Alle Beiträge von Institut Français

Les Vitrines 2023 – Ausstellung „Schneckenprinzessin“ – Lola Barrett

Les Vitrines ist ein Ausstellungsraum für die französische Kunstszene, der vom Bureau des arts plastiques des Institut français d’Allemagne und des Institut français de Berlin initiiert wurde. Für diese neue Ausstellungsreihe mit dem Titel L’horizon des événements wurde die künstlerische Leitung der Kuratorin Fanny Testas und die visuelle Identität dem Kollektiv Bye Bye Binary (Eugénie Bidaut, Roxanne Maillet und Léna Salabert) anvertraut. Drei französische Künstlerinnen, Vava Dudu, Lola Barrett und Fanny Taillandier, wurden eingeladen, das ganze Jahr über drei Ausstellungen zu gestalten, die neue sciences-fiction Erzählungen und Vorstellungswelten heraufbeschwören und sich als Zeitkapseln oder Wurmlöcher ausgeben.

Seit Anbeginn der Menschheit übt das Meer eine Faszination aus und wurde zu einem ergiebigen Quell für Mythen, Träume und Legenden. Noch heute bleiben die Tiefen der Meere zum Teil unerreichbar und sind weniger erforscht als das Festland oder das Weltall, was sie zum Gegenstand zahlreicher Fantasien macht. Mit ihrer Ausstellung Schneckenprinzessin kreiert Lola Barrett eine Installation, die ihre eigenen Phantasmagorien zum Lebensraum Wasser hinter Glas festhält, und lässt die Besucher:innen in eine Welt zwischen kindlichem Pop-Einfluss und retrofuturistischem Delirium eintauchen. Ausgehend von der Vorstellung, unter den „Nacktkiemern“ zu leben, schafft sie ihre eigene Realität in einem grellbunten Kokon aus aufblasbaren und mit Molton überzogenen Skulpturen.

Der Titel der Ausstellung, Schneckenprinzessin, spiegelt auch das starke Verlangen wider, im Subtext eine Vorstellungswelt der weiblichen Kraft anklingen zu lassen. Eine offene Anspielung an die Figur Tsunade aus dem Manga Naruto von Masashi Kishimoto, die im Japanischen auch „Namekuji Hime“ genannt wird und eine Frau mit unvergleichlicher physischer Stärke verkörpert. Bei dem Titel handelt es sich um eine deutsche Übersetzung, die auch im französischen Argot-Ausdruck „schneck“, der sich auf das weibliche Geschlechtsorgan bezieht, eine Bedeutung findet. „Schneckenprinzessin“ wird somit zu einem stolz auf die Fahne geschriebenen Titel, der das Frausein als Stärke proklamiert.

Lola Barrett, geboren 1993 in Paris, lebt und arbeitet in Brüssel und Paris. Im Bereich der plastischen Arbeiten beschäftigt sich Lola Barrett mit Fragen der Lebenswelten von Lebewesen und damit, wie diese sich untereinander beeinflussende Beziehungen herstellen: zwischen dem Lebendigen und dem Nichtlebendigen ebenso wie zwischen dem Gebiet und seiner historischen Narrativität bis hin zu der Art, wie die Menschheit sich dieser bemächtigt. Ihre Werke bestehen aus lauter Elementen, die sich zu Szenen zusammensetzen, in denen sie die Geschichten verkörpert, die sie erzählt. Alles ist eine Frage der Kulisse, jedes der gefertigten Stücke gibt einen Teil der Erzählung preis und stellt gleichermaßen selbst ein vollwertiges plastisches Kunstwerk dar.

Die visuelle Identität des Vitrines 2023 wurde von Fanny Testas dem französisch-belgischen Kollektiv Bye Bye Binary anvertraut, das gleichzeitig ein pädagogisches Experiment, eine Gemeinschaft, ein Atelier für variable typo-graphische Kreation, ein Netzwerk und ein Bündnis ist. BBB erforscht die Schaffung von grafischen und typografischen Formen, die sich an die inklusive Schrift anpassen lassen.

Visual identity by Bye Bye Binary (Eugénie Bidaut, Roxanne Maillet and Léna Salabert-Triby)

Anlässlich der Vernissage der Ausstellung „Schneckenprinzessin“ von Lola Barrett fand eine Vorführung des Kurzfilms „La nacre des ruines“ statt, gefolgt von einer Performance. Der Kurzfilm stammt aus der gleichnamigen Gruppenausstellung, die auf Lola Barretts Projekt 2022 basiert, in der Brasserie Atlas in Brüssel gezeigt und von Fanny Testas kuratiert wurde. Das Filmwerk bildet den Prolog zu der in Les Vitrines inszenierten Welt. Die Filmmusik wurde von dem in Berlin lebenden Musiker und Produzenten Eric D. Clark komponiert. Sie wurde im Rahmen der Filmvorführung live gespielt und begleitete die Performance von Lola Barrett.

„La nacre des ruines“ wendet sich in der Zukunft an uns und erzählt von den Relikten unserer Gegenwart, die nach einem Anstieg und anschließenden Rückgang der Meere zurückbleiben werden. Diese futuristischen Szenarien verstricken uns in die Absurdität des Anthropozäns, des Kapitalozäns und des Chthuluzäns von Haraway und eröffnen eine Traumwelt, um der Angst Einhalt zu gebieten. Die Zukunft ist das Unbekannte, das Mysterium: Wo sind die Menschen und welche Formen hat ihnen die durch ihr eigenes Tun veränderte Natur verliehen? Mit einem gemeinsamen Blick auf unsere ferne Zukunft in 499 Jahren, nach zahlreichen Lebenszyklen und Generationen von Lebewesen, betrachten die Künstler*innen die möglichen Veränderungen des menschlichen Lebens, der Tier- und Pflanzenwelt. Vom einstigen Leben bleiben nur sanfte Luftbewegungen, Wellen und Echos der Erinnerung. In dieser Raumzeit sind es die Steine, die diesen Erinnerungen eine Stimme geben, und das Wasser und die Luft bilden das Gedächtnis unserer Geschichte. Die Zeiten haben sich geändert, in jenem Jahr 2522. Zeit an sich hingegen existiert nicht mehr, lediglich das Schwingen der Erinnerung besteht fort.

„La nacre des ruines“ von Lola Barrett und Fanny Testas
Gedreht in der Brasserie Atlas, Brüssel, im Juni 2022
Mit Lola Barrett, Max Ricat, Marilou Guyon, Adélie Moye und Félix Rochaix
Kostüme: Lola Barrett, Laura Nataf, Max Ricat, Marilou Guyon, Adélie Moye und Félix Rochaix
Kamera: Zoltan Molnar und Fanny Testas
Filmmusik: Eric D. Clark
Schnitt: Clarisse Decroyer
3D-Animation des Titels: Mathias Moreau
Licht: Florentin Crouzet-Nico
Gezeigte Werke von Abel Jallais, Pedro Riofrío und Lola Barrett
Besonderer Dank an Nicolas Jorio, Emile Barret und Sonia Saroya
Mit der Unterstützung der Fédération Wallonie-Bruxelles

Les Vitrines 2023 – Ausstellung „Doudou“ – Vava Dudu

Les Vitrines ist ein Ausstellungsraum für die französische Kunstszene, der vom Bureau des arts plastiques des Institut français d’Allemagne und des Institut français de Berlin initiiert wurde. Für diese neue Ausstellungsreihe mit dem Titel L’horizon des événements wurde die künstlerische Leitung der Kuratorin Fanny Testas und die visuelle Identität dem Kollektiv Bye Bye Binary (Eugénie Bidaut, Roxanne Maillet und Léna Salabert) anvertraut. Drei französische Künstlerinnen, Vava Dudu, Lola Barrett und Fanny Taillandier, wurden eingeladen, das ganze Jahr über drei Ausstellungen zu gestalten, die neue sciences-fiction Erzählungen und Vorstellungswelten heraufbeschwören und sich als Zeitkapseln oder Wurmlöcher ausgeben.

Die Ausstellung Doudou von Vava Dudu ist eine Zeitreise in ihre Privatsphäre und ein von Sanftheit erfüllter Horizont. Die ungewisse Zukunft veranlasst die Künstlerin, sich in die Sanftheit wie in eine Wolke, eine Cloud, Foto-Fantasien, oder in eine Traumrealität zu kuscheln. Sie versucht durch das Einkapseln einer zeitgenössischen Liebkosung mit ihren runden Worten und der Rundung der Watte der Aggression der Welt etwas entgegen zu setzten. Ihre Poesie verankert sich im Herzen eines Imaginären, der „Spiegel-Zeit“ ihrer Berliner Erinnerungen. Als Erbe eines kreativen Erlebens und ihrer Begegnungen webt sie ihre Werke und Worte, um die Sehnsucht nach dem Erleben von Schönheit zu stillen. Die Zukunft ist jetzt.

Vava Dudu wurde 1970 in Paris geboren, wo sie auch lebt und arbeitet. Von 2012 bis 2018 lebte sie in Berlin. Die Künstlerin bekennt sich zu ihrer Position als Außenseiterin in der zeitgenössischen Kunst, indem sie sagt, dass sie „die Extreme dem Gemäßigten vorzieht“. Ihr Beruf als Modedesignerin und Künstlerin steht neben ihrer Tätigkeit als Sängerin bei La Chatte, einer 2003 mit Stéphane Argillet und Nicolas Jorio gegründeten Band, mit der sie vier Alben veröffentlichte. Ihr künstlerisches Universum, in dem sich Texte und Zeichnungen fröhlich vermischen, wird so auf verschiedene Arten transportiert.

Die visuelle Identität des Vitrines 2023 wurde von Fanny Testas dem französisch-belgischen Kollektiv Bye Bye Binary anvertraut, das gleichzeitig ein pädagogisches Experiment, eine Gemeinschaft, ein Atelier für variable typo-graphische Kreation, ein Netzwerk und ein Bündnis ist. BBB erforscht die Schaffung von grafischen und typografischen Formen, die sich an die inklusive Schrift anpassen lassen.

Visuelle Darstellung des Zyklus Vitrines 2023 Credit: Bye Bye Binary, Eugénie Bidaut, Roxanne Maillet und Léna Salabert

Die Vernissage fand am 9. März um 19 Uhr statt, mit einem Konzert von La Chatte um 20 Uhr. Die Band wurde 2003 gegründet und besteht aus Vava Dudu als Sängerin, und den Musikern Stéphane Argillet mit Sitz in Berlin und Nicolas Jorio mit Sitz in Paris.

Es wäre gewagt, La Chatte in irgendeine Kategorie einzuordnen. Oder sogar dumm. Versuchen wir es: Neo Wave. Das heißt, eine Mischung aus synthetischen Rhythmen, Cold-Wave-Keyboards und theatralischen Melodien, die Vava Dudu (eine Mischung aus Grace Jones und Brigitte Fontaine) mit hysterischen, ekstatischen und metallischen Schreien in die Welt hinausträgt. Bisher drei Alben, darunter das letzte „Crash océan“, das in Berlin aufgenommen wurde (kein Wunder), das mit den Regeln und Codes bricht, ohne sich daran zu wagen, bestimmte Schemata unserer geliebten 80er Jahre zu verwerfen.

Auftrag in der Einrichtung CCA Berlin x Lou Ferrand

In diesem Jahr wurde die junge Kuratorin Lou Ferrand ausgewählt, um in das Kuratorenteam des CCA Center for Contemporary Art in Berlin aufgenommen zu werden, um die Ausstellung „Jota Mombaça“, eine brasilianische bildende Künstlerin und Aktivistin, zu konzipieren. Die junge Kuratorin wurde nach einer Ausschreibung, die über französische Berufsnetzwerke und das CCA verbreitet wurde, vom Gründer und Leiter der Institution Fabian Schöneich ausgewählt. Sie wurde eingeladen, sie bei der Suche, Organisation und Entwicklung von Vermittlungsaktionen für das Publikum zu unterstützen. Der Auftrag dauerte vier Monate, von September bis Dezember 2023.

Fotos: Ansichten der Ausstellung von Jota Mombaça „A certain death/the swamp“, Courtesy of CCA.

A CERTAIN DEATH/THE SWAMP ist die erste umfassende institutionelle Einzelausstellung von Jota Mombaça in Deutschland. Die Praxis der in Natal, Brasilien, geborenen Künstlerin, Autorin und Performerin entwickelt sich aus ihrer langjährigen Auseinandersetzung mit der kolonialen Moderne. Dabei beschäftigt sie sich mit den apokalyptischen Brüchen, die diese hervorgebracht hat und die sie inmitten ihrer vorherrschenden Herrschaft weiterhin entfesselt. Die Ausstellung im CCA in Berlin hebt Mombaças kontinuierliche Forschung hervor, indem sie Arbeiten zeigt, die kürzlich für die Ausstellung geschaffen wurden. Der Schwerpunkt liegt auf einer raumgreifenden Installation und einer Videoarbeit. Außerdem werden Keramiken, Textilien und Zeichnungen ausgestellt. Die ausgestellten Werke vermitteln sinnliche Qualitäten, die sowohl von der Reise in einen Mangrovenwald am Amazonas als auch von der seltsamen Topografie Berlins geprägt sind, das wahrscheinlich vollständig auf ausgetrockneten Feuchtgebieten liegt. Aus diesen fragmentarischen materiellen Zeugnissen ergibt sich eine Reihe von diskursiven Fragen, die Mombaça durch eine progressive kollektive Reflexion klären will: Wie können lebensbejahende Praktiken, die sich um Prinzipien kosmologischer Interdependenz gebildet haben, aufrechterhalten oder wiedergewonnen werden? Von welchem Stück Land aus, über welchen Wasserlauf, kann die zerstörerische Gewalt unserer gebauten Umwelt überwunden werden? Wo können radikale Hoffnungen blühen, wenn wir das Ende unserer Welt, so wie wir sie kennen, erleben?

Als Mitglied des Kuratorenteams bereitete Lou Ferrand eine Podiumsdiskussion mit der Künstlerin Jota Mombaça vor, die im Februar 2024 stattfinden wird. Lou Ferrand organisierte außerdem einen Schreibworkshop für unter 31-Jährige im CCA. Das Thema war Poesie in der Stadt und war als eine Art Auftakt für das Programm „Displayed words“ gedacht, das im darauffolgenden Jahr von der CCA organisiert wurde.

Erfahren Sie mehr über Lou Ferrand.

Dieser Einsatz in einer Einrichtung wurde vom Deutsch-Französischen Jugendwerk (DFJW) unterstützt.

(Français) « Methodologies of Togetherness » Savvy Contemporary

Angesichts der Tatsache, dass es nur wenige Studiengänge gibt, die sich der Kuratierung von performativer Kunst widmen, haben sich das Bureau des Arts Plastiques (BDAP) und das Bureau du Théâtre et de la Danse (BTD) des Institut Français Deutschland zusammengeschlossen, um jungen Berufstätigen aus den bildenden und darstellenden Künsten eine originelle, transversale Berufsmöglichkeit zu bieten. Für die Entwicklung dieses Projekts mit dem Titel „Methodologies of Togetherness“ haben die Büros des IFA eine Partnerschaft mit dem unabhängigen Berliner Kunstzentrum Savvy contemporary entwickelt.

Das Projekt „Methodologies of Togetherness“ führte zu einer engen Zusammenarbeit zwischen zwanzig jungen Kuratorinnen unter 31 Jahren aus Berlin, Paris und Marseille. Die organisatorischen Aspekte, die von Savvy Contemporary übernommen wurden, umfassten hauptsächlich die Planung von Recherchereisen zwischen Berlin und Paris und die Organisation von Kuratorenworkshops in Berlin. Die Kuratorinnen Kelly Krugman, Lili Somogyi, Flora Fettah, Daisy Lambert und Margot Nguyen trafen sich im Oktober in Paris und im November in Berlin, wo sie in die jeweiligen Kunstszenen dieser Städte eintauchten und vor Ort Recherchen in Form von Atelierbesuchen und Exkursionen zu verschiedenen Institutionen, Ausstellungen und Programmen durchführten.

Insbesondere in Berlin arbeiteten die Kuratorinnen an der Konzeption eines eintägigen Workshop-Programms zum Thema Übersetzung und dekoloniale Praktiken mit, um den Austausch von Wissen, Forschung und Praktiken für junge Praktiker zu erleichtern. Zu diesem Zweck wurden die Performerinnen Jasmina Al-Qaisi (aus Rumänien) und Anjeline DeDios (aus den Philippinen) einbezogen. Es wurden zwei Hörspiele in Auftrag gegeben, die auf dem Savvy Contemporary-Radio SAVVYZAAR ausgestrahlt werden sollten, um die Erfahrungen und Ergebnisse der Workshops auf kreative Weise widerzuspiegeln.

1.Workshop und Lesung zur Übersetzung kuratorischer Texte, die für Savvys Radio aufgenommen wurden

2. Workshop und Lesung zur Übersetzung kuratorischer Texte, die für Savvys Radio aufgenommen wurden

3.Performance-Workshop der Künstlerin Jasmina Al-Qaisi

4. Musikalische Performance der Künstlerin Angeline DeDios

Photos : Roanna Rahman.

Dieses Projekt wird vom DFJW (Deutsch-Französisches Jugendwerk) unterstützt.

Katharina Ziemke, „Unwetter“ Ausstellung

Text verfasst von Lisa Colin im Rahmen des Stipendiums Reise- und Forschungsstipendium JEUNES COMMISSAIRES 2023

 

Von der Malerei über die Vide  okunst bis hin zur Performance entfaltet die deutsche Künstlerin Katharina Ziemke ein rohes und sorgfältiges künstlerisches Universum. Sie lässt sich von den Bereichen der Wissenschaft und der Geisteswissenschaften inspirieren, um Werkserien zu schaffen, die von ökologischen, feministischen oder medialen Überlegungen geprägt sind. Ihre großformatigen Gemälde auf Baumwoll-Leinwand, Dibond oder Reisblatt enthüllen figurative Szenen in leuchtenden Farben, die den Blick einfangen und uns mit beunruhigenden Realitäten konfrontieren.

 

Katharina Ziemke, Tempest #4, 2020, aquarell auf Baumwolle, 95 x 125 cm

Im Frühjahr 2023 wird die Künstlerin zu einem Aufenthalt in der Cité des Arts in Paris eingeladen, wo sie eine Reihe von Untersuchungen zu Stürmen entfaltet, buchstäblich als Wetterphänomene und als Metapher für die ökologischen Herausforderungen unserer Zeit. In ihrem Studio zeigen die Gemälde und Videoarbeiten eine Vielfalt von Perspektiven in Bezug auf Stürme und betonen insbesondere die Fakten, die wir zu kennen glauben.

Während der Recherchereise nach Berlin treffe ich erneut Katharina Ziemke, die mir die Kuratierung ihrer Ausstellung Unwetter anbietet. Zwischen Darstellung und Abstraktion, Traum und Realität beleuchtet der Werkkorpus Unwetter auf der ganzen Welt. Die mit Öl oder Tusche auf Reispapier gemalten Werke fangen die erhabene Schönheit und zerstöre-rische Kraft des Sturms ein und nutzen die Möglichkeiten des Mediums, intensive, gefühlsbetonte Farben und Texturen zu vermitteln.

 

Blick in die Ausstellung Unwetter, Humboldt Universität zu Berlin vom 28.09. bis 10.11.2023 © Stefan Klenke

Die Ausstellung ist als Gesamtinstallation im Dialog mit der Architektur der Humboldt-Universität zu Berlin konzipiert und lädt das Publikum ein, zwischen den Werken zu wandern, die Gemälde, Videos und Performances miteinander verbinden. Im Zentrum sammelt die Serie ‚Episode: Sturm‘ die Gedanken von gesellschaftlichen Akteuren: CSR-Manager, Politiker, Chemiker, Wissenschaftler und Teenager. Die Zeichnung, die nach und nach auf dem Bildschirm erscheint, steht neben den Interviews, in denen die Themen Nachhaltigkeit, Gesundheitspolitik, Zukunftstechnologien, Biodiversität, Untätigkeit wie auch Anpassung beschäftigen. Die Installation bietet eine Reflexion über unsere gemeinsame Umweltverantwortung angesichts des Klimawandels.

 

Blick in die Ausstellung Unwetter, Humboldt Universität zu Berlin vom 28.09. bis 10.11.2023 © Stefan Klenke

Obwohl in diesen subjektiven Fragmenten unweigerlich Melancholie mitschwingt, ermutigt uns Katharina Ziemke, diese Stimmung abzuschütteln. Die Ausstellung unterstreicht die Notwendigkeit, Kunst und Wissenschaft zusammenzubringen, um die Phänomene und Emotionen, die wir erleben, besser zu verstehen. Unwetter ist ein poetisches Experiment, für das das Publikum eingeladen wird, die aktuellen Katastrophen aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten: Die Installation ist Schauplatz zahlreicher Debatten, Performances, Universitätskurse, Führungen und Workshops, um gemeinsam unsere Verpflichtungen zu überdenken.

Mehr über Lisa Colin

Das Reise- und Forschungsstipendium ist eine Initiative des BDAP und ein vom DFJW (Deutsch-Französisches Jugendwerk) gefördertes Projekt.

Les vitrines 2023

© Bye Bye Binary© Bye Bye Binary : Eugénie Bidaut, Roxanne Maillet und Léna Salabert

Les Vitrines ist ein Ausstellungsraum, der der französischen Kunstszene gewidmet ist und vom Bureau des arts plastiques des Institut français Deutschland sowie vom Institut français Berlin eingerichtet wurde. In diesem Jahr übernimmt die Kuratorin Fanny Testas die künstlerische Leitung und das Kollektiv Bye Bye Binary (Eugénie Bidaut, Roxanne Maillet et Léna Salabert)die visuelle Gestaltung.

Der Ereignishorizont bezeichnet in der Astrophysik die Grenzen eines Schwarzen Lochs, die das Licht absorbieren und so das schwarze Loch unsichtbar machen. Der Ereignishorizont ist also die Grenze zum Unsichtbaren und Unbekannten. Der Titel, den die Kuratorin Fanny Testas für ihren Ausstellungszyklus gewählt hat, beschwört zukünftige Zeiten herauf. Drei französische Künstlerinnen, Vava Dudu, Lola Barrett und Fanny Taillandier, sind eingeladen, über das Jahr drei Ausstellungen zu gestalten, die wie Zeitkapseln oder Zeitstrudel neue Erzählungen und Vorstellungswelten aus dem Bereich der Science-Fiction aufrufen.

Diese Räume der Brüche und Verwerfungen im Raum-Zeit-Kontinuum, die von Claude Lévi-Strauss als „Modelle im Kleinformat“ oder von den Anthropologinnen Sophie Houdart und Christine Jungen als „kosmische Objekte“ definiert wurden, setzen die Jetztzeit aus, um neue Paradigmen als „Gegenmittel zum Weltuntergang“ zu bilden (Michèle Coquet im Dossier Zeitkapseln der 28. Ausgabe der Zeitschrift Gradhiva, 2018, S. 24-49). Für die Kuratorin symbolisieren sie den Ausstellungsraum. Die drei Künstlerinnen versuchen, in Les Vitrines die Luft der Gegenwart einzukapseln, indem sie sich den Krisen unserer Zeit stellen. Sie eignen sich die Zukunft wieder an und stellen Kontinuität in einem möglichen Weltuntergang her, wie die nicht wahrnehmbare Grenze des Eintritts in das Nichts eines schwarzen Lochs, in dem noch alles vorstellbar ist.

Fanny Testas 

Fanny Testas, geboren 1994, lebt in Paris und Brüssel. Sie ist freiberufliche Ausstellungskuratorin und Produktionsbeauftragte für die Kulturstätte La Station – Gare des Mines und den Verein BrutPop. Fanny Testas war bereits für die unterschiedlichsten Veranstaltungen, Kulturstätten und -medien in Frankreich und im Ausland tätig. Mit ihren künstlerischen und kuratorischen Projekten setzt sich Fanny Testas für Inklusion, Gerechtigkeit, Zusammenarbeit und für die Vermittlung von Wissen und Kultur ein. Dabei stehen immer wieder gesellschaftliche, ökologische, geschichtliche und politische Fragestellungen und Probleme im Fokus.  Derzeit erforscht Fanny Testas das Verhältnis von zeitgenössischer Kunst zur Science-Fiction: Wie können Künstler:innen, die in die Zukunft blicken, die unruhigen Zeiten der Gegenwart widerspiegeln?

Mehr Informationen über Fanny Testas

Programm 2023 

Kuratiert von Fanny Testas

Grafische Gestaltung von Bye Bye Binary (Eugénie Bidaut, Roxanne Maillet und Léna Salabert)

Ausstellung von Vava Dudu „Doudou“, 9 März – 30 Juni 2023.

Ausstellung von Lola Barrett „Schneckenprinzessin“, 13 Juli – 1 Oktober 2023.

Ausstellung von Fanny Taillandier „ich habe die Wand nach dem Weg gefragt (sie hat mir gesagt, ich solle geradeaus gehen)“, 12 Oktober 2023 – 10 Februar 2024.

Weitere Informationen über den Rest der Ausstellungsreihe folgen in Kürze.

„ Es wird Stürme und Tornados geben.“ * — Clara Jo, Nests of Basalt, Nests of Wood

Text verfasst von Sarah Lolley im Rahmen des Stipendiums

Reise- und Forschungsstipendium

JEUNES COMMISSAIRES 2023

 

Das zweite Kapitel der Ausstellung „Indigo Waves and Other Stories. Re-Navigating the Afrasian Sea and Notions of Diaspora“ fand vom 6. April bis zum 13. August 2023 im Gropius Bau Berlin statt. Rund dreißig Künstlerinnen und Künstler zeigten ihre Werke zum Thema Afrasisches Meer[2], zu seinem narrativen Potential und seiner Fähigkeit, zwischen dem afrikanischen und dem asiatischen Kontinent – durch das Wasser, aber nicht nur – Verbindungen aufzubauen. Kuratiert von Natasha Ginwala und Bonaventure Soh Bejeng Ndikung mit Unterstützung von Michelangelo Corsaro zielte die Ausstellung darauf ab, die diasporischen Überlagerungen und Transfers zwischen den beiden Regionen hervorzuheben, wobei das Afrasische Meer zum „gemeinsamen Bindeglied wurde, das die Nuancen einer kulturellen, sprachlichen, politischen und historischen Reise von der Antike bis zur Gegenwart enthüllt[3]  „. Das Wasser wird somit zum diskursiven Werkzeug, zu einem Medium, das verleugnete, vergessene, historische oder fiktionale Geschichten enthüllt, zu einer geografisch und zeitlich verbindenden Komponente.

Neben den zahlreichen Werken, die den Weg der Besucherinnen und Besucher säumten – von den Textilmalereien von Lavanya Mani bis hin zu den Skulpturen aus Naturkautschuk von Rossella Biscotti –, besticht Nests of Basalt, Nests of Wood der Künstlerin Clara Jo dadurch, dass es vermag, mit einem fiktiven Anstrich die an bestimmten Orten tief verwurzelten Narben und Traumata ans Licht zu bringen. Die Künstlerin konzentrierte sich auf drei dieser Orte: einen anonymen Friedhof in Albion auf Mauritius; Flat Island, ein unbewohntes Eiland rund 12 km vom nördlichsten Punkt der Hauptinsel Mauritius entfernt und im 19. Jahrhundert[4] als Quarantäne-Insel genutzt; und einen fiktionalen dritten Ort, der vom Künstler Noam Rezgui herausragend in einer 3D-Animation dargestellt wurde.

Eine weiße Leinwand. Das Video beginnt mit einem Sturzflug durch die Wolken, der eine düstere, quasi-dystopische Inselwelt enthüllt. Zwei überlagerte Stimmen – als akustische Darstellung der generationsübergreifenden Verbindung zwischen dem Vogel-Erzähler, einem endemischen Weißschwanz-Tropikvogel, und seinen Vorfahren – erzählen uns eine Geschichte. Die der ungefiederten Zweibeiner, die eines Morgens unter den neugierigen Blicken der Insel- und Meeresbewohner an Land gehen, sowie die Geschichte, die dem Vogel-Erzähler von früheren Generationen mündlich überliefert wurde, als die Insel noch nicht von Menschen bewohnt war.

© Courtesy of Clara Jo, Ausbild aus seinem Videowerk „Nests of Basalt, Nests of Wood“

Diese Vorstellung von der arten- und generationsübergreifenden Weitergabe von Wissen spielt in dem Werk eine entscheidende Rolle, in dem der Gesang der Vögel „seinen Weg bis zu den Fühlern der Insekten und in die Gedärme der Krabben findet“. Als Ergebnis ihrer Archiv-Suche spiegeln die Sequenzen dieser 3D-Animation die ozeanischen Mythen wider, in die Symbole und Anekdoten konspirativer Theorien bzw. Überreste medizinischer Heilmethoden des 19. Jahrhunderts einfließen. Das Ganze stellt einen Raum dar, in dem die verharmlosenden und aseptischen Narrative einer „offiziellen“ Vergangenheit hinterfragt werden sollen, und eine dritte Stimme, wie die dritte Ebene der 3D-Animation, vor unseren Augen verstummt.

Nach dem Leben an Land entführt uns Clara Jo in die Tiefsee. Sie eröffnet uns eine fantasievolle Unterwasserwelt und zeigt uns, woher das von dem Vogel-Erzähler erwähnte „Grollen aus der Tiefe“ kommt.

© Courtesy of Clara Jo, Ausbild aus seinem Videowerk „Nests of Basalt, Nests of Wood“

Auf die Idee des Weißschwanz-Tropikvogels als Erzähler kamen Clara Jo und der Schriftsteller Aqiil Gopee, der den Text für die Off-Stimme schrieb, während ihrer archäologischen Arbeit auf Flat Island. Die überall errichteten „Nester“ zwingen die Vögel dazu, ihre Flugbahnen zu ändern und sich dem Gelände anzupassen, wodurch eine Kartografie einer neuen Gattung entsteht und der Vogel zu einem spirituellen Leittier mutiert, das ihrer Meinung nach das gleiche Ziel verfolgt wie sie. Die Vogelperspektive mag zwar an eine imperialistische Sichtweise erinnern, dient Clara Jo jedoch in Wirklichkeit dazu, uns die – unter anderem geologischen – Risse in den von ihr dargestellten Räumen auf unterschiedlichen Ebenen, in verschiedenen Maßstäben und aus diversen Blickwinkeln betrachten zu lassen, die nur aus dieser Perspektive möglich sind.

Der Vogel-Erzähler kommentiert die dargestellten archäologischen Ausgrabungen der Menschen, die durch die Untersuchung der Fundstücke verstehen wollen, wie und warum ihre Vorfahren vor über einem Jahrhundert auf diese Insel gekommen sind. Gleichzeitig erzählt er von der Kolonialisierung von Flat Island durch die „maßlosen Monster“, die sich „Nester“ aus Basalt von denen errichten ließen, „die sie als Diener erachteten“ und die selbst in wackeligen „Nestern“ aus Holz leben mussten. Ferner weist er darauf hin, dass auch wenn die Nester aus Basalt in Teilen bis heute erhalten sind, die Holznester im Laufe der Zeit verschwunden sind, was die Tatsache unterstreicht, dass „alles vergänglich ist, manches mehr, manches weniger“. Mit Nests of Basalt, Nests of Wood lädt uns die in den USA geborene und in Berlin lebende Künstlerin ein, uns auf ihre Gedanken einzulassen: zur nautischen Imagination, zur Kolonisierung und dem, was davon übrig ist, aber auch zu Begriffen wie Zerfall und Erhalt, die den von ihr dargestellten Räumen eigen sind: ein Friedhof mit Gräbern ohne Inschriften und eine Quarantäne-Insel.

© Courtesy of Clara Jo, Ausbild aus seinem Videowerk „Nests of Basalt, Nests of Wood“

Diese Videoarbeit enthüllt zudem einen gewissen geschichtlichen Blick auf Epidemien, der sich von der traditionell eher kolonial gefärbten Sichtweise unterscheidet. Die Künstlerin untersucht in ihrer Arbeit den Zusammenhang zwischen der Ausbreitung von durch Wasser übertragenen Krankheiten und Handelswegen, welche die kolonialen Routen geprägt haben. Zudem wurden beide Komponenten stark von den Monsunwinden beeinflusst. Diese Arbeit reiht sich ein in die zuvor von Clara Jo geschaffenen Werke, darunter vor allem ihr Video De Anima (2022). Darin untersucht sie, wie verschiedene wirtschaftliche, metabolische, rassistische und geschlechtsspezifische Systeme, die in das globale Gesundheitssystem eingebettet sind – während der COVID-19-Krise wurde dies besonders deutlich -, die Angst vor einer Kontamination durch die nichtmenschliche Welt vorantreiben. Im weiteren Sinne unterstreichen die beiden Videos unsere Fähigkeit, die traumatischsten Momente der Geschichte zu vergessen.

Mit Nests of Basalt, Nests of Wood schafft Clara Jo eine Ode gegen das Vergessen, eine Hommage an die Geheimnisse, die im Wasser verborgen sind und nun an die Ufer gespült werden, an die Geheimnisse in den Rissen der Insel, in die sich die Vögel flüchten, wenn der Himmel sich trübt. Sie vermischt Archivmaterial, wissenschaftliche Fakten und existierende Mythen und beschreitet einen Weg, auf dem spekulatives Erzählen nicht die Lücken einer verzerrten Kolonialgeschichte füllen soll, sondern vielmehr betonen, dass diese Lücken existieren, und so zu versuchen, die „Spur“ verschwiegener Geschichten „zurückzuverfolgen[5] „.

Das Ende des Videos erinnert an das Auge eines Wirbelsturms, an diesen ruhigen Moment inmitten des Sturms, ähnlich dem Moment des Gedenkens, den die Künstlerin in ihrem Werk zum Thema macht. Dieser Moment, der ein Vorzeichen für neue, kommende Unruhen ist, ist alles andere als ein Selbstzweck, sondern vielmehr eine Mahnung für die Zukunft: „Es wird Stürme und Tornados geben“.

Sarah Lolley

Mehr Informationen über Sarah Lolley

Das Reise- und Forschungsstipendium ist eine Initiative des BDAP und ein vom DFJW (Deutsch-Französisches Jugendwerk) gefördertes Projekt.

 

[*] Ausschnitt aus Nests of Basalt, Nests of Wood von Clara Jo, Videoinstallation 4K, Stereo-Sound, 24’59”, 2023

[2] In der Ausstellung unterstreicht John Njenga Karugia das koloniale Erbe des Begriffs „Indischer Ozean“ und regt die Verwendung des Begriffs „Afrasisches Meer“ an, was er wie folgt begründet: „Jede Gemeinschaft hatte ihren eigenen Namen für diese ozeanische Wassermasse. […] Die Verwendung des Begriffs „Indischer Ozean“ als analytisches Mittel ist verwirrend und verhindert zahlreiche Fragen, die mit dem Kosmopolitismus dieser ozeanischen Räume zusammenhängen. Auch zwingt sie geografischen Regionen, die ihre eigenen Ethnien und Nationen haben, eine „indische“ ethnische und nationale Identität auf. Die Bezeichnung „Indischer Ozean“ beschränkt uns zudem auf die Küste, d. h. auf die Schnittstellen, an denen das Meer und das Land aufeinandertreffen. Der Begriff „Afrasisches Meer“ hingegen eröffnet Möglichkeiten des Nachdenkens über die zahlreichen Dynamiken, die Afrika und Asien miteinander verbinden, ohne sich nur auf die Küste zu beschränken.“

[3] Einleitungstext zur Ausstellung

[4] Während der Cholera-Pandemie in den 1850er Jahren, der Malaria-Pandemie in den 1860er Jahren und während der Beulenpest zu Beginn der 1900er Jahre wurde Flat Island zu einer wichtigen Quarantäne-Insel der Region. Um die restliche Bevölkerung zu schützen, wurden die Kranken, überwiegend Zwangsarbeiter*innen oder ehemalige Zwangsarbeiter*innen, freie Reisende und Mauritier*innen auf diese Insel gebracht.

[5] E. Boehmer, A. Mondal, “Networks and Traces”, Wasafiri, n°27, 2012, S. 31.

 

Jeunes Commissaires & CCA Berlin – Ausschreibung

Projektzeitraum vom 1. September bis 30. November 2023

Bewerbungsaufruf an französische oder in Frankreich wohnhafte Ausstellungskurator*innen für eine Mitarbeit an der Ausstellung  von Jota Mombaça im CCA Berlin vom 1. September bis 30. November 2023.

Vorstellung des Programms „Jeunes Commissaires“

Das Programm „Jeunes Commissaires“ wurde 2013 vom Bureau des arts plastiques (BDAP) des Institut français Deutschland in enger Zusammenarbeit mit dem französischen Kulturministerium und dem Deutsch-Französischen Jugendwerk (DFJW) ins Leben gerufen. „Jeunes Commissaires“ verfolgt das Ziel, neue Formen der Unterstützung für aufstrebende französische Ausstellungskurator*innen in der deutschen Kunstszene zu etablieren. Die Priorität des Programms liegt bei der Begleitung von jungen Kurator*innen und professionell in Ausstellungsberufen tätigen Personen in ihren Tätigkeiten, bei der Schaffung von Anreizen für Mobilität und Informationsaustausch sowie beim Ausbau eines europäischen Netzwerks.

Jedes Jahr veröffentlicht das BDAP eine Ausschreibung, um den oder die Kurator*in auszuwählen, der/die mit der Umsetzung eines Projekts in einer Ausstellungseinrichtung beauftragt wird. Die Auswahl wird nach Beurteilung der Relevanz der eingereichten Projekte im von den Teams des BDAP und der Partnereinrichtung vorgegebenen Kontext getroffen.

In diesem Jahr bietet die Partnerschaft mit dem CCA Berlin einem oder einer Kurator*in die Möglichkeit, bei der Organisation und Gestaltung der Ausstellung von Jota Mombaça eng mit den Teams der deutschen Einrichtung zusammenzuarbeiten.

Projekt

Der oder die Kurator*in wird das Team von CCA Berlin bei der Vorbereitung der Ausstellung  von Jota Mombaça, sowie dem Rahmenprogramm unterstützen . Jota Mombaça, geboren in Natal im Nordosten Brasiliens, ist bildende*r Künstler*in und Aktivist*in. Mombaças künstlerisches Schaffen umfasst Performances und Installationen, bei denen audiovisuelles Material verwendet wird. In seinen Werken widmet sich der/die Künstler*in antikolonialen Kritiken und dem Widerstand gegen Geschlechterzuweisungen und -normen. Mombaças Arbeit wurde bei mehreren Veranstaltungen präsentiert: der Biennale von São Paulo (2016 und 2020/2021), der Biennale von Sydney (2020), der Berlin Biennale (2018) und dem Salón Nacional de Artistas in Kolumbien (2019).

Im Rahmen der Ausstellung „Jota Mombaça“ wird sich der oder die Kurator*in an folgenden Aufgaben beteiligen:

-Unterstützung des kuratorischen Teams des CCA, von der Recherche- und Entwicklungsphase des Projekts bis zu seiner Umsetzung.

-Entwicklung und Umsetzung eines Kulturvermittlungsprogramms für ein junges Publikum (bis 31 Jahre).

-Zusammenarbeit mit dem Kommunikationsteam des CCA, um die Entwicklung der Programmaktivitäten und die dazugehörige Kommunikation zu gewährleisten.

Der oder die Kurator*in wird außerdem einen Tätigkeitsbericht verfassen, der auf der Website www.jeunescommissaires.de veröffentlicht wird.

Vorstellung des CCA Berlin

CCA Berlin ist ein neues Zentrum für zeitgenössische Künste in Berlin, das sich der Förderung, Produktion, Ausstellung und Diskussion künstlerischer Praktiken widmet. Als ein Ort der Bildung und des Austauschs fördert und kultiviert CCA Berlin kritisches Wissen über Kunst und Kultur. CCA Berlin formuliert die Relevanz eines gemeinnützigen Zentrums für zeitgenössische Künste neu und strebt einen lebendigen, transnationalen Dialog mit Akteur*innen aus dem Kultur-, Bildungs- und zivilgesellschaftlichen Sektor an. Die Institution entwickelt außerdem ein vielseitiges Programm, welches Prozess, Experimentieren und Zusammenarbeit in den Vordergrund stellt, und dabei unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen einbezieht.

Anforderungen an den/die Bewerber*in

-Der oder die Bewerber*in muss in der Lage sein, eigenständig zu arbeiten, sowohl für sich allein als auch im Team.

-Der oder die Bewerber*in muss über Interesse an mit den Themen Postkolonialismus und Genderstudies verbundenen Fragen sowie über entsprechende Kenntnisse verfügen.

-Ein Bildungshintergrund im Bereich der Kunst, des Kunstverlagswesens, der Architektur oder des Kuratierens von Ausstellungen sowie eine sehr gute Kenntnis der europäischen Kunstszene sind von Vorteil.

-Der oder die Bewerber*in muss über die französische Staatsbürgerschaft verfügen oder in Frankreich wohnhaft sein.

-Der oder die Bewerber*in muss die Möglichkeit haben, vom 1. September bis zum 30. November 2023 in Berlin zu sein und sich für diesen Zeitraum eine entsprechende Unterkunft suchen.

-Die Beherrschung der englischen Sprache ist erforderlich, die der deutschen Sprache von Vorteil.

-Der oder die Bewerber*in darf zu Beginn des Projektzeitraums nicht älter als 31 Jahre sein.

 Vergütung und Dauer

Der Arbeitszeitraum beginnt am 1. September und endet am 30. November 2023, was einer Dauer von drei Monaten entspricht.

Das Budget für das Honorar des Kurators oder der Kuratorin, die Reisekosten und die Unterkunft in Berlin beträgt 5.300 € inkl. Steuern für die drei Monate des Projektzeitraums.

Das Projekt findet in Präsenz eit statt und erfordert einen Arbeitsaufwand von durchschnittlich 32 Std. pro Woche.

 Bewerbungsunterlagen im PDF-Format

-Lebenslauf mit Geburtsdatum und numéro SIRET, sofern sich der Wohnsitz in Frankreich befindet, oder Steuernummer, sofern sich der Wohnsitz in Deutschland befindet

-Liste der Projekte, an denen der oder die Kurator*in teilgenommen hat (sofern sie nicht im Lebenslauf enthalten ist)

-Bewerbungsschreiben (eine Seite)

Bitte senden Sie Ihre Bewerbungsunterlagen in englischer Sprache per E-Mail an die folgende Adresse: info.bdap@institutfrancais.de

Maximale Gesamtgröße der Unterlagen: 5 MB

Ende der Bewerbungsfrist: 3. Juli 2023

Interview in der Woche vom 10. Juli

Bekanntgabe des/der ausgewählten Kurators*in: 17. Juli 2023

Kontakt

Bureau des arts plastiques | Institut français Deutschland

Französische Botschaft, Pariser Platz 5, 10117 Berlin

+49 (0)30 590 03 9244

info.bdap@institutfrancais.de  | www.jeunescommissaires.de

Leiterin: Marie Graftieaux | Kulturbeauftragte: Alix Weidner

Dieses Projekt wird mit der Unterstützung des französischen Kulturministeriums und des Deutsch-Französischen Jugendwerks (DFJW) durchgeführt.

© Yves Bartlett

Sarah Lolley

[REISE/FORSCHUNGSSTIPENDIUM 2023]

Sarah Lolley ist freiberufliche Ausstellungskuratorin. Im Jahr 2020 war sie Mitbegründerin des kuratorischen Kollektivs „emploi fictif“, das durch verschiedene Ausstellungs- und Editionsprojekte aufstrebende Kreationen ins Rampenlicht rückt. Einen Teil ihrer Überlegungen widmet sie den Herausforderungen der zeitgenössischen Kunst im Südpazifik, wo sie gelebt hat, hauptsächlich den Biennalen von Nouméa, über die sie eine Forschungsarbeit verfasst hat. Im Jahr 2021 ist sie Preisträgerin des AWARE-Forschungsstipendiums zur Geschichte von Künstlerinnen. Derzeit ist sie Resident im Atelier Non-étoile und übernimmt die künstlerische Co-Leitung seines Ausstellungsortes, des Espace Nonono. Sie ist außerdem kuratorische Assistentin der 1. Ausgabe der „Contemporaine de Nîmes“ (2024) an der Seite von Anna Labouze & Keimis Henni.

Text verfasst von Sarah Lolley im Rahmen des Stipendiums Reise- und Forschungsstipendium JEUNES COMMISSAIRES 2023