Fanny Testas und die visuelle Identität dem Kollektiv Bye Bye Binary (Eugénie Bidaut, Roxanne Maillet und Léna Salabert) anvertraut. Drei französische Künstlerinnen, Vava Dudu, Lola Barrett und Fanny Taillandier, wurden eingeladen, das ganze Jahr über drei Ausstellungen zu gestalten, die neue sciences-fiction Erzählungen und Vorstellungswelten heraufbeschwören und sich als Zeitkapseln oder Wurmlöcher ausgeben.

Wenngleich die Räume der Freizügigkeit rund um die Welt zunehmen, gehen sie paradoxerweise mit immer schwieriger zu überwindenden Grenzen einher: Mauern, Stacheldrahtzäune, Seeüberwachung … So wird auf Freihandel mit Militarisierung und auf wachsende Mobilität mit der inflationären Schaffung von Sondergerichten reagiert, die den Wanderbewegungen der Menschen im Weg stehen. Auf die von Natur aus unpersönliche Sprache des Rechts und dessen Restriktionen antworten die kollektiven Gesänge der Migrationsströme, die seit der Entstehung der Schrift im Epos ihren Ausdruck finden.

Welcher Dialog ist möglich zwischen den Rechtsnormen, die überall auf der Welt im Namen von Prinzipien mit variabler Geometrie den Weg frei machen oder versperren, und unserem individuellen und kollektiven Bewusstsein, getrieben von dem Wunsch und dem Bedürfnis, die Welt zu durchstreifen? Indem sie einen Dialog zwischen zwei Maschinen in Gang setzt, die ihrem Wesen nach unfähig sind, einander zu verstehen, führt die Ausstellung ICH HABE DIE MAUER NACH MEINEM WEG GEFRAGT (sie sagte mir, ich solle geradeaus gehen) die unmöglichen Absprachen zwischen Sprachregimen vor Augen, deren Legitimität nicht am selben Ort entsteht und die doch, durch ihre jeweiligen Kräfte, die Welt formen, in der wir leben. Angesichts der Tatsache, dass die Schwelle von weltweit 100 Millionen emigrierten Personen im Jahr 2022 überschritten wurde, stellt das Konzept, Grenzen als Raum für vielschichtige Dialoge und für die Konfrontation zwischen verschiedenen Vorstellungswelten zu begreifen, eine Möglichkeit dar, der Zukunft das Wort zu erteilen.

Die Werke von Fanny Taillandier werden von einer Auswahl an Fotografien von Samuel Gratacap ergänzt, die aus dessen 2023 veröffentlichtem Werk Bilateral stammen.

Die visuelle Identität des Vitrines 2023 wurde von Fanny Testas dem französisch-belgischen Kollektiv Bye Bye Binary anvertraut, das gleichzeitig ein pädagogisches Experiment, eine Gemeinschaft, ein Atelier für variable typo-graphische Kreation, ein Netzwerk und ein Bündnis ist. BBB erforscht die Schaffung von grafischen und typografischen Formen, die sich an die inklusive Schrift anpassen lassen.

Visual identity by Bye Bye Binary (Eugénie Bidaut, Roxanne Maillet and Léna Salabert-Triby)

Die Vernissage fand am Donnerstag, den 12. Oktober 2023 ab 19 Uhr mit einer Performance von Fanny Taillandier und Noé Balthazard statt.

Les Vitrines 2023 – Ausstellung „Schneckenprinzessin“ – Lola Barrett

Les Vitrines ist ein Ausstellungsraum für die französische Kunstszene, der vom Bureau des arts plastiques des Institut français d’Allemagne und des Institut français de Berlin initiiert wurde. Für diese neue Ausstellungsreihe mit dem Titel L’horizon des événements wurde die künstlerische Leitung der Kuratorin Fanny Testas und die visuelle Identität dem Kollektiv Bye Bye Binary (Eugénie Bidaut, Roxanne Maillet und Léna Salabert) anvertraut. Drei französische Künstlerinnen, Vava Dudu, Lola Barrett und Fanny Taillandier, wurden eingeladen, das ganze Jahr über drei Ausstellungen zu gestalten, die neue sciences-fiction Erzählungen und Vorstellungswelten heraufbeschwören und sich als Zeitkapseln oder Wurmlöcher ausgeben.

Seit Anbeginn der Menschheit übt das Meer eine Faszination aus und wurde zu einem ergiebigen Quell für Mythen, Träume und Legenden. Noch heute bleiben die Tiefen der Meere zum Teil unerreichbar und sind weniger erforscht als das Festland oder das Weltall, was sie zum Gegenstand zahlreicher Fantasien macht. Mit ihrer Ausstellung Schneckenprinzessin kreiert Lola Barrett eine Installation, die ihre eigenen Phantasmagorien zum Lebensraum Wasser hinter Glas festhält, und lässt die Besucher:innen in eine Welt zwischen kindlichem Pop-Einfluss und retrofuturistischem Delirium eintauchen. Ausgehend von der Vorstellung, unter den „Nacktkiemern“ zu leben, schafft sie ihre eigene Realität in einem grellbunten Kokon aus aufblasbaren und mit Molton überzogenen Skulpturen.

Der Titel der Ausstellung, Schneckenprinzessin, spiegelt auch das starke Verlangen wider, im Subtext eine Vorstellungswelt der weiblichen Kraft anklingen zu lassen. Eine offene Anspielung an die Figur Tsunade aus dem Manga Naruto von Masashi Kishimoto, die im Japanischen auch „Namekuji Hime“ genannt wird und eine Frau mit unvergleichlicher physischer Stärke verkörpert. Bei dem Titel handelt es sich um eine deutsche Übersetzung, die auch im französischen Argot-Ausdruck „schneck“, der sich auf das weibliche Geschlechtsorgan bezieht, eine Bedeutung findet. „Schneckenprinzessin“ wird somit zu einem stolz auf die Fahne geschriebenen Titel, der das Frausein als Stärke proklamiert.

Lola Barrett, geboren 1993 in Paris, lebt und arbeitet in Brüssel und Paris. Im Bereich der plastischen Arbeiten beschäftigt sich Lola Barrett mit Fragen der Lebenswelten von Lebewesen und damit, wie diese sich untereinander beeinflussende Beziehungen herstellen: zwischen dem Lebendigen und dem Nichtlebendigen ebenso wie zwischen dem Gebiet und seiner historischen Narrativität bis hin zu der Art, wie die Menschheit sich dieser bemächtigt. Ihre Werke bestehen aus lauter Elementen, die sich zu Szenen zusammensetzen, in denen sie die Geschichten verkörpert, die sie erzählt. Alles ist eine Frage der Kulisse, jedes der gefertigten Stücke gibt einen Teil der Erzählung preis und stellt gleichermaßen selbst ein vollwertiges plastisches Kunstwerk dar.

Die visuelle Identität des Vitrines 2023 wurde von Fanny Testas dem französisch-belgischen Kollektiv Bye Bye Binary anvertraut, das gleichzeitig ein pädagogisches Experiment, eine Gemeinschaft, ein Atelier für variable typo-graphische Kreation, ein Netzwerk und ein Bündnis ist. BBB erforscht die Schaffung von grafischen und typografischen Formen, die sich an die inklusive Schrift anpassen lassen.

Visual identity by Bye Bye Binary (Eugénie Bidaut, Roxanne Maillet and Léna Salabert-Triby)

Anlässlich der Vernissage der Ausstellung „Schneckenprinzessin“ von Lola Barrett fand eine Vorführung des Kurzfilms „La nacre des ruines“ statt, gefolgt von einer Performance. Der Kurzfilm stammt aus der gleichnamigen Gruppenausstellung, die auf Lola Barretts Projekt 2022 basiert, in der Brasserie Atlas in Brüssel gezeigt und von Fanny Testas kuratiert wurde. Das Filmwerk bildet den Prolog zu der in Les Vitrines inszenierten Welt. Die Filmmusik wurde von dem in Berlin lebenden Musiker und Produzenten Eric D. Clark komponiert. Sie wurde im Rahmen der Filmvorführung live gespielt und begleitete die Performance von Lola Barrett.

„La nacre des ruines“ wendet sich in der Zukunft an uns und erzählt von den Relikten unserer Gegenwart, die nach einem Anstieg und anschließenden Rückgang der Meere zurückbleiben werden. Diese futuristischen Szenarien verstricken uns in die Absurdität des Anthropozäns, des Kapitalozäns und des Chthuluzäns von Haraway und eröffnen eine Traumwelt, um der Angst Einhalt zu gebieten. Die Zukunft ist das Unbekannte, das Mysterium: Wo sind die Menschen und welche Formen hat ihnen die durch ihr eigenes Tun veränderte Natur verliehen? Mit einem gemeinsamen Blick auf unsere ferne Zukunft in 499 Jahren, nach zahlreichen Lebenszyklen und Generationen von Lebewesen, betrachten die Künstler*innen die möglichen Veränderungen des menschlichen Lebens, der Tier- und Pflanzenwelt. Vom einstigen Leben bleiben nur sanfte Luftbewegungen, Wellen und Echos der Erinnerung. In dieser Raumzeit sind es die Steine, die diesen Erinnerungen eine Stimme geben, und das Wasser und die Luft bilden das Gedächtnis unserer Geschichte. Die Zeiten haben sich geändert, in jenem Jahr 2522. Zeit an sich hingegen existiert nicht mehr, lediglich das Schwingen der Erinnerung besteht fort.

„La nacre des ruines“ von Lola Barrett und Fanny Testas
Gedreht in der Brasserie Atlas, Brüssel, im Juni 2022
Mit Lola Barrett, Max Ricat, Marilou Guyon, Adélie Moye und Félix Rochaix
Kostüme: Lola Barrett, Laura Nataf, Max Ricat, Marilou Guyon, Adélie Moye und Félix Rochaix
Kamera: Zoltan Molnar und Fanny Testas
Filmmusik: Eric D. Clark
Schnitt: Clarisse Decroyer
3D-Animation des Titels: Mathias Moreau
Licht: Florentin Crouzet-Nico
Gezeigte Werke von Abel Jallais, Pedro Riofrío und Lola Barrett
Besonderer Dank an Nicolas Jorio, Emile Barret und Sonia Saroya
Mit der Unterstützung der Fédération Wallonie-Bruxelles

Les Vitrines 2023 – Ausstellung „Doudou“ – Vava Dudu

Les Vitrines ist ein Ausstellungsraum für die französische Kunstszene, der vom Bureau des arts plastiques des Institut français d’Allemagne und des Institut français de Berlin initiiert wurde. Für diese neue Ausstellungsreihe mit dem Titel L’horizon des événements wurde die künstlerische Leitung der Kuratorin Fanny Testas und die visuelle Identität dem Kollektiv Bye Bye Binary (Eugénie Bidaut, Roxanne Maillet und Léna Salabert) anvertraut. Drei französische Künstlerinnen, Vava Dudu, Lola Barrett und Fanny Taillandier, wurden eingeladen, das ganze Jahr über drei Ausstellungen zu gestalten, die neue sciences-fiction Erzählungen und Vorstellungswelten heraufbeschwören und sich als Zeitkapseln oder Wurmlöcher ausgeben.

Die Ausstellung Doudou von Vava Dudu ist eine Zeitreise in ihre Privatsphäre und ein von Sanftheit erfüllter Horizont. Die ungewisse Zukunft veranlasst die Künstlerin, sich in die Sanftheit wie in eine Wolke, eine Cloud, Foto-Fantasien, oder in eine Traumrealität zu kuscheln. Sie versucht durch das Einkapseln einer zeitgenössischen Liebkosung mit ihren runden Worten und der Rundung der Watte der Aggression der Welt etwas entgegen zu setzten. Ihre Poesie verankert sich im Herzen eines Imaginären, der „Spiegel-Zeit“ ihrer Berliner Erinnerungen. Als Erbe eines kreativen Erlebens und ihrer Begegnungen webt sie ihre Werke und Worte, um die Sehnsucht nach dem Erleben von Schönheit zu stillen. Die Zukunft ist jetzt.

Vava Dudu wurde 1970 in Paris geboren, wo sie auch lebt und arbeitet. Von 2012 bis 2018 lebte sie in Berlin. Die Künstlerin bekennt sich zu ihrer Position als Außenseiterin in der zeitgenössischen Kunst, indem sie sagt, dass sie „die Extreme dem Gemäßigten vorzieht“. Ihr Beruf als Modedesignerin und Künstlerin steht neben ihrer Tätigkeit als Sängerin bei La Chatte, einer 2003 mit Stéphane Argillet und Nicolas Jorio gegründeten Band, mit der sie vier Alben veröffentlichte. Ihr künstlerisches Universum, in dem sich Texte und Zeichnungen fröhlich vermischen, wird so auf verschiedene Arten transportiert.

Die visuelle Identität des Vitrines 2023 wurde von Fanny Testas dem französisch-belgischen Kollektiv Bye Bye Binary anvertraut, das gleichzeitig ein pädagogisches Experiment, eine Gemeinschaft, ein Atelier für variable typo-graphische Kreation, ein Netzwerk und ein Bündnis ist. BBB erforscht die Schaffung von grafischen und typografischen Formen, die sich an die inklusive Schrift anpassen lassen.

Visuelle Darstellung des Zyklus Vitrines 2023 Credit: Bye Bye Binary, Eugénie Bidaut, Roxanne Maillet und Léna Salabert

Die Vernissage fand am 9. März um 19 Uhr statt, mit einem Konzert von La Chatte um 20 Uhr. Die Band wurde 2003 gegründet und besteht aus Vava Dudu als Sängerin, und den Musikern Stéphane Argillet mit Sitz in Berlin und Nicolas Jorio mit Sitz in Paris.

Es wäre gewagt, La Chatte in irgendeine Kategorie einzuordnen. Oder sogar dumm. Versuchen wir es: Neo Wave. Das heißt, eine Mischung aus synthetischen Rhythmen, Cold-Wave-Keyboards und theatralischen Melodien, die Vava Dudu (eine Mischung aus Grace Jones und Brigitte Fontaine) mit hysterischen, ekstatischen und metallischen Schreien in die Welt hinausträgt. Bisher drei Alben, darunter das letzte „Crash océan“, das in Berlin aufgenommen wurde (kein Wunder), das mit den Regeln und Codes bricht, ohne sich daran zu wagen, bestimmte Schemata unserer geliebten 80er Jahre zu verwerfen.

Auftrag in der Einrichtung CCA Berlin x Lou Ferrand

In diesem Jahr wurde die junge Kuratorin Lou Ferrand ausgewählt, um in das Kuratorenteam des CCA Center for Contemporary Art in Berlin aufgenommen zu werden, um die Ausstellung „Jota Mombaça“, eine brasilianische bildende Künstlerin und Aktivistin, zu konzipieren. Die junge Kuratorin wurde nach einer Ausschreibung, die über französische Berufsnetzwerke und das CCA verbreitet wurde, vom Gründer und Leiter der Institution Fabian Schöneich ausgewählt. Sie wurde eingeladen, sie bei der Suche, Organisation und Entwicklung von Vermittlungsaktionen für das Publikum zu unterstützen. Der Auftrag dauerte vier Monate, von September bis Dezember 2023.

Fotos: Ansichten der Ausstellung von Jota Mombaça „A certain death/the swamp“, Courtesy of CCA.

A CERTAIN DEATH/THE SWAMP ist die erste umfassende institutionelle Einzelausstellung von Jota Mombaça in Deutschland. Die Praxis der in Natal, Brasilien, geborenen Künstlerin, Autorin und Performerin entwickelt sich aus ihrer langjährigen Auseinandersetzung mit der kolonialen Moderne. Dabei beschäftigt sie sich mit den apokalyptischen Brüchen, die diese hervorgebracht hat und die sie inmitten ihrer vorherrschenden Herrschaft weiterhin entfesselt. Die Ausstellung im CCA in Berlin hebt Mombaças kontinuierliche Forschung hervor, indem sie Arbeiten zeigt, die kürzlich für die Ausstellung geschaffen wurden. Der Schwerpunkt liegt auf einer raumgreifenden Installation und einer Videoarbeit. Außerdem werden Keramiken, Textilien und Zeichnungen ausgestellt. Die ausgestellten Werke vermitteln sinnliche Qualitäten, die sowohl von der Reise in einen Mangrovenwald am Amazonas als auch von der seltsamen Topografie Berlins geprägt sind, das wahrscheinlich vollständig auf ausgetrockneten Feuchtgebieten liegt. Aus diesen fragmentarischen materiellen Zeugnissen ergibt sich eine Reihe von diskursiven Fragen, die Mombaça durch eine progressive kollektive Reflexion klären will: Wie können lebensbejahende Praktiken, die sich um Prinzipien kosmologischer Interdependenz gebildet haben, aufrechterhalten oder wiedergewonnen werden? Von welchem Stück Land aus, über welchen Wasserlauf, kann die zerstörerische Gewalt unserer gebauten Umwelt überwunden werden? Wo können radikale Hoffnungen blühen, wenn wir das Ende unserer Welt, so wie wir sie kennen, erleben?

Als Mitglied des Kuratorenteams bereitete Lou Ferrand eine Podiumsdiskussion mit der Künstlerin Jota Mombaça vor, die im Februar 2024 stattfinden wird. Lou Ferrand organisierte außerdem einen Schreibworkshop für unter 31-Jährige im CCA. Das Thema war Poesie in der Stadt und war als eine Art Auftakt für das Programm „Displayed words“ gedacht, das im darauffolgenden Jahr von der CCA organisiert wurde.

Erfahren Sie mehr über Lou Ferrand.

Dieser Einsatz in einer Einrichtung wurde vom Deutsch-Französischen Jugendwerk (DFJW) unterstützt.

(Français) « Methodologies of Togetherness » Savvy Contemporary

Angesichts der Tatsache, dass es nur wenige Studiengänge gibt, die sich der Kuratierung von performativer Kunst widmen, haben sich das Bureau des Arts Plastiques (BDAP) und das Bureau du Théâtre et de la Danse (BTD) des Institut Français Deutschland zusammengeschlossen, um jungen Berufstätigen aus den bildenden und darstellenden Künsten eine originelle, transversale Berufsmöglichkeit zu bieten. Für die Entwicklung dieses Projekts mit dem Titel „Methodologies of Togetherness“ haben die Büros des IFA eine Partnerschaft mit dem unabhängigen Berliner Kunstzentrum Savvy contemporary entwickelt.

Das Projekt „Methodologies of Togetherness“ führte zu einer engen Zusammenarbeit zwischen zwanzig jungen Kuratorinnen unter 31 Jahren aus Berlin, Paris und Marseille. Die organisatorischen Aspekte, die von Savvy Contemporary übernommen wurden, umfassten hauptsächlich die Planung von Recherchereisen zwischen Berlin und Paris und die Organisation von Kuratorenworkshops in Berlin. Die Kuratorinnen Kelly Krugman, Lili Somogyi, Flora Fettah, Daisy Lambert und Margot Nguyen trafen sich im Oktober in Paris und im November in Berlin, wo sie in die jeweiligen Kunstszenen dieser Städte eintauchten und vor Ort Recherchen in Form von Atelierbesuchen und Exkursionen zu verschiedenen Institutionen, Ausstellungen und Programmen durchführten.

Insbesondere in Berlin arbeiteten die Kuratorinnen an der Konzeption eines eintägigen Workshop-Programms zum Thema Übersetzung und dekoloniale Praktiken mit, um den Austausch von Wissen, Forschung und Praktiken für junge Praktiker zu erleichtern. Zu diesem Zweck wurden die Performerinnen Jasmina Al-Qaisi (aus Rumänien) und Anjeline DeDios (aus den Philippinen) einbezogen. Es wurden zwei Hörspiele in Auftrag gegeben, die auf dem Savvy Contemporary-Radio SAVVYZAAR ausgestrahlt werden sollten, um die Erfahrungen und Ergebnisse der Workshops auf kreative Weise widerzuspiegeln.

1.Workshop und Lesung zur Übersetzung kuratorischer Texte, die für Savvys Radio aufgenommen wurden

2. Workshop und Lesung zur Übersetzung kuratorischer Texte, die für Savvys Radio aufgenommen wurden

3.Performance-Workshop der Künstlerin Jasmina Al-Qaisi

4. Musikalische Performance der Künstlerin Angeline DeDios

Photos : Roanna Rahman.

Dieses Projekt wird vom DFJW (Deutsch-Französisches Jugendwerk) unterstützt.

Katharina Ziemke, „Unwetter“ Ausstellung

Text verfasst von Lisa Colin im Rahmen des Stipendiums Reise- und Forschungsstipendium JEUNES COMMISSAIRES 2023

 

Von der Malerei über die Vide  okunst bis hin zur Performance entfaltet die deutsche Künstlerin Katharina Ziemke ein rohes und sorgfältiges künstlerisches Universum. Sie lässt sich von den Bereichen der Wissenschaft und der Geisteswissenschaften inspirieren, um Werkserien zu schaffen, die von ökologischen, feministischen oder medialen Überlegungen geprägt sind. Ihre großformatigen Gemälde auf Baumwoll-Leinwand, Dibond oder Reisblatt enthüllen figurative Szenen in leuchtenden Farben, die den Blick einfangen und uns mit beunruhigenden Realitäten konfrontieren.

 

Katharina Ziemke, Tempest #4, 2020, aquarell auf Baumwolle, 95 x 125 cm

Im Frühjahr 2023 wird die Künstlerin zu einem Aufenthalt in der Cité des Arts in Paris eingeladen, wo sie eine Reihe von Untersuchungen zu Stürmen entfaltet, buchstäblich als Wetterphänomene und als Metapher für die ökologischen Herausforderungen unserer Zeit. In ihrem Studio zeigen die Gemälde und Videoarbeiten eine Vielfalt von Perspektiven in Bezug auf Stürme und betonen insbesondere die Fakten, die wir zu kennen glauben.

Während der Recherchereise nach Berlin treffe ich erneut Katharina Ziemke, die mir die Kuratierung ihrer Ausstellung Unwetter anbietet. Zwischen Darstellung und Abstraktion, Traum und Realität beleuchtet der Werkkorpus Unwetter auf der ganzen Welt. Die mit Öl oder Tusche auf Reispapier gemalten Werke fangen die erhabene Schönheit und zerstöre-rische Kraft des Sturms ein und nutzen die Möglichkeiten des Mediums, intensive, gefühlsbetonte Farben und Texturen zu vermitteln.

 

Blick in die Ausstellung Unwetter, Humboldt Universität zu Berlin vom 28.09. bis 10.11.2023 © Stefan Klenke

Die Ausstellung ist als Gesamtinstallation im Dialog mit der Architektur der Humboldt-Universität zu Berlin konzipiert und lädt das Publikum ein, zwischen den Werken zu wandern, die Gemälde, Videos und Performances miteinander verbinden. Im Zentrum sammelt die Serie ‚Episode: Sturm‘ die Gedanken von gesellschaftlichen Akteuren: CSR-Manager, Politiker, Chemiker, Wissenschaftler und Teenager. Die Zeichnung, die nach und nach auf dem Bildschirm erscheint, steht neben den Interviews, in denen die Themen Nachhaltigkeit, Gesundheitspolitik, Zukunftstechnologien, Biodiversität, Untätigkeit wie auch Anpassung beschäftigen. Die Installation bietet eine Reflexion über unsere gemeinsame Umweltverantwortung angesichts des Klimawandels.

 

Blick in die Ausstellung Unwetter, Humboldt Universität zu Berlin vom 28.09. bis 10.11.2023 © Stefan Klenke

Obwohl in diesen subjektiven Fragmenten unweigerlich Melancholie mitschwingt, ermutigt uns Katharina Ziemke, diese Stimmung abzuschütteln. Die Ausstellung unterstreicht die Notwendigkeit, Kunst und Wissenschaft zusammenzubringen, um die Phänomene und Emotionen, die wir erleben, besser zu verstehen. Unwetter ist ein poetisches Experiment, für das das Publikum eingeladen wird, die aktuellen Katastrophen aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten: Die Installation ist Schauplatz zahlreicher Debatten, Performances, Universitätskurse, Führungen und Workshops, um gemeinsam unsere Verpflichtungen zu überdenken.

Mehr über Lisa Colin

Das Reise- und Forschungsstipendium ist eine Initiative des BDAP und ein vom DFJW (Deutsch-Französisches Jugendwerk) gefördertes Projekt.